Inhalt
In diesem Jahr jähren sich die Terroranschläge vom 11. September 2001 zum bereits neunten Mal und noch immer ranken sich Verschwörungstheorien und Spekulationen um diesen rabenschwarzen Tag für die USA und die westliche Welt. Zum Jahrestag der Katastrophe liefert die zweiteilige ZDF-Dokumentation «Der 11. September - Die wahre Geschichte» insbesondere zur Vorgeschichte des Attentats weithin unbekannte Informationen, wie das ZDF in seiner Pressemitteilung neugierig auf den Doku-Film macht. Dabei greift man auch auf die Hilfe von aufwändigen szenischen Rekonstruktionen zurück, die die Vorgeschichte und Ereignisse rund um den 11. September 2001 dem Zuschauer nahe bringen sollen.
Im Mittelpunkt des ersten Teils „Es begann in Hamburg“ – gleichzeitig auch Rezensionsgegenstand dieser Kritik - steht die tragische Geschichte des FBI-Agenten John O'Neill. Er hatte jahrelang vor dem islamistischen Terrornetzwerk Al Kaida gewarnt, fand jedoch kein Gehör. Frustriert kehrte er dem FBI den Rücken, um Sicherheitschef im World Trade Center in New York zu werden. Am 11. September 2001 stirbt der weitsichtige Mahner in den Trümmern der zusammenstürzenden Twin Towers. Er ist einer von rund 3000 Toten, die dem schlimmsten Anschlag in der jüngeren US-Geschichte zum Opfer fielen. Die Dokumentation begibt sich parallel auch auf die Spur von Mohammed Atta und Ziad Jarrah, jener scheinbar harmlosen jungen Männer, die es Anfang der 90er Jahre aus dem Nahen Osten zum Studium nach Hamburg zog. Sie wurden am 11. September 2001 zu Massenmördern. Der Film liefert dem Zuschauer darüber hinaus einen nachhaltigen Beweis: Al Kaida hat den Anschlag auf das World Trade Center über Jahre vorbereitet. Ins Blickfeld der Dokumentations-Autoren unter der Leitung von Guido Knopp fällt dabei ein spektakulären Video einer spanischen Zelle der Terrororganisation, das zeigt, wie das World Trade Center schon Mitte der 90er Jahre als Anschlagsziel ausgespäht wurde.
Der zweite Teil namens „Der Tag des Terrors“ rückt dann die Schicksale der Menschen ins Blickfeld, die an jenem Tag unschuldig zu Opfern wurden. Der Film von Alexander Berkel und Bernd Mütter zeigt traumatisierte Familien, deren Erlebnisse, erzählt in bewegenden Augenzeugenberichten, Archivbildern und Inszenierungen, bis heute betroffen machen.
Kritik
Die Dokumentation «Der 11. September – Die wahre Geschichte» verspricht schon vom Titel her einige interessante Details, betrachtet man die Inhaltsangabe etwas genauer (siehe oben), so werden für den Zuschauer spannende Fragen rund um den 11. September 2001 aufgeworfen, deren Antworten man in der ZDF-Dokumentation von Marc Brasse und Florian Huber, die sowohl für Buch als auch Regie verantwortlich zeichnen, zu finden hofft. Tatsächlich werden neuartige Aspekte bereitgehalten und mit schon bekannten Details verknüpft. So ist die Geschichte der beiden Todesflieger Mohammed Atta und Ziad Jarrah keine große Unbekannte, doch die beiden Film-Autoren greifen ihre Story aus einer gänzlich anderen Perspektive auf. Mohammed Atta wird dabei als die treibende Kraft der Terrorzelle herausgestellt. Der einst vorbildliche Hamburger Student mutiert zu seinem religiösen Glaubenskrieger, der bei Al Kaida Zuflucht sucht und findet. Dass das World Trade Center in New York City schon lange als Anschlagsziel der Terrorzelle galt, ist auch kein großes Geheimnis. Doch das Videomaterial, das in der ZDF-Dokumentation «11. September 2001 – Die wahre Geschichte» von einer spanischen Terrorzelle, die schon früh eines der höchsten Gebäude im Big Apple ausgespäht hatte, gezeigt wird, ist brisant. Ein O-Ton des filmenden Terroristen vor dem World Trade Center zu seinem Begleiter: "Eines Tages wirst du sie fallen sehen". Die Autoren Marc Brasse und Florian Huber liefern so einen nachhaltigen Beweis dafür, dass die Terrororganisation Al Kaida den Anschlag auf das World Trade Center, der am 11. September 2001 erfolgte, geplant hat. Die