Story
Im Jahre 1135 nach Christus stirbt Heinrich I., König von England, ohne rechtmäßigen Nachfolger. Sein Sohn starb bei einem Schiffsunglück und unter seinen unehelichen Kindern entbricht ein erbitterter Streit um die Krone. Währenddessen ziehen Steinmetz Tom Builder, seine schwangere Frau und ihre beiden Kinder auf der Suche nach Arbeit durchs Land. Seine Frau stirbt im Kindbett, doch der Rest der Gruppe findet Unterschlupf bei der mysteriösen Ellen und ihrem Sohn. Tom verliebt sich in Ellen und bekommt zudem die Chance seines Lebens: Der Bau einer Kathedrale in Kingsbridge. Doch er ist nur ein Spielball im Krieg der Mächtigen.
Darsteller
Ian McShane («Deadwood») ist Bischof Waleran Bigod
Donald Sutherland («Die Jury») ist Bartholomäus
Rufus Sewell («Die Prophezeiung») ist Tom Builder
Natalie Wörner («Die Sturmflut») ist Ellen
Hayley Atwell («Die Herzoging») ist Aliena
Eddie Redmayne («Elizabeth - Das goldene Königreich») ist Jack
Matthew MacFadyen («Stolz und Vorurteil») ist Prior Philip
Alison Pill («Milk») ist Königin Mathilde
Tony Curran («Pearl Harbor») ist König Stephan
Gordon Pinsent («An ihrer Seite») ist der Erzbischof
Anatole Taubman («Waking the Dead») ist Remigius
Liam Garrigan («Holby City») ist Alfred Builder
David Oakes («Bonekickers») ist William Hamleigh
Sarah Parish («Liebe braucht keine Ferien») ist Regan Hamleigh
Robert Bathurst («Emma») ist Percy Hamleigh
Sam Claflin («Fluch der Karibik: On Stranger Tides») ist Richard
Götz Otto («Der Untergang») ist Walter
Kritik
Als die Bevölkerung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg in einem Delirium aus Zerstörung, Trauma und Hunger versank, wurde der deutsche Film zu einem eskapistischen Medium temporärer Zerstreuung. Unbelastete Wunschvorstellungen einer idealen Heimat und klassische Rollenbilder gewährten dem Zuschauer zumindest für eine kurze Zeit die Möglichkeit, die Nachbeben des Krieges zu vergessen. Zwar wurde der deutsche Film in den 1960er Jahren durch das Oberhausener Manifest und ambitionierte junge Filmemacher wieder gesellschaftskritisch, doch mit dem Erfolg von Überseefilmen aus Hollywood nahm das Interesse für deutsche Filme deutlich ab. Kurzerhand wurden dem deutschen Film in den 1990er Jahren amerikanisierte Genremodelle zugrunde gelegt, in denen historische Ereignisse über immer wiederkehrenden Handlungsmotive als vielbeworbene Eventfilme oder Zwei- und Mehrteiler abgehandelt wurden, die als Koproduktionen in aller Herren Länder verkauft werden.
Finanziell ist die Produktion eines solchen Eventfilms mit mehreren Millionen Euro für einen deutschen Fernsehfilm hoch; schauspielerisch darf der Zuschauer aber oftmals nur Mittelmaß erwarten; die Handlung trieft vor Plattitüden. Til Schweiger bringt diesen Sachverhalt in der dritten Staffel der preisgekrönten Serie «Pastewka» auf seinen polemischen, aber wahren Punkt: «Ihr kennt doch sicher alle die großen Fernsehzweiteiler über wichtige historische Events - ‹Sturmflut›, ‹Dresden›, ‹Die Luftbrücke›, ‹Der Tunnel› und wie sie alle heißen. Es ist immer das selbe Konzept: Historisches Ereignis, ‘ne Liebesgeschichte, eine Frau muss sich entscheiden zwischen zwei Männern - und einer davon ist Heino Ferch.» Die Entrüstung war dementsprechend verständlich und groß, als verschiedenste Medien vor wenigen Jahren verkündeten, dass sich die ProSiebenSat.1 Media AG die Rechte für die Verfilmung des Weltbestsellers «Die Säulen der Erde» von Ken Follet gesichert habe - ausgerechnet der Sender, der einmal in der Woche mit eigenproduzierten und romantisch-verkitschten Beziehungsretorten kokettiert, soll einen der erfolgreichsten Geschichtsromane der Welt nicht nur ausstrahlen, sondern auch produzieren?
Wahrlich nicht, denn auch mit einem erfolgreichen Medienunternehmen im Rücken war es unmöglich, einem perfektionistischen Schriftsteller wie Ken Follet die Rechte an seinem Roman abzukaufen: Nachdem der Autor eine Verfilmung jahrzehntelang aus Zweifel an der originalgetreuen Inszenierung des 1300 Seiten starken, über 50 Jahre spielenden und über 14 Millionen Mal verkauften Mittelalterepos abgelehnt hatte, konnte ihn erst die Münchener Produktionsfirma Tandem Communication mit einem Spielfilmkonzept und einer internationalen Koproduktion überzeugen. Tandem Communication ist mit der Produktion von «Das Wunder von Lengede» oder «Der Ring der Nibelungen» zwar eventfilmerprobt, doch die Adaption des Ken Follet-Romans spielte in einer deutlich anderen Liga als die beiden Sat.1-Produktionen: 80 Haupt- und Nebendarsteller sowie über 6000 Statisten schufen an 110 Drehtagen die Grundlage für einen 400 Minuten langen Spielfilm, der mit 40 Millionen US-Dollar eine der teuersten Fernsehproduktionen aller Zeiten ist und in 172 Länder verkauft wurde. Neben der ProSiebenSat.1-Gruppe waren der ORF, die kanadische Firma Muse Entertainment Enterprises sowie die von den Emmy-Preisträgern Ridley und Tony Scott gegründete Produktionsfirma Scott Free Productions an der Realisierung des Mammutprojekts Vierteiler beteiligt.
