Die TV-Saison ist angebrochen und sucht nach neuen Gewinnern und Verlierern. Was verraten uns die vergangenen Jahre über die Zukunft?
Statistisch gesehen würde gut die Hälfte der Deutschen die Zeitumstellung am liebsten abschaffen. Vielen würde es wohl reichen, nur auf die Umstellung im Frühling verzichten zu müssen, wenn die Uhren vorgestellt werden.
Der September ist angebrochen, die Sommermonate sind vorbei und mit ihnen die zuschauerarmen Tage. Das Wetter wird wieder ungemütlicher und die Menschen setzen sich vermehrt vor den Fernseher. Das ist der Moment, in dem das Fernsehen seine neuen Serien und Shows startet. Nun gut, betrachtet man sich das August-Wetter, dann hätte man den Start der TV-Saison gut und gerne einen Monat vorziehen können. Aber wer hätte mit einem Monat voller Sturzregenfälle rechnen sollen? Vielleicht Der Wetterkanal. Der wurde allerdings schon vor über zehn Jahren eingestellt. Somit war das TV völlig ahnungslos.
Ob schlechtes Wetter oder nicht: Anfang September werden die Uhren zurückgestellt - hier wiederum ist das Fernsehen der realen Welt knapp zwei Monate voraus. Ab Mittwoch wird neu gezählt: Wer wird der große Gewinner der TV-Saison, wer der große Verlierer? Kann RTL seinen starken Aufwärtstrend bestätigen oder sogar ausbauen? Gelingt es Sat.1 endlich, ein solides Programm auf die Beine zu stellen? Ist der Zuschauerschwund bei den öffentlich-rechtlichen Sendern aufzuhalten? Und wie hoch können eigentlich die Marktanteile von VOX noch steigen?
Statistisch gesehen will es natürlich wieder einmal vorher wissen und wagt den Blick nach vorne. Praktisch wäre es natürlich, wenn man aufgrund der Marktanteile des Vorjahres die Quoten der nächsten TV-Saison vorhersagen könnte. Das aber gestaltet sich problematisch: Eine Saison ohne Olympische Spiele vorhersagen auf Basis einer Saison, in der Das Erste und das ZDF davon enorm profitierten und ihr Winterprogramm aufpolieren konnten? Ein Zweijahres-Rückblick verspricht mehr Erfolg und liefert interessante Ergebnisse.
Wenig verwunderlich:Für das ZDF sieht die Zukunft auch dieses Jahr nicht besonders rosig aus. 12,3 Prozent Marktanteil sind eine realistische Einschätzung und 6,0 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen und damit endgültig der letzte Platz unter den großen Sendern sicherlich nicht optimistisch, aber auch nicht an der Realität vorbei. Den Platz auf der anderen Seite an der Spitze der Marktanteilsliste wird RTL verteidigen können - um das vorherzusagen braucht es aber weder eine Statistik noch einen Wahrsager, sondern nur gesunden Menschenvertstand. Bis zu 18,4 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe sind drin - da wird sich die Konkurrenz warm anziehen müssen. Und nun läuft RTL mit 14,3 Prozent auch bei den Gesamtzuschauern allen davon.
Für Sat.1 sehe ich einen Aufwärtstrend, allerdings nur in der Zielgruppe. Mit 11,3 Prozent wird man wieder dichter an die hauseigene Konkurrenz von ProSieben mit 12,0 Prozent heranrücken. Natürlich nur, sofern nicht wieder einmal der Umbau des Vorabends versiebt wird. Gemütlich zurücklehnen können sich die Herrschaften von kabel eins. Hier passiert nämlich überhaupt nichts und die Ergebnisse von 3,9 Prozent und 6,1 Prozent werden einfach bestätigt.
Es gibt aber auch gute Nachrichten für alle, die sich nun gespoilert fühlen: Überraschende Entwicklungen lassen sich eher schlecht voraussagen, da kann statt eitel Sonnenschein schon mal ein fürchterliches Gewitter wüten. Auch das kennt man vom Wetter. Und solche Überraschungen gab es in der Vergangenheit schon so einige. So hätte die Zwei-Jahres-Prognose das Zwischenhoch von RTL 2002/2003 glatt übersehen. Und der vorläufige Tiefpunkt für Sat.1 kam 2006/2007 beim bloßen Blick auf die Zahlen auch eher unerwartet.
Vielleicht entdeckt ja ein Privatsender noch günstigere und noch zuschauerträchtigere Nachmittagsformate als man derzeit bei RTL sehen kann. RTL II ist mit «X-Diaries» ja schon auf einem guten Weg. Oder die Zuschauer werden plötzlich großen Kino-Blockbustern überdrüssig und bilden sich lieber kulturell auf arte fort. Wir werden es erleben in den nächsten neun Monaten. Und nicht vergessen: Bis dahin werden die Uhren gleich zweimal umgestellt.
Oft steckt mehr hinter den Zahlen des TV-Geschäfts als man auf den ersten Blick sieht. Oder weniger. Statistisch gesehen nimmt sie unter die Lupe.