Ausführung ist durch die Attentäter Atta und Jarrah ein feststehender Fakt, den man in der Dokumentation aber nicht so stehen lässt, sondern den Werdegang der beiden muslimischen Terroristen nachzeichnet. Dabei driftet die Dokumentation aber teilweise zu genau in die einzelnen Details beispielsweise von Mohammed Attas Leben in Hamburg oder seiner Einreise in die USA ab, so dass man der spannenden Leitfrage der Dokumentation phasenweise den Wind aus den Segeln nimmt. Vermutlich wollte man den Spannungsgehalt dieser Dokumentation über den 11. September 2001 nicht auf die Spitze treiben. Auch die erzählte Geschichte von FBI-Agent John O'Neill ist eine lebendige, die in dieser Form einer breiten Öffentlichkeit noch nicht bekannt war. An dieser Story, die parallel zu jener der Terroristen aus der Hamburger Zelle erzählt wird, gewinnt die Dokumentation wieder an zusätzlicher Brisanz und fängt den zwischenzeitlichen Spannungsabfall im Verlauf der Erzählungen wieder auffangen. Denn dass die Warnungen des Sicherheitsagenten nicht gehört wurden, passt auch wunderbar in diverse Verschwörungstheorien, die sich um jenen Tag des 11. September 2001 ranken und bis heute gehalten haben, da sie nicht vollständig entkräftet werden konnten. Auch die Gegensätzlichkeit von FBI und CIA, die sich einander Informationen enthielten, passt hier ins Bild. So sagt der CIA-Anti-Terror-Agent und größter Konkurrent von O'Neill: "Das einzig Gute an den Anschlägen ist der Tod von John O'Neil." Auch Osama bin Laden sich gefreut haben, war der FBI-Agent ihm doch am nächsten auf der Spur, stellte sich als WTC-Sicherheitschef aber quasi selbst ins Fadenkreuz der Terroristen. Mit diesem Teil gießt die ZDF-Dokumentation etwas Öl ins Feuer, was dem Film an sich aber nur gut tut und seinem Leitgedanken, die wahre Geschichte eines Terroranschlags zu erzählen, nachkommt. Denn zu einem solchen Unterfangen gehört es sicherlich aus verschiedenen Perspektiven an die Thematik und die Geschehnisse heran zugehen und das tut «Der 11. September – die wahre Geschichte» auf vorbildliche Weise.
Positiv erwähnenswert sind auch die starken Bilder wie auch die nachgestellten Szenen, die anhand von überzeugenden Darstellern und guter Kameraführung entstanden sind. Emotionen werden nicht verborgen, sondern durch viele Detail- und Nahaufnahmen ins Bild gerückt, welches oftmals auch ohne Kommentar für sich sprechen würde. Wenn beispielweise in der Schlusssequenz aus Archivbildern die Skyline von New York City bei Nacht zu sehen ist, die beiden Twin Towers noch erstrahlen und wenig später John O'Neill, mittlerweile als WTC-Sicherheitschef tätig, in seinem Büro mit bösen Vorahnungen gezeigt wird, ist das ein gutes Beispiel für die Bildstärke, die die Dokumentation vorzuweisen hat. Am Ende bleiben jedoch einige Fragen offen, die indirekt im Verlauf der Schilderungen aufgeworfen werden. Zwar bietet «Der 11. September – die wahre Geschichte» neuwertige Erkenntnisse, stützt sich dabei aber auch auf Altbekanntes. So fehlt letztlich auch ein wenig Detailtiefe, besonders was die bislang eher unbekannten Informationen, die in der Dokumentation durchaus vorhanden sind, betrifft. Auch hätten die sehr gut ausgewählten O-Töne ("Hätten FBI und CIA besser zusammengearbeitet, hätte es 9/11 nicht gegeben") ein wenig mehr forciert werden können. Nichtsdestotrotz ist Marc Brasse und Florian Huber unter der Leitung des Historikers Guido Knopp eine ansprechende 45-minütige Dokumentation gelungen, die ein hohes Spannungslevel hat und auf historischen Fakten aufbaut. Glücklicherweise wird auf das Ziel eines ganzheitlichen Aufklärungsversuch der Terroranschläge verzichet, denn dieser wäre nicht nur schwierig, sondern nahezu unmöglich gewesen. Die Konzentration auf Details fällt positv ins Gewicht.
Die beiden Teile von «Der 11. September – Die wahre Geschichte» werden jeweils dienstags, am 24. und 31. August 2010, um 20.15 Uhr im ZDF ausgestrahlt.