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Die Experten Sommerspezial: Dürfen die das?

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Wie oft werden Serien illegal heruntergeladen? Was sind Pornos? Wie sieht der Jugendschutz aus?

Axel: Bei den US-Shows bei «Talk Talk Talk» werden viele Worte weggepiept. Wer entscheidet darüber, was gesagt werden darf? Gibt es dafür feste Regeln?

Christian Richter:
Bezüglich der verbotenen Worte im US-TV gab es kürzlich eine gravierende Änderung. Obwohl bisher festgeschriebene Regeln fehlten, hatte sich im Laufe der Zeit eine Liste etabliert, auf der die Worte standen, die weder allein noch als zusammengesetzte Worte zwischen 6.00 Uhr und 22.00 Uhr gesagt werden dürfen. Auf dieser Liste standen sieben Worte, weswegen die Aufstellung oft auch als „The Seven Dirty Words“ bezeichnet wurde. Ursprünglich stammte sie vom US-Komiker George Carlin, der diese Zusammenstellung für sein Comedy-Stand-Up “Seven Words You Can Never Say on Television“ aufstellte. Der New Yorker Radiosender WBAI strahlte diese Nummer im Jahr 1973 unzensiert aus und handelte sich dadurch prompt eine Anzeige ein. Als Konsequenz beschloss die zuständige Federal Communications Commission (FCC) die Einführung des sogenannten „Safe Harbor“, also einer sauberen Zeit zwischen 06.00 Uhr und 22.00 Uhr. Indirekt wurde damit die Liste von Carlin bestätigt und erhielt eine gewisse Allgemeingültigkeit. Bei den besagten Worten handelt es sich um folgende: „Shit“, „Piss“, „Fuck“, „Cunt“, „Cocksucker“, „Motherfucker“ and „Tits“.

Nach Bonos überschwänglichem Jubel bei den «Grammy Awards 2003», bei dem er die Auszeichnung mit den Worten „really, really fucking brilliant“ kommentierte, wurden die Strafen für eine Verletzung der „Safe Harbor“-Regel drastisch auf bis über 300.000 Dollar erhöht. Gegen diese Erhöhung klagten die amerikanischen Networks FOX, CBS, NBC sowie ABC und bekamen recht. Das Gericht stufte die bisherigen Bestimmungen in ihrer Unbestimmtheit als Verstoß gegen die freie Meinungsäußerung ein. Zudem merkte es an, dass es egal sei, wie umfangreich eine Liste der „Dirty Words“ sei. Es würde derart viele Ausdrücke für „Sexualorgane und sexuelle Aktivitäten oder eine Erektion“ geben, dass man nie alle erfassen könnte, zumal täglich neue Varianten hinzukämen. Als Konsequenz aus dem Urteil müssen die legendären schmutzigen Wörter ab sofort nicht mehr weggepiept werden, sondern dürfen ungestört über den Bildschirm laufen.

Die FCC hat übrigens kein Weisungsrecht für die Kabelsender, die sich damit nicht an den Safe Harbor halten mussten. Grundsätzlich war dort schon vor dem Urteil die Nutzung der „Seven Dirty Words“ auch tagsüber zulässig.

Antje: Warum sind «TV-Total»-Events wie die «WOK WM» Dauerwerbesendungen, aber die Fußball-WM nicht? Dort ist doch mindestens genauso viel Werbung zu sehen.

Christian Richter:
Man muss zunächst deutlich zwischen Sportübertragung und TV-Show unterscheiden. Bei Sportübertragungen geht es um die journalistische Übermittlung von Bewegtbildern – beispielsweise eben aus den Stadien der Fußball-Bundesliga. Man kann die Sender aber nicht dafür verantwortlich machen, dass die Sportler Markennamen auf ihren Trikots tragen oder eben vor großen Werbebanden kicken. Anders verhält es sich bei der «WOK-WM»: Der WOK-Sport ist ein Event, das zum Ziele der Unterhaltung und letztlich natürlich auch der hohen Quoten erfunden wurde. ProSieben hat hier Einfluss auf die Gestaltung – und die Medienwächter waren der Meinung, dass darin so viele Werbebotschaften enthalten sind, dass die «WOK WM» als Dauerwerbesendung zu sehen sein muss.

