Die größte Geheimoperation der CIA oder die mit Handkamera dokumentierte Zerstörung New Yorks?
«Der Krieg des Charlie Wilson» (RTL)
Sah es während der diesjährigen Fußballweltmeisterschaft ein wenig mau an der Blockbusterfront am Sonntagabend aus, melden sich nun nach deren Ende sowohl ProSieben als auch RTL eindrucksvoll mit FreeTV-Premieren zurück. Letzterer Sender setzt mit dem satirisch angehauchten Politdrama «Der Krieg des Charlie Wilson» sogar mal auf etwas anspruchsvollere Unterhaltung. Der Film, dessen Handlung in den 80er Jahren angesiedelt ist, widmet sich dem wahren Leben des im Titel verewigten Kongressabgeordneten Charles Wilson (Tom Hanks), der sich abseits seiner politischen Betätigung gern auf Partys vergnügt und mit jungen, gutaussehenden Frauen umgibt. Dennoch beschäftigt ihn auch die angespannte Lage in Afghanistan, wo es zahlreiche Flüchtlinge angesichts der übermächtigen sowjetischen Besetzung aus dem eigenen Land treibt. Mit Unterstützung der CIA wird Wilson schließlich ein stetig in Millionenschritten anwachsendes Budget zur Verfügung gestellt, um die afghanischen Mudschaheddin mit Waffen zu versorgen.
«Der Krieg des Charlie Wilson» basiert auf dem gleichnamigen Sachbuch des US-amerikanischen Journalisten George Crile († 2006). In diesem trug er die bis dahin wenig bekannten Hintergründe zur größten verdeckten CIA-Operation aller Zeiten zusammen, an welcher der texanische, demokratische Kongressabgeordnete Charles Wilson († Februar 2010) maßgeblich beteiligt war. Natürlich bleibt ein solch brisanter Stoff von Hollywood nicht lange unentdeckt und so entwickelte der «West Wing»-Erfinder Aaron Sorkin aus der wahren Geschichte um Wilsons Verstrickung in den sowjetisch-afghanischen Krieg in der 80er Jahren ein Drehbuch, welches schließlich von Oscarpreisträger Mike Nichols («Die Reifeprüfung», «Hautnah - Closer») inszeniert wurde. Obwohl Spielfilme mit politischen Themen vor allem bei den amerikanischen Zuschauern oftmals nicht allzu gut ankommen, wurde «Der Krieg des Charlie Wilson» am Ende ein recht passabler kommerzieller Erfolg, was sicherlich auch der Zugkraft der drei Oscarpreisträger Tom Hanks, Julia Roberts und Philip Seymour Hoffman zu verdanken war.
OT: «Charlie Wilson's War» (2007) von Mike Nichols; mit Tom Hanks, Julia Roberts, Philip Seymour Hoffman, Amy Adams und Emily Blunt.
«Cloverfield» (ProSieben)
Angesichts dieser Konkurrenz, bleibt ProSieben am Sonntagabend ebenfalls nur der Rückgriff auf eine FreeTV-Premiere, um gegen RTL Land zu sehen. Während sich der Kölner Sender zwar einer wahren Geschichte bedient, diese aber in das Gewand eines Spielfilms packt, präsentiert sich der Blockbuster auf ProSieben gerade umgekehrt als authentisches „Home-Video“, wobei die gesamte Handlung natürlich eigentlich komplett frei erfunden ist. Die gänzlich auf Handkameraästhetik zurückgreifende Mockumentary «Cloverfield» aus dem Jahr 2008 beginnt mit einer großen Abschiedsparty für den Mittzwanziger Rob (Michael Stahl-David), dessen Freund Hud (T.J. Miller) das ganze Geschehen mit einer Videokamera dokumentiert. Als es schon bald zu erdbebenartigen Erschütterungen kommt, beschließen die Anwesenden, sich nach draußen zu begeben und der Sache auf den Grund zu gehen. Dabei werden sie Zeuge einer entfernten Explosion und müssen erkennen, dass irgendjemand oder irgendetwas drauf und dran ist, die Stadt New York dem Erdboden gleich zu machen.
