Inhalt
Der sieben Jahre alte Choute war ein fröhlicher Junge bis in Haiti Anfang des Jahres die Erde bebte. Er wurde unter den Trümmern eines Hauses verschüttet. Es dauerte zwei Tage bis Choute geborgen werden konnte. Er hat überlebt, aber sein rechtes Bein musste amputiert werden. Der Junge lebt bei seiner Großmutter in Leogan, einer kleinen Stadt mit 130.000 Einwohnern - dem Zentrum des schweren Erdbebens in Haiti. Hunderte Tote wurden hier aus den Trümmern gezogen und in Massengräbern bestattet.
Wenige Wochen nach der Katastrophe haben die Johanniter Deutschland in Leogan ihre mobile Prothesenwerkstatt aufgestellt. Sie wollen für viele der rund 4000 Amputierten in Haiti professionelle Prothesen herstellen. Denn die einzige Prothesenwerkstatt des Landes ist eingestürzt und existiert nicht mehr. Auch Choute bekommt eine neue Prothese. Das Johanniter-Team will dafür sorgen, dass der Junge wieder laufen kann. Gleichzeitig sollen auch Haitianer ausgebildet werden, damit sie in einigen Jahren die Orthopädiewerkstatt übernehmen können.
Kritik
Die Reportage von Justine Rosenkranz hat eindrucksvolle Bilder zu bieten. Der Erdbeben von Haiti haben wir noch im Hinterkopf, vor mehr als drei Monaten erschütterte das Schicksal der Bewohner dort die Welt. Es gab zahlreiche Spendenaufrufe und Hilfsorganisationen, die den Menschen im Unglück helfen sollten. Auch aus Deutschland wurde Hilfe angeboten und vor Ort wird sie von unterschiedlichen Organisationen geleistet. Leider stürzt sich die Dokumentation «ARD-Exclusiv: Hoffnung für die Amputierten in Haiti» nur auf eine dieser Hilfsorganisationen. Justine Rosenkranz beschreibt in der ARD-Doku die Tätigkeiten der Johanniter Deutschland, die in einer provisorischen Prothesenwerkstatt in Leogan amputierten Opfern der Katastrophe sprichwörtlich wieder auf die Beine helfen.
Den Fokus auf diese Geschichte zu legen, ist kein falscher Ansatz. Doch klammert man dabei die weiteren Hilfstätigkeiten in Haiti indirekt aus. Die Thematik ist zwar ergreifend und emotionalisiert durch stimmungsvolle Bilder auch gefühlsmäßig auf der richtigen Schiene. Aber über weite Strecken rückt man doch die Johanniter Deutschland zu sehr in den Mittelpunkt. Dies mag bei weitem kein Vorwurf der Schleichwerbung darstellen, aber um den Eindruck kommt man sicherlich auch nicht herum, dass man eben jene Hilfsorganisation doch in einem guten Licht darstellen möchte. Fast der komplette erste Teil der Dokumentation wirkt durch die einseitigen Erzählungen des Off-Kommentars wenig lebendig. Aufgrund der Sprach-Barrieren gibt es nur wenige O-Töne. Meist sind auch diese von den Mitarbeitern der Organisation Johanniter Deutschland, die ihre Arbeit kurz und knapp beschreiben. Exklusiv ist in dem Fall also nur die Begleitung der Johanniter-Helfer bei ihrem Arbeitsalltag in Leogan.
Vielleicht hätte dann doch eher die leidenden Menschen in Haiti mehr in den Vordergrund stellen sollen. So wie die Geschichte des sehr jungen Choute. Denn diese Bilder gehen wirklich nahe und projizieren das Ausmaß der Tragödie erst richtig für den Zuschauer im weit entfernten Deutschland. Choute war ein fröhlicher Junge, heißt es aus dem Off. Die Bilder sprechen eine andere Sprache. Man sieht einen verängstigten, traurigen und auch stark leidenden Jungen mit drolligen Augen. Sein Schicksal geht bis ins Mark. Ergreifend wird die Dokumentation, wenn sie Choutes erste Gehversuche mit der neuen Beinprothese zeigt. Dies erfordert für den armen Jungen jede Menge Mut und auch einige Überwindung. Denn auch seine Angst übertragen die Bilder ohne jede Sprache. Die helfenden Hände der Johanniter Deutschland haben Choute zur Mobilität verholfen, was ein wichtiger Meilenstein für seine Zukunft sein wird. Dass dies aber wichtiger ist als ein Dach über dem Kopf oder genügend zu Essen, wie kurz angedeutet wird, ist jedoch nicht ganz nachzuvollziehen. Im zweiten Teil der Dokumentation werden vermehrt Bilder ohne Kommentar gezeigt. Sie sprechen für sich. Auch gibt es mehr O-Töne, was der Reportage sicher gut tut.
Gerade die letzten fünf Minuten sind dann sehr emotional. Bei den ersten Schritten von Choute kommen seiner Großmutter die Tränen. Zu diesem Zeitpunkt haben die Fortschritte von Choute auch den Zuschauer in ihren Bann gezogen. Mit diesem positiven Eindrücken geht die Dokumentation zu Ende. Man vergisst jedoch, darauf aufmerksam zu machen, dass das dies zwar ein großer Schritt für Choute, aber nur ein kleiner Schritt in eine bessere Welt in Haiti gewesen ist. Zumindest wird aber wie im Titel erwähnt, etwas Hoffnung geschürt. Mit dem emotional aufwühlenden Schlussteil bekommt die Dokumentation «ARD-Exclusiv: Hoffnung in Trümmern – Hilfe für die Amputierten in Haiti» noch die Kurve und kann überzeugen. Zumindest aber die gezeigten Bilder, die die Kamera bei den Dreharbeiten eingefangen hat, sind sehenswert. Man versteht sie auch ohne viele Worte.
Die ARD zeigt die Dokumentation «ARD-Exclusiv: Hoffnung in Trümmern – Hilfe für die Amputierten in Haiti» am Sonntag, 17. Oktober 2010 um 13.15 Uhr.