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Die Kritiker: «Weissensee: Operation Juninacht» (1x01)

Inhalt
Bei einer nächtlichen Verkehrskontrolle in Ost-Berlin im Sommer 1980 lernen sich der Volkspolizist Martin Kupfer und die Kosmetikerin Julia Hausmann kennen. Und bereits während der Vernehmung verliebt sich Martin in Julia. Martin lebt getrennt von seiner Ex-Frau und seiner siebenjährigen Tochter im Haus seiner Eltern. Und Julia ist eigentlich vergeben an den Deutsch-Amerikaner Robert Schnyder, der sie fast täglich besucht. Julias Mutter, die Liedermacherin Dunja Hausmann, missfällt allerdings die Beziehung ihrer Tochter zu Robert Schnyder.

Was Martin und Julia nicht ahnen: Dunja ist die Jugendliebe von Martins Vater, Hans Kupfer, der in seiner Funktion als hoher MfS-Mitarbeiter alles daran setzt, die kritische Künstlerin vor dem Zugriff seiner Kollegen zu schützen. Doch durch die nächtliche Polizeikontrolle ist die Staatssicherheit auf Dunjas Tochter Julia und ihren amerikanischen Freund aufmerksam geworden. Hans ordnet an, das Paar zu beobachten. Martins Bruder Falk, ebenfalls beim MfS tätig, stürzt sich mit großem Enthusiasmus auf den Fall.

Darsteller
Florian Lukas («Der kleine Mann») ist Martin Kupfer
Hannah Herzsprung («Lila, Lila») ist Julia Hausmann
Uwe Kockisch («Donna Leon») ist Hans Kupfer
Jörg Hartmann («Mikado») ist Falk Kupfer
Katrin Saß («Das letzte Schweigen») ist Dunja Hausmann
Ruth Reinecke («Erlkönig») ist Marlene Kupfer
Steffen Groth («Großstadtrevier») ist Robert Schnyder
Anna Loos («Wohin mit Vater?») ist Vera Kupfer
u.a.

Kritik
Rund 20 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung startet das Erste mit dem Sechsteiler «Weissensee» ein großes Wagnis in der Primetime. Denn wo sonst anspruchsarme TV-Kost a la «In aller Freundschaft» und «Familie Dr. Kleist» laufen, widmet man sich nun einer medialen Aufbereitung des DDR-Alltags in Serienform. Sechs Folgen sind für die erste Staffel abgedreht, laut Produzentin Regina Ziegler stehen die Chancen im Erfolgsfall aber auch sehr gut, dass die Geschichte weitergehen kann. Wir sind auf alle Fälle gespannt, wie das Drama bei den TV-Zuschauern ankommen wird.

Im Mittelpunkt der Geschichte um den Ost-Berliner Ortsteil Weissensee im Bezirk Pankow stehen zwei ostdeutsche Familien am Anfang der 1980er Jahre, die nicht unterschiedlicher hätten sein könnten. Auf der einen Seite die regimetreuen Kupfers mit Stasi-Generalmajor Hans Kupfer an der Spitze, auf der anderen Seite die eher kritisch eingestellte 2-Personen Familie Hausmann mit der Liedermacherin Dunja und ihrer ausreisewilligen Tochter Julia. Beide Familien werden schon im Laufe der ersten gut 48 Minuten auf eine harte Probe gestellt. Denn Tochter Julia verliebt sich ausgerechnet in den Kupfer-Sohn Martin, seines Zeichens Volkspolizist. Probleme und Verwicklungen sind also vorprogrammiert. Wie passend zudem, das Autorin Annette Hess («Haltet die Welt an») die weibliche Hauptrolle der Shakespeareschen Lovestory „Romeo & Julia“ entsprechend benannt hat.
Natürlich gibt es in der Folge viele Handlungsbögen, die den vermeintlich Charakter-typischen Verlauf nehmen, es gibt aber auch Momente, in denen selbst die regimetreuen Funktionäre anfangen zu zweifeln und entgegen ihren Ansichten und Ideologien handeln. Und wenn es mit der Handlung dann doch zu vorhersehbar wird, wird kurzerhand ein Cliffhanger präsentiert, der sich durchaus mit denen der großen 1980er Jahre-Serien (z.B. «Dallas») messen kann.

«Weissensee» bewegt sich irgendwo zwischen Drama- und Familienserie und versucht mit den in diesen Genres möglichen Mitteln zumindest einen kleinen Teil der DDR-Geschichte anschaulich und möglichst real aufzubereiten. Dabei beweist Regisseur Friedemann Fromm («Die Wölfe») wieder einmal einen richtigen Riecher für die Auswahl seiner Projekte. Denn wie schon zuvor in dem preisgekrönten Mehrteiler arbeitet er die deutsch-deutsche Vergangenheit anhand kleiner intensiver Momente auf. Zugute kommt ihm sicherlich auch die sehr sorgsam ausgewählte Besetzung, die sich sowohl aus ost- als auch aus westdeutschen Schauspielern zusammensetzt. Auf diese Weise konnten die ehemaligen DDR-Bürger Uwe Kockisch und Katrin Saß sicherlich noch die eine oder andere Nuance an Glaubwürdigkeit in ihrem Spiel mit ihren persönlichen Erfahrungen und Emotionen untermauern.
Sowieso überzeugt die gesamte Darstellerriege in ihrem Spiel, in ihrer Präsenz und Glaubwürdigkeit. Sie geben ihren Figuren eine vielschichtige Aura, die aber durchaus – wie im Falle des Hans Kupfer - auch widersprüchlich sein.

Es sind aber auch die ausstattungstechnischen Feinheiten, die die Produktion glänzen lassen. Realismus stand ganz oben auf der Tagesordnung. Bis in die kleinste Nische findet man kleine Erinnerungen und Gegenstände mit Symbolcharakter. Viele ehemalige DDR-Bürger werden sich hier sicherlich erinnern.

«Weissensee» ist erstklassige TV-Unterhaltung mit geschichtsträchtigem Unterton. Sie arbeitet die Vergangenheit behutsam auf, ohne allzu stark anzuklagen. Erzählerische Freiheiten hin oder her, glaubhaft und melodramatisch müssen sich nicht widersprechen. Hervorragende schauspielerische Leistungen runden das Gesamtbild ab und machen Lust auf mehr – auch über eine erste Staffel hinaus.

Das Erste zeigt die 6-teilige Serie «Weissensee» ab dem 14. September 2010 immer dienstags um 20:15 Uhr.
11.09.2010 08:30 Uhr Kurz-URL: qmde.de/44478
Torben Gebhardt

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Weissensee

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