Bildgewaltig ist die in Ungarn und Österreich gefilmte mittelalterliche Szenerie, die nicht im Studio, sondern unter freiem Himmel gedreht wurde. Dennoch unterscheidet sich die Atmosphäre zwischen einzelnen Szenen stark und reicht von beängstigend-realistischer Kinoatmosphäre bis hin zu gewöhnlich-langweiligem Fernsehfilm. Teils protzig und allzu plakativ wirkt so mancher Spezialeffekt, wenn effekthascherisch Blut spritzt oder die Kirche von Kingsbridge während des Brandes zu feinstem Staub zerfällt - glücklicherweise wurde der Gebrauch stark eingeschränkt. Das Drehbuch von John Pielmeier ist gelungen, bringt den Zuschauer aber gerade am Anfang des ersten Teils gehörig ins Straucheln: Mit geballter Präsentationswut werden Charaktere, Ereignisse und Intrigen über verschiedene Zeit- und Länderebenen hinweg vorgestellt, die gerade den Rezipienten ohne Kenntnis der Romanvorlage verzweifeln lassen dürfte und wenig mit einem angenehmen Fernsehabend gemein hat. Trotz Orientierung an der Romanvorlage von Ken Follet ist die Handlung allerdings weit weniger komplex und vielschichtig, denn die Protagonisten werden auf stark vereinfachte Gut-Böse-Schemata heruntergebrochen. Dem Spaß an der Verfilmung schadet das allerdings nicht, denn ist der Einführungsmarathon erst einmal überstanden, bleibt die Spannung konstant hoch.
Das liegt vor allem an der ausgezeichneten Besetzung der internationalen Koproduktion. Die Spielfreude von Stars wie Donald Sutherland, Rufus Sewell oder Matthew MacFadyen ist hoch und die Sympathien der Zuschauer aufgrund der Verkörperung starker, ehrlicher Charaktere sicher. Als wortkarger Jack liefert Eddie Redmayne eine überzeugende Schauspielarbeit; Ian McShane übertrumpft in seiner Rolle als machtgieriger Bischof Waleran Bigod so manchen Kollegen. Aufgrund der Beteiligung der ProSiebenSat.1-Gruppe haben es auch deutsche Schauspieler in den Film geschafft: Natalie Wörner, bekannt aus «Die Sturmflut» und zahlreichen Gastrollen in öffentlich-rechtlichen Sonntagsproduktionen, spielt Ellen, die Mutter von Jack und spätere Wegbegleiterin Tom Builders; Götz Otto, bekannt als Sturmbannführer Otto Günsche aus dem Drama «Der Untergang», darf den getreuen und gewalttätigen Diener William Hamleighs spielen. Regie führte niemand geringeres als der mehrfach prämierte Sergio Mimica-Gezzan, der als Regieassistent unter anderem in Steven Spielbergs «Schindlers Liste» oder «Der Soldat James Ryan».
Auch wenn man «Die Säulen der Erde» schwerlich mit typisch deutschen Mehrteilern vergleichen kann, ist und bleibt die Romanadaption letztlich doch ein Eventfilm, der auf einem fiktiven Roman basiert und mit moderner Sicht auf die Welt realisiert wurde. Emanzipierte und in der Wirtschaft erfolgreiche Frauen, die es wagen, das Wort gegen die im Mittelalter höchste Instanz des Landes, den König, zu erheben? Fäkalsprache der letzten Jahrzehnte à la «Fotze», «schlampig» oder «Verpiss dich!» im 12. Jahrhundert? Die Toleranz von außerehelichem Sex, Hexen und unehelichen Kindern in der dunkelsten Epoche religiöser Läuterung? Teils wird hier etwas zu dick aufgetragen, in manchen Szenen bewegt sich der Spielfilm hart an der Grenze zu Klamauk und ist in sich zu stark schematisiert und in Rollenbildern und Vorstellungen unserer Zeit gefangen. Mit Romanumsetzungen wie «Der Herr der Ringe» oder «Harry Potter» kann es «Die Säulen der Erde» somit nicht aufnehmen, denn dafür wurde trotz des hohen Budgets an mancher Stelle gespart - ein Quäntchen mehr Finsternis und eine Idee weniger Klischee hätte dem Film gut gestanden. Für eine Fernsehproduktion ist das Historienspektakel aber auf jeden Fall überaus sehenswert und wird Sat.1 zumindest im ersten Teil mit besten Quoten versorgen. Ob die Verfilmung den Romanen von Ken Follet letztlich gerecht wird, ist dann eh eine Geschmacksfrage.
Sat.1 zeigt den ersten Teil von «Die Säulen der Erde» am Montag, den 15.11.2010 um 20:15 Uhr, der zweite Teil wird am Montag, den 22.11.2010 um 20:15 Uhr gezeigt. Der dritte Teil von «Die Säulen der Erde» läuft am Montag, den 29.11.2010 um 20:15 Uhr, den vierten Teil zeigt Sat.1 am Montag, den 6. Dezember 2010 um 20:15 Uhr.