Story
Für Jens Otten bricht eine Welt zusammen: Seine Verlobte Regina Scheffler wurde ermordet. Die unbekannten Täter haben sie vom Balkon gestoßen, ihre Wohnung in Köln-Mühlheim verwüstet und mit Graffiti beschmiert. Ähnliche Vandalismus-Fälle waren in der Gegend in letzter Zeit öfter vorgekommen. Jetzt ermittelt die Mordkommission. Während Kommissar Schenk sich auf die Suche nach dem Graffiti-Sprayer macht, nimmt sein Kollege Ballauf das private Umfeld der Toten unter die Lupe. Und dort liegt einiges im Argen. Seit Jahren führt Jens Otten einen Kleinkrieg mit seiner Ex-Frau Claudia wegen Unterhaltszahlungen. Die gemeinsame 15-jährige Tochter Laura hat kaum noch Kontakt zu ihrem Vater und war auf seine Freundin nicht gut zu sprechen. Jens Otten ist froh, dass er wenigstens noch seinen jüngsten Sohn Benjamin regelmäßig sehen kann, obwohl dieser auch nicht gut auf seine Vater zu sprechen ist. Als Ermittler Freddy Schenk schließlich herausfindet, dass es sich bei dem gesuchten Sprayer um Lauras Freund Patrick Cosca handelt, erhärtet sich der Verdacht gegen die Jugendlichen. Doch auch Patricks Vater, Ralf Cosca, kannte die Ermordete besser als er zunächst zugeben will. Gleich dreimal hatte Regina Scheffler ihn in der Mordnacht angerufen. Die Kölner Ermittler haben alle Hände voll zu tun. Nebenbei muss sich Kommissar Schenk auch noch um seine Tochter Melanie sorgen, die einen neuen Freund hat, der Schenk so gar nicht passt. Zu allem Überfluss reizt ihn Melanie zusätzlich mit Heiratsabsichten.
Darsteller
Klaus J. Behrendt («Ungesühnt») ist Max Ballauf
Dietmar Bär («Vorstadtkrokodile 2») Freddy Schenk
Tessa Mittelstaedt («Der letzte Bulle») ist Franziska Lüttgenjohann
Joe Bausch («Der Sonnenhof») ist Dr. Roth
Karoline Schuch («Zeiten ändern Dich») ist Melanie Schenk
Lina Beckmann («Unter Bauern») ist Sonja Peters
Lilli von Kunhardt ist Tanja Peters
Pierre Besson («Frösche petzen nicht») Jens Otten
Mateo Wansing Lorrio («Alarm für Cobra 11») ist Benjamin Otten
Nina Petri («2 für alle Fälle») ist Claudia Otten
Michelle Barthel («Keine Angst») ist Laura Otten
Ben Unterkofler («Freche Mädchen 2») ist Patrick Cosca
Thomas Sarbacher («Sechs Tage Angst») ist Ralf Cosca
Sema Meray («Lindenstraße») ist Maria Cosca
Gerdy Zint («Lebendkontrolle») ist Chris
Kritik
Im Kölner «Tatort» haben die Ermittler Ballauf und Schenk tatsächlich alle Hände voll zu tun, denn allein in ihrem neuen Fall finden sie zwei gravierende Familien- und Beziehungsdramen vor. Hinzu kommen noch die familiären Sorgen von Kommissar Freddy Schenk, obwohl er in diesem Fall das Drama um den neuen Freund seiner Tochter Melanie selbst inszeniert. Völlig überflüssig, denn mit Mordfall haben die Kölner Kommissar eigentlich schon genug zu tun. Und so ist es auch eine berechtigte Frage, ob die «Tatort»-Geschichte auch tatsächlich drei Beziehungskisten verträgt. Vielmehr hätten die Familiendramen Otten und Cosca völlig ausgereicht, um genügend sozialen Zündstoff für einen gelungenen Sonntagabend-Krimi zu bieten. Die Nebenhandlungen aus dem Hause Schenk, die immer wieder auch ins Kölner Kommissariat mitgebracht werden, stören nicht nur den Kollegen Ballauf, sondern auch gänzlich den Film selbst. Denn die trotz aller Tiefgründigkeit in der Aussage eher nebensächlichen Geschichten lenken von der hauptsächlichen Krimihandlung ab. Das gereicht der «Tatort»-Reihe nur zum Nachteil, nimmt man doch der aufflammenden Kriminalstory in unregelmäßigen Abständen den Wind aus den Segeln. Vielleicht hätten sich die Drehbuchautoren Stephan Wuschansky, Ulrich Brandt und Jürgen Werner in diesem Punkt einfach mehr auf den eigentlichen Fall konzentrieren sollen, was einen nicht zu unterschätzenden Kritikpunkt am «Tatort: Schmale Schultern» darstellt, der in dieser Form in Anlehnung an den Titel auch nicht gerade auf breiten Schultern getragen wird.
