Am Montag steigt das Finale der RTL II-Show «Big Brother». In Foren wird derweil über die Qualität der zehnten Runde gestritten. Manuel Weis und Glenn Riedmeier mit ihren Meinungen.
Pro von Manuel Weis
Die zehnte Staffel der Reality-Show «Big Brother» geht zu Ende. Was zum Finale feststeht, ist, dass es eine ganz ungewöhnliche und somit besondere Staffel war. Nie zuvor hat ein einzige Kandidat das Geschehen so beeinflusst wie in Runde zehn. Die Staffel wird für immer als Klaus-Staffel in die Annalen eingehen. Nie zuvor gab es zudem so viel Streit, teilweise sogar Hass und so wenige positive Energien im Haus. «Big Brother 10» unterscheidet sich in genau diesem Punkt also sehr deutlich von den Vorgängern.
Sicherlich hat sich das Projekt somit in eine Richtung bewegt, die nicht jedermann gefallen hat. Wer mit Klaus nicht zurecht kam, hatte sicherlich aufgrund dessen Dominanz einige Probleme beim Verfolgen der Tageszusammenfassungen. Letztlich hat RTL II aber nur das getan, was während den Staffeln sieben, acht und neun allzuoft kritisiert wurde. Man hat die langweiligen Momente abgeschafft.
Durch die geschickten Strategien von Klaus – und das waren sie allemal – kam die ganze Zeit über Spannung auf. Der normale «Big Brother»-Fan vergisst das nur leider sehr gern und schimpft dann erneut über die Dinge, die ihm nun nicht passen. Das ist nicht fair den Machern gegenüber. Dass die zehnte Staffel etwas Besonderes war, das zeigt sich auch an den Quoten. Seit fünf Jahren lief es für das RTL II-Format nicht besser – und somit ist nicht wegzudiskutieren, dass von Seiten der Produzenten doch einiges richtig gemacht wurde.
Letztlich war es in dieser Staffel wohl die zu jeder Zeit sehr gelungene Kandidaten-Auswahl, die für das hohe Interesse sorgte. Hier sind neben Klaus auch verschiedene andere Figuren zu nennen: Kristina zum Beispiel, die im Laufe der Staffel eine unglaubliche Entwicklung hinlegte oder Sabrina, die gekonnt als Gegenspielerin von Klaus positioniert wurde. Auch wenn sich der Große Bruder erzähltechnisch so manchem fiktionalen Format deutlich annäherte, Staffel zehn war gut gemachtes Fernsehen. Ob eine elfte Runde dies übertreffen kann? Es wird jedenfalls schwierig.
Contra von Glenn Riedmeier:
Die zehnte Staffel von «Big Brother» geht zu Ende - und das wird auch höchste Zeit. Denn bei der Jubiläumsstaffel war der Wurm drin. Dabei fing sie vielversprechend mit dem "Secret Haus" an: Bewohner, die nichts voneinander wussten, lebten in zwei Häusern nebeneinander her. Doch dieses Konzept wurde viel zu früh nach 14 Tagen aufgegeben und man führte die Bewohnergruppen zusammen. Man hätte viel mehr daraus machen können, indem man beispielsweise einzelne Kandidaten, die vermeintlich herausgevotet wurden, in das jeweils benachbarte Haus steckt. Erst nachdem man dieses Spielchen mehrere Wochen betrieben hat, hätte man die Bewohner der beiden Häuser wieder zusammenführen können, die dann logischerweise völlig verunsichert und entsetzt gewesen wären, weil sie erneut auf ihre "Gegner" treffen. Hier wurde also viel Potential verschenkt.
Stattdessen setzte man ab Woche 3 scheinbar auf eine Staffel ohne durchdachtes Konzept. Fortan gab es nur noch ein Haus - keine unterschiedlichen Bereiche und keine Teams mehr wie in vergangenen Staffeln. Das Motto der Staffel "Jeder hat ein Geheimnis" erwies sich als Schwachsinn, da kein Kandidat irgendein Geheimnis hatte. Matches gab es in der "härtesten Staffel aller Zeiten" ebenfalls nur kaum, von Challenges keine Spur. Stattdessen wurden Zuschauer und Kandidaten monatelang mit belanglosen Kindergartenspielchen wie Türmchen bauen oder Bällchen aufsammeln in der sogenannten White Box gequält. Richtige Matches gab es bis auf wenige Ausnahmen ledliglich montags in der Liveshow, und auch hier war keinerlei Abwechslung zu erkennen. Ekelmatches mit Krabbeltierchen wechselten sich mit Hindernisparcours in einer endlosen Wiederholungsschleife ab. Auch sonst durchzog sich die mangelnde Kreativität seitens «Big Brother» durch die ganze Staffel. Es gab verglichen mit vergangenen Staffeln nur wenig aufregende Aktionen für die Bewohner, die sich streckenweise sichtlich langweilten. Erst zum Ende der Staffel hatte man mit der Poker-Nominierung, dem Lügendetektor und der Stunde der Wahrheit ein paar interessante Innovationen im Programm, die jedoch schon viel früher hätten eingesetzt werden sollen.
Die montägliche Liveshow, die eigentlich das Highlight der «Big Brother»-Woche sein sollte, wirkte oft künstlich in die Länge gezogen, denn auch hier suchte man vergeblich nach spannenden Inhalten. Jede Woche tauchten störende C-Promi-Gäste (Gina-Lisa, Lorielle London, Sido) im Studio auf, die angeblich die größten BB-Fans sind, sich jedoch schon nach den ersten Sätzen als ahnungslos entpuppten. Auch bei der Moderatorin Aleksandra Bechtel bemerkte der aufmerksame Zuschauer häufig inhaltliche Defizite, da sie mehrfach falsche Behauptungen aufstellte. Interessanter wäre es stattdessen gewesen, wöchentlich Familienmitglieder und Freunde der Bewohner sowie Exbewohner einzuladen, die zusammen mit einem Psychologen das Verhalten der einzelnen Bewohner analysiert hätten.
Letztendlich haben einzig und allein die hervorragend ausgewählten Kandidaten wie Jessica, Katrin, Jenny, Sabrina, Eva etc. die Staffel gerettet. Doch mit dem das Geschehen dominierenden Bewohner Klaus gab es auch in dieser Hinsicht für viele «Big Brother»-Fans einen großen Wermutstropfen. Dadurch, dass alle Bewohner, die er nominiert hat, beinahe ausnahmslos nach seinem Wunsch herausgeflogen sind, wurde die Staffel sehr vorhersehbar und somit für einige Zuschauer uninteressant. Klaus konnte man zwar als Unterhaltungsfaktor ansehen, gleichzeitig aber drängte er alle anderen Bewohner in den Hintergrund und stigmatisierte sie als Nebendarsteller. Durch seine vorherrschende Dominanz konnten sich andere Charaktere nicht in dem Umfang entfalten, wie sie es womöglich in einer "normalen" Staffel hätten können. Es bleibt zu hoffen, dass sich diese einzig und allein auf Krawall gebürstete Staffel bei «Big Brother 11» nicht wiederholt.