Ein mysteriöser Trailer, kein Filmtitel und nur nach und nach vereinzelt auftauchende, kryptische Informationsschnipsel im World Wide Web. Die der absoluten Geheimhaltung verschriebene Marketingkampagne zu «Cloverfield» trat im Jahr 2007 einen enormen Internethype los, der die Erwartungen an die von J.J. Abrams («Lost», «Alias», «Star Trek») erdachte und produzierte Pseudo-Dokumentation im Vorfeld ihres Kinostarts in unendliche Höhen trieb. Diese konnten daher am Ende natürlich nur teilweise erfüllt werden, vor allem wenn man die dann doch recht simple Auflösung des ganzen Mysteriums betrachtet. Dennoch wusste der Film mit seiner packenden Inszenierung zahlreiche Kinogänger zu begeistern. So konnte er am Ende etwa das Siebenfache seines mit 25 Mio. US-Dollar relativ moderaten Produktionsbudgets einspielen. Eine bereits früh debattierte Fortsetzung ist somit auch heute noch nicht vom Tisch und wäre in diesem Fall sogar durchaus legitim.
OT: «Cloverfield» (2008) von Matt Reeves; mit Michael Stahl-David, Odette Yustman, Mike Vogel, Lizzy Caplan und T.J. Miller.Die Empfehlung von Quotenmeter.de
Kaum ist die Fußball-WM vorbei, liefern sich gleich wieder zwei hochkarätige, wenn auch sehr unterschiedliche FreeTV-Premieren ein knappes Duell im Blockbuster Battle. Grundsätzlich kann man bei der Entscheidung zwischen RTL und ProSieben an diesem Sonntag also nicht viel falsch machen. Für mehr Kurzweil und Adrenalin sorgt jedoch zweifellos «Cloverfield». Zwar hat der Film am Anfang noch mit einer recht langatmigen und nahezu ergebnislosen Einführung der Figuren zu kämpfen, doch hat man diese ersten 15 Minuten erstmal überstanden, kann die Mockumentary all die Stärken ihres Konzepts eindrucksvoll ausspielen. Die Hartnäckigkeit und die perfektionistische Konsequenz, mit denen das Prinzip des subjektiven Handkameraeinsatzes verfolgt wird, erzeugen ein überaus hohes Maß an Authentizität, was wiederum für ein beispiellos intensives Filmerlebnis sorgt. Bemerkenswert ist hierbei vor allem auch die nahezu makellose Einbindung digitaler Effekte.
All jenen, die mit einer solchen Wackelkameraoptik, wie sie in «Cloverfield» regelrecht zelebriert wird, bisher schon nichts anfangen konnten, sollten sich dann aber vielleicht doch der Politsatire «Der Krieg des Charlie Wilson» zuwenden, die natürlich um Längen anspruchsvoller ausfällt als die Pseudo-Dokumentation auf ProSieben. Aber trotz der brisanten Thematik, vieler gelungener Dialoge und der gut aufgelegten Darsteller wird die auf wahren Begebenheiten beruhende Handlung zwischendurch immer wieder von zu viel Leerlauf geplagt, während einige Stationen wiederum ein wenig zu oberflächlich abgehandelt werden. Erinnerungswürdige Höhepunkte sucht man (abgesehen von den Auftritten Philip Seymour Hoffmanns) leider fast gänzlich vergebens. Denjenigen, die einer Ästhetik à la «Blair Witch Project» gegenüber grundsätzlich aufgeschlossen sind und sich einfach von eindrucksvoller optischer Wucht berieseln lassen wollen, sei im Sinne eines im Gedächtnis bleibenden Filmabends also eher «Cloverfield» ans Herz gelegt. Auf gutem Niveau unterhalten wird man jedoch auch über weite Strecken von «Der Krieg des Charlie Wilson».
Der Sieg geht an «Cloverfield» um 20.15 Uhr auf ProSieben.