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«Wo ist Sven?»: «Kerner»-Reporter wird zum Medienstar

Sven Jachmann, Redakteur des Sat.1-«Kerner»-Teams, taucht für drei Wochen in Deutschland unter und lässt sich von Fernsehzuschauern jagen.

Noch vor wenigen Monaten führte Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner aufgrund unzureichender Datenschutzbestimmungen einen viel belächelten Kreuzzug gegen das beliebte Netzwerk Facebook – jetzt hat Google mitten im medialen Sommerloch mit der Ankündigung, seinen Dienst Google Street View zum Ende des Jahres auch in Deutschland einführen zu wollen, die Datenschutzdiskussion zum ernsthaften Politikum gemacht. Die Debatte zwischen digital-ultraliberalen Internetpionieren und analog-konservativen Politikern ist für den Durchschnittsnutzer oftmals schwer nachzuvollziehen – denn wer weiß schon wirklich, welche Daten jeder Tag für Tag bewusst oder unbewusst verbreitet? Der Diskussion zwar wenig zuträglich, aber dennoch hochaktuell, versucht sich Moderator Johannes B. Kerner der Thematik zu nähern: Im Rahmen eines Experimentes schickt er seinen Reporter Sven Jachmann für drei Wochen auf eine Deutschlandreise und lobt 10.000€ für denjenigen aus, der den Untergetauchten anhand bewusst hinterlegter digitaler Spuren wie ec- und Kreditkartendaten oder Überwachungskameravideos finden kann.

«Über Datenschutz bei sozialen Netzwerken ist derzeit viel zu lesen, jüngst gab es Meldungen, dass die Dichte öffentlicher Überwachungskameras enorm gestiegen sei», schildert Kerner die Beweggründe seines Versuchs. «Was geschieht eigentlich mit den vielen Aufzeichnungen von öffentlichen Überwachungskameras? Weiß ich, wer alles an meine EC-Kartendaten kommt, wenn ich an der Tankstelle bezahle? Wer kann mich orten, wenn ich das Handy anmache? Wir wollen wissen: Ist es einem Verfolger möglich, unseren Kollegen Sven aufzuspüren, wenn wir mitteilen, wann und wo er elektronisch aktiv war?» Mit viel Werbung, großem Interesse der Kritiker und hohen Erwartungen an die Faszination des Liveexperimentes, die formatübergreifend auch im Sat.1-«Frühstücksfernsehen» und im «Sat.1-Magazin» fortgesetzt wird, kehrte die Show «Kerner» in der vergangenen Woche aus der Sommerpause zurück – mit durchschnittlich 1,15 Millionen Zuschauern, sieben Prozent Marktanteil und 8,7 Prozent Marktanteil in der wichtigen Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen war die Sendung zumindest quotentechnisch eine Enttäuschung.

Auch inhaltlich eignet sich das Experiment rein gar nicht zur vorschnellen Pauschalisierung oder Vereinfachung der Datenschutzdebatte. Die digitalen Daten Jachmanns, die täglich auf der Website www.wo-ist-sven.de veröffentlicht werden und den Zuschauer zum Jäger machen sollen, wären außerhalb des Experiments gar nicht einzusehen. Dadurch könnte die Aktion den falschen Schluss erwecken, dass jeder Bürger im Internet sensible Daten anderer abrufen könne. Dass das Herzstück, die Website, kurz nach Start der digitalen Schnitzeljagd von Hackern lahmgelegt wurde, schmäht ebenfalls den Spaß an dem interessanten Konzept. Doch trotz aller Kritik: Johannes B. Kerner hat es geschafft, die Datenschutzdiskussion auf fast spielerische Art zu führen und zu erläutern. Und Jachmann ist dank aller Aufregung und seiner Präsenz außerhalb der mäßig erfolgreichen «Kerner»-Talkshow sowieso schon zum Medienstar avanciert. Da bleibt nur noch eine Frage unbeantwortet: Wo ist eigentlich Sven?
14.08.2010 08:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/43890
Jakob Bokelmann

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