Harald Schmidt kehrt zu Sat.1 zurück. Ein guter Deal für ihn oder für Sat.1? Für die ARD oder sogar für Oliver Pocher?
Statistisch gesehen hielten 2006 36 Prozent der Deutschen Harald Schmidt für eine sympathische Werbefigur. Bei Günter Jauch waren es 69 Prozent. Insofern darf sich die ARD bald über steigende Sympathiewerte freuen.
Es ist ein wahres Kunststück, das Sat.1-Chef Andreas Bartl gelungen ist: Wo andere Sender mühevoll darum ringen, ihre Sendungen in die Schlagzeilen zu bekommen, hat der Bällchensender gleich Zündstoff für zwei Saisons geliefert. Im Herbst 2011 feiert Harald Schmidt sein Comeback als Latenight-Gastgeber bei Sat.1, aber die Ankündigung dieses Personaldeals stellte schon diesen Herbst alle anderen Meldungen der Woche in den Schatten. Ist natürlich auch ein taktisches Manöver, die zahlreichen aktuellen Programmoptimierungen aus Quotenarmut im eigenen Programm aus dem Fokus zu halten.
Von Schmidt erwartet die jubelnde Fangemeinde der «Harald Schmidt Show» natürlich nicht weniger als eine Zeitreise acht Jahre in die Vergangenheit und endlich ein Ende der 2003 ausgerufenen Kreativpause, die während seiner Shows in der ARD - ob als einsamer Herrscher, bei den gescheiterten Erziehungsmaßnahmen für Oliver Pocher oder mit seinem eigenen Stab an Latenight-Ersatzstoff-Lieferanten - niemals wirklich beendet schien. Auch wenn die grauen Herren von der ARD nun pikiert sind, dass sich der Latenight-Meister, den man angeblich am liebsten zum «Satire Gipfel» abgeschoben hätte, nun ohne Rücksprache selbst aus dem Staub macht: Viel verloren hat man nicht. Das ARD-Publikum konnte Schmidt in den vergangenen Jahren nie erobern und mit dem Abgang von Oliver Pocher zogen auch die jungen Zuschauer, die er mitgebracht hatte wieder von dannen.
Und mit ihnen auch der ohnehin magere Erfolg beim Gesamtpublikum, der in den vergangenen Monaten weiter nachließ. Stellt man die Quoten von «Schmidt & Pocher» und der «Harald Schmidt»-Ausgaben nach der Zweckehe gegenüber, erscheint der Effekt von Oliver Pocher fast vernachlässigbar, denn von den allerersten Ausgaben des Moderatoren-Doppelpacks abgesehen lief es auch mit Pocher nie sonderlich gut:
Die statistische Beweisführung ist allerdings unerbärmlich. Zusammen mit Oliver Pocher hatte Harald Schmidt mehr Erfolg. Nicht nur in der jungen Zielgruppe, wo das ganz offensichtlich ist, sondern auch insgesamt beim Publikum. Kurzum: Pocher hat mehr Zuschauer mitgebracht als vergrault. Bzw. mehr Zuschauer mit zu Sat.1 gebracht - so paradox das auch klingen mag - als sich nach seinem Abgang wieder zurück zu «Harald Schmidt» gewagt haben. Selbst wenn man die erste Herbststaffel von «Schmidt & Pocher» herausrechnet, bleibt der Befund eindeutig: Mit Pocher lief es für Schmidt besser als später ohne. Das ergibt ein statistischer Test mit über 97-prozentiger Sicherheit.
Nun ist das Duo, das niemand als solches sehen wollte, wieder zusammen. Jedenfalls beim gleichen Sender. Ob man in der gleichen Woche senden wird, das steht noch in den Sternen, denn dafür, dass es für Pocher derzeit gemessen an den Ansprüchen des Senders noch mieser läuft als für Schmidt, dafür braucht es keinen Signifikanztest, das beweist alleine der Verzweiflungsgrad von Pochers PR-Stunts.
Und irgendwo muss Sat.1 ja nun auch kräftig sparen, denn wie Schmidt im Interview mit der Zeit erzählte, hat er der ARD "ne Menge Kohle" hinterlassen: "Mein Etat reicht für 500 Ina-Müller-Sendungen". Die wird Sat.1 jetzt wohl einsparen müssen, will man ab Herbst 2011 doch über siebzig Sendungen pro Jahr mit Schmidt bringen statt nur 26 (gefühlte 2,6) wie in der ARD. Einsparbedarf: 1350-mal Ina Müller, das dürfte in etwa dem ganzen Sat.1-Programm abzüglich der Champions League entsprechen. Und die braucht Schmidt schließlich noch, um sich den Traum "Kapitän beim Champions-League-Sender" zu erfüllen.
Die ARD hätte Schmidts Tipp durchaus aufgreifen können. Wann bietet sich den vorgeblich dauerklammen öffentlich-rechtlichen GEZ-Baronen schon die Möglichkeit, auf einen Schlag die Millionen von Euros einer so teuren Personalie breitflächig im Programm anzulegen statt es für die nächstbeste Star-Personalie auf den Kopf zu hauen? 500 Stunden würde Ina Müller wohl nicht schaffen, aber vielleicht hätten sich mal ein paar kreative Köpfe für die Renovierung des Vorabendprogrammes finden lassen. Zu dumm, dass die "Menge Kohle" vorausschauend schon an Günter Jauch verpachtet wurde.
Oft steckt mehr hinter den Zahlen des TV-Geschäfts als man auf den ersten Blick sieht. Oder weniger. Statistisch gesehen nimmt sie unter die Lupe.