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Es ist der größte Kulturaustausch der Weltgeschichte - der “Columbian Exchange“: Pflanzen, Tiere, Bakterien und Gene werden von und nach Amerika transportiert. Die Spanier bringen beispielsweise das Pferd mit. Auf seinem Rücken erobern sie immer weitere Teile der Neuen Welt. Schon einmal - vor 10.000 Jahren hatte es Pferde auf dem amerikanischen Kontinent gegeben. Doch die letzte Eiszeit ließ sie aussterben. Sich selbst überlassen, verwildern die Pferde. Eine neue Rasse entsteht: der Mustang. Das Reittier aus der Alten Welt verbreitet sich in Amerika schnell. Keine 200 Jahre nach Kolumbus erreichen die Mustangs die Great Plains und die Rocky Mountains. Am Ende des 18. Jahrhunderts sind die Herden schon bis nach Kanada gelangt. Bald darauf donnern die Hufe von mehr als sieben Millionen Wildpferden über amerikanischen Boden.
Für nomadische Stämme, wie die Blackfeet, Cheyenne, Sioux und Comanche, sind diese Pferde ein Segen. Sie verändern die Lebensgewohnheiten der Indianer grundlegend. Was sie zuvor zu Fuß erledigten - das Land durchstreifen, Jagen, Kämpfen - können sie nun vom Rücken ihrer Pferde aus. So wurde dieses Mitbringsel aus der Alten Welt zum Symbol der indianischen Kultur. Und schon bald ist vergessen, dass das Pferd einst über den Atlantik kam. Noch ein Tier verändert das Leben der Ureinwohner: das europäische Hausschwein. Auf ihren Streifzügen in unbekannte Regionen nehmen die Konquistadoren die Tiere als lebenden Reiseproviant mit. An Bord nehmen sie kaum Platz weg; auf Landzügen versorgen sie sich selbst. Sie fressen alles, auch in dem fremden Land. Und: Sie vermehren sich rasend schnell. Die Eroberer setzen sie auf Inseln aus, als ständige Quelle von Frischfleisch - für diejenigen, die nach ihnen kommen, aber auch für den Fall, dass sie selbst einmal zurückkehren
Für die Eroberer aus Europa sind die Schweine ein Segen. Doch für die Ureinwohner sind sie ein Fluch. Bald konkurrieren die Einheimischen mit diesen Tieren um Nahrung. Die Schweine fressen nicht nur die Wurzeln, die die Indianer sammeln. Sie vertilgen auch ihr wertvolles Saatgut. Nach nur wenigen Generationen sind die Hausschweine verwildert. Diese Wildschweine sind größer und aggressiver. In wenigen Jahrzehnten erobern sie die Anden, den Amazonas und den Norden Amerikas. Die Europäer verändern den amerikanischen Kontinent noch drastischer. Sie holzen einen Großteil der Wälder ab, bringen Getreide, Apfelbaum und Kirschbaum aus Europa mit, die einheimische Pflanzen verdrängen - und die europäische Honigbiene, ein fleißiger Bestäuber.
Dabei wurden die Ureinwohner verdrängt - nicht durch Kriege, sondern durch lautlose Eroberer: die Krankheitserreger von Pocken und Pest. Auch amerikanische Seuchen kommen nach Europa: Die Syphilis wird einen Millionentribut fordern. Doch amerikanische Pflanzen werden hier das Überleben von Millionen sichern: Die südamerikanische Kartoffel ernährt Arbeiter und Proletariat, Tomaten und Paprika bereichern den Esstisch in Europa, der Truthahn das Festgericht. Die Nahrungsmittel aus der Neuen Welt werden die europäische Landwirtschaft revolutionieren und zu einer Bevölkerungsexplosion führen.
Kritik
Im zweiten Teil der neuen «Terra X»-Reihe «Der geheime Kontinent» beschäftigt sich das Produktions-Team mit der Besiedelung der “Neuen Welt”, vom Zeitraum der Entdeckung durch Kolumbus bis hinein in die heutige Zeit. Dieses Mal stehen weniger die Menschen im Mittelpunkt, es soll vielmehr anhand verschiedenster Tier- und Pflanzenarten aufgezeigt werden, wie die einzigartige Flora und Fauna des amerikanischen Kontinents nach und nach immer weiter in den Hintergrund gedrängt wird und durch domestizierte Tiere und Pflanzen aus Europa ersetzt wurden. Mit der Folge, das auch die eigentlichen Ureinwohner des Großkontinents früher oder später weichen mussten.
Anschaulich und informativ werden dabei die Gründe für die Verbreitung der einzelnen Arten aufgezeigt, die Funktionsweise des sog. “Columbian Exchange” erklärt und verdeutlicht. Bemerkenswerterweise ist ja auch so, das dieser Exchange nur in die Richtung des amerikanischen Kontinents funktionierte. Abgesehen von ein paar Arten, Erregern und Bakterien ist jedoch kaum etwas in die entgegengesetzte Richtung nach Europa durchgedrungen.
Die Autoren verstehen es auch in diesem Durchgang, faszinierende Bilder der neuen Welt mit Computeranimationen zu verbinden, Informationen eindrucksvoll zu visualisieren und auch die Experten mit ihren jeweiligen Einschätzungen gekonnt in das Bildermeer einzufügen. Es ist genau diese Mischung, die auch schon in vielen vorangegangenen «Terra X»-Sendungen zu überzeugen wusste. Dieses Mal gibt es darüber hinaus aber auch Informationen, die noch nicht allzu häufig diskutiert und verbreitet wurden, so das auch erfahrene Zuschauer von Dokumentations- und Wissenssendungen durchaus auf ihre Kosten kommen werden.
Das ZDF zeigt zeigt «Terra X: Der geheime Kontinent - Sie kamen über das Meer», am Sonntag, den 25. Juli 2010, um 19:30 Uhr.