Es geht letztlich also nur um die Frage, was eine wirkliche Sportübertragungen und was eben eine selbst vom Sender produzierte Fernsehshow ist.

Gunther: Warum zeigen ARD und ZDF nur am Vorabend Werbung. Nach 20.00 Uhr könnten sie doch viel mehr Geld verdienen.

Christian Richter:
Das gesamte Thema der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist in mehreren Verträgen und Bestimmungen geregelt. (u.a. Rundfunkgebührenstaatsvertrag und der Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag) Für die einzelnen Vorschriften gibt es obendrein Richtlinien, die deren Ausführungen klären. Die zentrale Vorschrift ist dabei der Rundfunkstaatsvertrag, der unter anderem auch die Grundlage für die Ausstrahlung von Werbung bei ARD und ZDF bildet.

Der Paragraph 15 des Vertrages regelt zunächst allgemein, dass Werbung grundsätzlich in Gottesdiensten und Sendungen für Kinder nicht erlaubt ist. Zudem dürfen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nur Sendungen mit einer Dauer von mehr als 45 Minuten unterbrochen werden. Bei Übertragungen von Sportereignissen darf dies nur in den Pausen erfolgen.

Im §16 wird zunächst die Ausstrahlung von Werbung lediglich auf ARD und ZDF beschränkt. Werbung in den Dritten Programmen findet demnach nicht statt. Die Gesamtdauer der Werbung im Ersten und im ZDF darf im Jahresdurchschnitt nur höchstens 20 Minuten im werktäglichen Durchschnitt betragen, dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass die Dauer von Spotwerbung in einer Stunde nicht den Anteil von 20 Prozent übersteigen darf. Zusätzlich ist es laut diesem Paragraph verboten, Werbung nach 20.00 Uhr sowie an Sonntagen sowie an im ganzen Bundesgebiet anerkannten Feiertagen auszustrahlen.

Daraus ergibt sich dann auch das Werbefenster von ARD und ZDF zwischen 18.00 und 20.00 Uhr. Da nach 20.00 Uhr keine Werbung mehr gezeigt werden darf, ist der Vorabend die noch verbleibende Zeit des Tages, zu der die meisten Menschen Fernsehen schauen. Da jedoch nicht mehr als zwölf Minuten Werbung pro Stunde erlaubt sind und man 20 Minuten zur Verfügung hat, muss diese auf zwei Stunden verteilt werden, wodurch sich ein Beginn der werbefinanzierten Inhalte um 18.00 Uhr ergibt.

Die weiteren Richtlinien regeln dann unter anderem die eindeutige Trennung von Inhalt und Werbung und welche Mindestanforderungen an einen Werbetrenner gestellt werden. Zudem werden dort die Bedingungen für Split-Screen-Werbung und Gewinnspiele aufgeführt.

Hark: Wie können Serien wie «Law & Order» gleichzeitig bei VOX und RTL laufen? Darf nicht nur ein Sender die Rechte besitzen. Ist mir auch bei «Die Nanny» bei VOX und SuperRTL aufgefallen.

Christian Richter:
Die Lizenzinhaber, sind nicht die Sender, sondern die Sendergruppen – also die Mediengruppe RTL Deutschland, zu denen RTL, SuperRTL, VOX, n-tv und zum Teil RTL II gehören. Die Mediengruppe darf dann die Rechte die völlig frei auf die einzelnen Sender verteilen. Die entsprechenden Sender zahlen dann einen intern ausgehandelten Betrag.

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Aufgrund der vielen Einsendungen können jedoch nicht alle Fragen beantwortet werden. Zum Teil ist für die Klärung eine langwierige Recherche nötig, wodurch es zu einer zeitlichen Verzögerung bei der Beantwortung kommen kann.

Die nächste Experten-SommerAusgabe erscheint am Montag, den 23. August 2010.

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16.08.2010 12:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/43912
Christian Richter

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Experten

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