Nicolas Cage bekämpft im «Duell der Magier» Alfred Molina. Auf Goethe basierende Action im modernen New York. Was sagt unser Kritiker dazu?
Als Walt Disney Pictures und Jerry Bruckheimer Films eine im heutigen New York spielende Produktion mit Nicolas Cage in der Hauptrolle ankündigten, die «The Sorcerer‘s Apprentice» (zu deutsch: „Der Zauberlehrling“) heißen soll, ging ein Aufschrei durch US-amerikanische Webseiten. Überproduzent Bruckheimer («Armageddon», «Fluch der Karibik») habe eine Grenze überschritten und vergreife sich an einem Stück amerikanischen Kulturgutes: Walt Disneys «Fantasia». Eine für europäische Kinogänger amüsante Kontroverse. Zwar ist der Film durchaus auf Walt Disneys künstlerischem Meilenstein zurückzuführen, da Hauptdarsteller Nicolas Cage ihn als einen seiner Lieblingsfilme bezeichnet und seit Kindestagen die Rolle des dort vorkommenden Zauberers Yen Sid übernehmen wollte, allerdings ist «Fantasia» nicht die Wurzel dieser Geschichte. Eher sollte man einen Aufruhr europäischer Intellektueller erwarten, denn wenn Nicolas Cage eine moderne Action-Fantasykomödie aus dem legendären Micky-Maus-Segment von «Fantasia» weben lässt, dann modernisiert er zwangsweise die Goethe-Ballade «Der Zauberlehrling». Goethe als Vorlage eines knalligen Unterhaltungssteifen von Disney/Bruckheimer, kann und darf das überhaupt gut gehen?
Link:
Diese Frage muss wohl vorerst unbeantwortet bleiben, denn statt einer Verfilmung mit modernisiertem Setting oder einer freien Adaption erwartet den Zuschauer ein typischer Familienfilm mit Fantasyeinschlag. Der, wohl aus Furcht vor Protesten der deutschen Bildungselite, in «Duell der Magier» umbenannte Film enthält lediglich ein paar kurze Hommagen an seine Ideengeber. «Duell der Magier» handelt viel mehr von einem Jahrhunderte altem Wettstreit zwischen den Zauberern der Schule Merlins (den Guten) und den Anhänger Le Fays (den Bösen). Balthazar Blake (Nicolas Cage) ist seit Anbeginn dieses Wettstreits auf der Suche nach dem Auserwählten, der gemäß einer Prophezeiung den Kampf endgültig für die richtige Seite entscheiden soll. Im Jahr 2000 findet er den erhofften Magier-Messias, und zwar im zehnjährigen Dave Sutler (als Erwachsener gespielt von Jay Baruchel). Durch allerhand Ungeschicke wird aber der zuvor in einer Art verhexten Matrjoschka gefangene Maxim Horvath (Alfred Molina), ein Anhänger Le Fays, befreit. Blake kann ihn aufhalten, wird dabei allerdings selbst bezwungen. Die in einem Antiquitätenladen stattfindenden, übernatürlichen Ereignisse spielen sich (natürlich) so aus, dass Dave letztlich vor seiner gesamten Schulklasse bis auf die Knochen blamiert wird. So wächst aus dem aufgeweckten Jungen ein verschüchterter Physikstreber heran, der zehn Jahre später wieder seiner Jugendliebe Becky (Teresa Palmer) begegnet – und den sich duellierenden Magiern, die sich wieder aus ihren Gefängnissen befreien konnten. Blake fordert Dave dazu auf, bei ihm in die Magierlehre zu gehen. Jedoch hat die Magie ihre Schattenseiten, die Blake seinem neuen Zauberlehrling verheimlichen will. Unter anderem darf es keine Ablenkungen durch die Liebe geben. Und auch die Gefährlichkeit von Horvath versucht er unter den Teppich zu kehren…
«Duell der Magier» eröffnet direkt mit seinem größten Schwachpunkt. Der ausführliche Expositions-Prolog über den Streit der Magier-Clans ist lieblos an den Film angetackert und absolut überflüssig, da alle relevanten Informationen später wiederholt werden. Hätte man auf den Beginn verzichtet, käme der Film schneller auf Touren und käme auch ohne seine gröbsten Fehler aus. Recht peinlich ist auch, dass man vergaß das World Trade Center in einer im Jahr 2000 spielenden Sequenz ins Bild einzufügen. Sobald sich aber Dave und Meisterzauberer Balthazar begegnen, verdient «Duell der Magier» eine neue Chance beim womöglich schon gereizten Publikum. Denn obwohl die Story in den üblichen Konventionen verwurzelt bleibt und sich für eine Jerry-Bruckheimer-Produktion sehr stark am Familienpublikum orientiert, entwickelt sich dank der unbeschwerten Regieführung und des spielfreudigen männlichen Ensembles ein sehr amüsantes Zaubererspektakel voll mit lakonischem Humor.
