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Die Kritiker: «Ihr mich auch»

Inhalt:


Was lange währt, wird endlich gut: nach all den Jahren als Designmanagerin im Modehaus Waldorf steht Hannah Herzog schließlich doch noch die Beförderung zur Geschäftsführerin bevor – Assistentin Jenny lässt schon den Champagner fließen. Doch stat Hannah überlässt Herr Waldorf seinem Neffen Peter Arnold das Feld, einem noch unerfahrenen Betriebwirt, der nur die Gewinnmaximierung im Blick hat. Tradition und Qualität bedeuten dem Jungspund ebenso wenig wie der Respekt vor dem Alter. Systematisch beginnt Arnold Mitarbeiterinnen jenseits der 50 aus dem Job zu ekeln, allen voran Konkurrentin Hannah.

Als wäre das nicht genug des Unglücks, sieht sich Hannah auch im Privatleben so einigen Baustellen ausgesetzt. Da wäre zum einen ihr Geliebter Matthias -gleichzeitig Personalchf der Firma-, der sich nicht offiziell von seiner Gattin trennen will. Auch ihre Tochter Astrid bereitet Hannah Sorgen: die nicht praktizierende Rechtsanwältin lässt ihrer quasi gezwungen hochbegabten Tochter keine ruhige Minute. Zumindest Nachbar Jonathan versteht ihre Probleme. Wobei der gute Mann dank zahlrreicher Affären mit wesentlich jüngeren Damen selbst nicht ganz unbelastet ist.

Darsteller:


Rita Russek («Wilsberg») ist Hannah Herzog
Michael Wittenborn («Yella») ist Matthias Schröder
Urs Peter Halter («F. est un salaud») ist Peter Arnold
Linda Pöppel («London, Liebe, Taubenschlag») ist Jenny Clemens
Götz Schubert («Kriminaldauerdienst») ist Jonathan Engelhard
Nadja Becker («Danni Lowinski») ist Astrid Schultheiß
Gerhard Garbers («Adelheid und ihre Mörder») ist Günther Waldorf

Kritik:


Mobbing – auch so ein Neologismus des 21. Jahrhunderts, der längst über sein ursprüngliches Format hinaus gewachsen ist. Vom Terror am Arbeitsplatz über die Schikane in der Schule, bis zu eigens dafür eingerichteten Klinikstationen. Der Gang ins Hospital bleibt Hannah Herzog, der Hauptfigur von «Ihr mich auch» zwar erspart – zu spaßen ist mit der drastischen Unterdrückung, die die Mittfünfzigerin erfahren muss aber auf keinen Fall. Kein unglaubwürdiges Szenario: damit das Unternehmen in der Familie bleibt, geht die Geschäftsführung statt an die treue, qualifizierte Fachkraft an den verwöhnten, voreingenommenen Neffen-Schnösel. Der wiederum macht keinen Hehl aus seinen Gefühlen und beginnt mit allen Mitteln ältere Angestellte aus ihren Positionen zu treiben.

Aktuell und interessant, inklusive eindeutigem Identifikationsfaktor – so präsentiert sich «Ihr mich auch» aber nur zum kleinsten Teil. Von einer Komödie ist die Rede, und von “ungeahnter Größe” mit der Hannah zurückschlägt. Wirklich amüsant sind allerdings nur die Szenen mit Götz Schubert, bekannt als Helmut Enders aus «Kriminaldauerdienst», der Hannahs schlagfertigen und liebenswerten Nachbarn Jonathan verkörpert. Mal ganz zu schweigen von der Rache Hannahs an ihrem Chef und dessen nichtsnutzigen Neffen. Die beschränkt sich nämlich auf gut und gerne sieben Minuten, die dann zum ohnehin schnell abgehandelten Finale überleiten. Ja, bis Hannah endlich die Iniative ergreift, braucht es schon über eine Stunde. Drehbuchautorin Annemarie Schoenle hat das Hauptaugenmerk eben auf das Mobbing gelegt.

Was nicht zwangsläufig schlecht sein muss – größtenteils aber ist. Rita Russek («Wilsberg» und «Tatort») gibt das starkes Porträt einer zunehmend isolierten Frau, die sich nicht unterkriegen lassen will. Hannah begnetet dem Zuschauer von der ersten Minute an als wortgewandte Kämpfernatur, bei der man meinen könnte, sie hätte die letzten 20 Jahre Rhetorik studiert und kein Modegeschäft auf Vordermann gebracht. Selbst in der dunkelsten Stunde legt Schoenle dem Charakter die selbstbewusstesten und steifsten Worte in den Mund, was schon mal für das ein oder andere Stirnrunzeln oder Augenrollen sorgen kann. Nicht überspitzt, sondern ironisch wirken dagegen die Wortgefechte zwischen Russek und Schubert, die mit der nötigen Chemie mehr unterhalten als dramatisieren.

An der restlichen Besetzung lässt sich nichts aussetzen: Urs Peter Halter als unbeugsamer, unbelehrbarer und ungnädiger Macker mit Verjüngungswahn – eine Rolle, die man ob des unverbrauchten Gesichts gern verabscheut. Darüberhinaus schenkt die Regie von Hans-Günther Bücking auch Nebenfiguren wie der Assistentin Jenny und Hannahs Tochter Astrid (Nadja Becker, bekannt als Danni Lowinskis beste Freundin in der gleichnamigen Serie) genügend Farbe. Und doch können die ordentliche Iszenierung und der tolle Cast oftmals träge Stellen nicht retten. Letzten Endes ist «Ihr mich auch» aber mehr als die reine Motivmaschine: abseits des überhetzten und wenig einfallsreichen Finales wartet der Film mit viel Kritik und Zeitgeist (Stichwort Wirtschaftskrise) auf. Fazit: Streckenweise etwas dürftig, für Interessierte am Thema, die Spielfilm einer Doku vorziehen, aber dennoch sehenswert.

Das ZDF zeigt «Ihr mich auch» am Montag, den 1. November um 20:15 Uhr.
31.10.2010 10:37 Uhr Kurz-URL: qmde.de/45531
Marco Croner

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Ihr mich auch

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