Der Kriminalfall bietet jedoch eine interessante Geschichte, die Regisseur Christoph Schnee mit viel Sorgfalt umgesetzt hat. Die verschiedenen Beziehungskonstellationen werden schnell klar und Charakterzeichnung ist detailgenau. Letztlich spielen auch die Emotionen eine tragende Rolle, die dem Zuschauer jedoch von den Schauspielern überzeugend vermittelt werden. Der Einstieg in den «Tatort: Schmale Schultern» ist dabei nicht gerade geschmackvoll, was das Bild der vom Balkon in den Hinterhof gestürzten und in einer einzigen Blutlache liegenden Regina Scheffler betrifft. In der nächsten Sequenz sieht man die verwüstete Wohnung, das Graffiti an der Wand und schon sind auch die Kölner Kommissare zugegen und nehmen die Ermittlungen auf. Das ist ganz nach dem Geschmack der Krimi-Liebhaber. Schade, dass man später dann etwas den Faden verliert und sich mit den Nebenhandlungen zum eigentlichen Fall etwas verstrickt, denn sonst wäre der Krimi-Abend perfekt gewesen.
Im mittleren Teil des Films möchte man aber zuviel auf einmal. Es gibt den zu lösenden Mordfall, die beiden Familiendramen und Nebenhandlungen. Zu letzten zählen nicht nur die familiären, privaten Sorgen der Figur des Kommissar Schenk, sondern auch das Aufdröseln von Gesetzestexten, die den Handlungsfluss zusätzlich bremsen. Denn im Zuge des Streits um Unterhaltszahlungen zwischen Jens und Claudia Otten muss nicht nur die Beziehung beider Charaktere zueinander erläutert werden, sondern auch noch in das neue Scheidungsgesetz eingeführt werden. Macht man es zum Thema, muss man es sicherlich erklären, doch wird diesen Erklärungssequenzen zuviel Zeit eingeräumt. Gut ist, dass wenigstens die Charaktere die stillstehende Handlung etwas beleben. Die Familiendramen sind schnell erläutert: Die geschiedene Ehe zwischen Jens und Claudia Otten belastet auch ihre beiden Kinder. Jens Ottens neue – nun tote – Freundin Regina Scheffler war der Stein des Anstoßes, auch für die Tablettensucht von Claudia Otten. Tochter Laura und Patrick Cosca sind ein Paar, was die Verbindung zu seiner Familie herstellt. Patricks Vater kannte die Tote ebenfalls, die von ihm schwanger war, und so schließlich sich der Kreis einer verzwickten Beziehungskonstellation, die schon genügend Spannung und Brisanz bietet, um die beiden Kölner Kommissare in dem dichten Geflecht auf Spurensuche gehen zu lassen.
Zwischendurch gibt sogar etwas Action, wenn zum Beispiel Dietmar Bär als Freddy Schenk in Aktion auf einer Dampflok den jungen Sprayer Patrick Cosca, gespielt von dem wie auch die anderen Schauspieler überzeugenden Ben Unterkofler, jagt. Den Humor hat man auch nicht ganz vergessen. Das mag auch daran liegen, dass Regisseur Christoph Schnee mit seinen letzten Projekten wie «Danni Lowinski» oder «Ladykracher» nicht zum Lachen in den Keller ging. So darf Klaus J. Behrendt als Kommissar Ballauf auf ganz spezielle Kaffeesorte schören, um später festzustellen, dass diese aus tierischem Kot gewonnen wird. Ein Schmunzeln ist diese kleine Nebengeschichte immerhin wert. Im Schlussteil gibt es dann noch eine überraschende Wendung, was den «Tatort: Schmale Schultern» am Ende etwas rettet.
Das Erste zeigt den «Tatort: Schmale Schultern» am Sonntag, den 12. September 2010 um 20.15 Uhr.