Allen voran steht, nicht sonderlich überraschend, Nicolas Cage, der dieses Projekt überhaupt ins Rollen brachte. Sein Engagement hinter «Duell der Magier» spürt man ihm auf der Leinwand jede Sekunde an: Wenn er sich als zerzauster, mysteriöser und gutherziger Zauberer durch das Filmgeschehen fuchtelt, dann hat Cage wieder einmal den Spaß seines Lebens. Sein Spiel grenzt mitunter an eine Selbstparodie, überschreitet aber nie die unsichtbare Linie, hinter der Cage den Film zum Umkippen bringen und lächerlich machen würde. Es ist ein gesundes, gezieltes Overacting, das «Duell der Magier» von vergleichbaren Zauberer-Familienkomödien, wie man sie etwa sonntagmorgens im Fernsehen erwischen könnte, abgrenzt. Alfred Molina, der diesen Sommer bereits in «Prince of Persia» eine Bruckheimer-Produktion um viele Lacher bereicherte, positioniert sich derweil als britisch-kultivierte Antwort auf Cages Übertreibungen und hat sichtbare Freude an seinem Gentleman-Bösewicht. Jay Baruchel («Tropic Thunder», «Zu scharf um wahr zu sein») macht wieder das, was er am besten kann, und spielt mit Zauberlehrling Dave einen liebenswürdigen Nerd. Er macht es einem leicht, mit den eigentlich eher schwach entwickelten menschlichen Schwächen in dieser Story mitzufühlen. Baruchels natürliche Ausstrahlung ist es auch, die nahezu ganz allein die Liebesbeziehung zu Teresa Palmers Figur aufgehen lässt. Dank des sympathischen Verlierers kann sich dieser Subplot immerhin in den Bereich „ganz süß“ retten, was auf dem Papier nicht gegeben ist.
Wo «Duell der Magier» hingegen richtig aufblüht, sind die Zaubersequenzen. Regisseur Jon Turteltaub, der mit Cage bereits «Das Vermächtnis der Tempelritter» und «Das Vermächtnis des geheimen Buches» drehte, beweist in diesen Szenen einen kindlichen Eifer, der sich auf das Publikum überträgt. Plasmabälle, Zauberblitze und Feuerblasen zischen und surren ansprechend choreographiert durch das wunderschön aufgenommene, nächtliche New York. Es ist ein leichtherziger, cartooniger Ansatz, den Turteltaub hier verfolgt, doch durch seine attraktive Mixtur von moderner Ironie und unbedarftem Magieglauben geht er auf. Die über die Laufzeit des Films verstreuten Actionsequenzen sind, wohl auch aufgrund der jüngeren Kernzielgruppe, zahmer als in Turteltaubs «Vermächtnis»-Reihe, dennoch sind sie für ältere Zuschauer ansehnlich. Wenn die Magierkontrahenten in einer besonders innovativen Auto-Verfolgungsjagd aus ihren Möglichkeiten schröpfen, zeigt sich allerdings auch, was für den gesamten Film machbar gewesen wäre. Denn diese aufregende Sequenz vereint trotz ihrer Familientauglichkeit die jungen und jung gebliebenen Möchtergernzauberer im Publikum und verleiht «Duell der Magier» den Adrenalinkick, den man sich eigentlich von Bruckheimer versprochen hätte.
Technisch gibt es an «Duell der Magier» kaum etwas zu mäkeln. Eine der zahlreichen durch Zaubererei erschaffenen Kreaturen sieht ungewollt comichaft aus, ansonsten sind die Effekte makellos. Die Filmoptik ist, typisch Bruckheimer, auf Hochglanz poliert und Stammkomponist Trevor Rabin stellte einen sehr soliden Score inklusive eines respektvollen Neuarrangements von Paul Dukas‘ Zauberlehrling zusammen.
Fazit: «Duell der Magier» sieht sehr gut aus, klingt gut und macht dank Cage und Molina viel Spaß. Da die Handlung allerdings unter ihren Möglichkeiten bleibt und man, vor allem im Finale, zu sehr auf Nummer sicher geht, ist er für ein jüngeres Publikum ganz klar spannender, als für Zuschauer jenseits der Mittelstufe.
«Duell der Magier» ist seit dem 2. September in vielen deutschen Kinos zu sehen.