Müde Auflehnung gegen das WM-Finale: Starbesetzte Romantikkomödie oder Kung Fu im Wilden Westen?
«Liebe auf den zweiten Blick» (Sky Cinema)
Auch wenn die deutsche Nationalmannschaft nun leider den Einzug ins Endspiel der diesjährigen Fußballweltmeisterschaft verpasst hat, übt die Übertragung des WM-Finales natürlich dennoch deutlichen Einfluss auf die Gestaltung des Programms der restlichen Sender aus. RTL verzichtet am Sonntagabend sogar mal wieder gänzlich auf die Ausstrahlung eines Kinofilms und schickt stattdessen die TV-Produktion «Florian - Liebe aus ganzem Herzen» (1999) an den Start. So ruht alle Hoffnung erneut auf Sky, doch scheint sich selbst der PayTV-Sender in dieser Woche nicht allzu große Mühe zu geben.
Mit «Liebe auf den zweiten Blick» bietet er zwar gewohnt aktuelle, aber nicht allzu aufsehenerregende Filmkost. Die romantische Tragikomödie dreht sich um den Werbejingle-Komponisten Harvey Shine (Dustin Hoffmann), der viele Jahre nach der Scheidung von seiner Frau einsam in New York lebt und in seinem Beruf auch nicht mehr viel zu Stande bringt. Als er eines Tages zur Hochzeit seiner Tochter (Liane Balaban) nach London reist, scheint ihm auch dort das Glück nicht allzu hold. So wird er allein in ein Hotel abgeschoben und muss zu allem Überfluss auch noch erfahren, dass sich die Braut lieber von ihrem Stiefvater zum Traualtar führen lässt. Daher beschließt Harvey, so bald wie möglich nach New York zurückzukehren. Doch als er am Flughafen die sympathische Kate (Emma Thompson) kennenlernt, kommt alles ganz anders.
«Liebe auf den zweiten Blick» vereinte die überaus talentierten Charakterdarsteller Dustin Hoffman und Emma Thompson bereits zum zweiten Mal vor der Kamera, gehörten doch beide auch zum Cast der sehenswerten Tragikomödie «Schräger als Fiktion» (2006). Saß bei letzterem mit Marc Forster («Wenn Träume fliegen lernen», «Ein Quantum Trost») noch ein bereits sehr angesehener Filmemacher auf dem Regiestuhl, stammten sowohl das Skript als auch die Inszenierung von «Liebe auf den zweiten Blick» vom bis dato eher unbekannten britischen Regisseur Joel Hopkins. Aber auch er wusste mit den beiden Darstellern umzugehen und ließ ihnen bei ihrem Spiel weitestgehend freie Hand.
Auch wenn der Film ansonsten eher wenig Beachtung fand, waren sowohl Dustin Hoffmann als auch Emma Thompson in den Hauptdarstellerkategorien bei der Golden-Globe-Verleihung 2009 nominiert. Am Ende gingen beide jedoch leer aus. So musste sich Thompson gegen Sally Hawkins («Happy-Go-Lucky») geschlagen geben, während Hoffmann gegenüber Colin Farrell («Brügge sehen… und sterben?») das Nachsehen hatte.
OT: «Last Chance Harvey» (2008) von Joel Hopkins; mit Dustin Hoffman, Emma Thompson, Eileen Atkins, Kathy Baker und James Brolin.
«Shang-High Noon» (ProSieben)
Prügelte sich Jackie Chan in der letzten Woche noch auf RTL über die Fernsehschirme, ist er inzwischen zu Konkurrent ProSieben übergelaufen, wo es ihn diesmal in den Wilden Westen verschlägt. In der Actionkomödie «Shang-High Noon» aus dem Jahr 2000 verkörpert Chan einen chinesischen Wachmann in der Verbotenen Stadt im Herzen Pekings. Von dort wird eines Tages die kaiserliche Prinzessin Pei Pei (Lucy Liu) entführt, wofür Chon sich persönlich verantwortlich fühlt. Daher begleitet er kurz darauf die zur Rettung der Prinzessin auserkorenen Elitewachen nach Amerika. Doch als schon kurz nach ihrer Ankunft der Zug der chinesischen Gesandten von einer Ganovenbande um den Cowboy Roy O’Bannon (Owen Wilson) überfallen wird, fangen die Probleme für Chon gerade erst an.
Wie schon bei der zwei Jahre zuvor entstandenen Actionkomödie «Rush Hour», war das Aufeinanderprallen von östlicher und westlicher Kultur auch bei «Shang-High Noon» ein zentrales Element. Als Filmpartner bekam Hauptdarsteller Jackie Chan diesmal jedoch Owen Wilson («Starsky & Hutch», «Die Hochzeits-Crasher») zur Seite gestellt. Mit der Verlagerung des altbewährten Konzepts ins 19. Jahrhundert verband «Shang-High Noon» außerdem Chans slapstickartige fernöstliche Kampfkunst mit charakteristischen Merkmalen des Westerngenres. Auf diese eigenwillige Kombination verweist auch schon der Titel des Films, der sich aus dem Namen der berühmten chinesischen Hafenstadt und dem Originaltitel des Westernklassikers «12 Uhr mittags» («High Noon») zusammensetzt.
Für das Drehbuch der Actionkomödie zeichneten die «Smallville»-Erfinder Alfred Gough und Miles Millar verantwortlich, die im Kinobereich inzwischen vor allem durch ihre Mitwirkung an den Drehbüchern zu «Lethal Weapon 4» (1998) und «Spider-Man 2» (2004) sowie für ihr Skript zu «Die Mumie 3» (2008) bekannt sind. An den außerordentlichen Erfolg von «Rush Hour» konnten sie mit «Shang-High Noon» jedoch nicht anknüpfen. Dennoch genügte den Produzenten das allenfalls passable Einspielergebnis für die Realisierung der Fortsetzung «Shanghai Knights» (2003).
OT: «Shanghai Noon» (2000) von Tom Dey; mit Jackie Chan, Owen Wilson, Lucy Liu, Brandon Merrill und Xander Berkeley.Die Empfehlung von Quotenmeter.de
Wer aufgrund des Ausscheidens der deutschen Mannschaft von der Fußball-WM genug hat und sich am Sonntag stattdessen lieber dem Blockbusterangebot der Fernsehanstalten widmen will, wird von ProSieben und Sky diesmal eher enttäuscht. Während der Münchner Sender mit «Shang-High Noon» auf inzwischen ein Jahrzehnt alte leichte Actionkost zurückgreift, begnügt man sich im PayTV mit der weitestgehend belanglosen, wenn auch trotzdem nicht unansehnlichen Tragikomödie «Liebe auf den zweiten Blick». Daher gestaltet sich der eigentlich so spannungsarme Kampf der beiden Blockbuster am Ende doch als recht knappes Duell, aus dem am Ende die Westernkomödie mit Jackie Chan trotz ihres fortgeschrittenen Alters als Sieger hervorgeht.
So hat «Liebe auf den zweiten Blick» zwar zwei überragende Hauptdarsteller zu bieten, die mit ihrer einnehmenden Leistung einmal mehr die Zuschauer begeistern können, doch gelingt es selbst Dustin Hoffmann und Emma Thompson nicht, über alle Unzulänglichkeiten der Geschichte hinwegzutrösten. Dabei ist es gar nicht so sehr die grundlegende Storykonstruktion, die nicht überzeugen kann. Vielmehr fehlt dem Film ein erfrischendes Maß an Originalität und eigenen Ideen. Durch den Rückgriff auf im Genre allzu bekannte Handlungsmuster und teilweise unerträglich viele Klischees (vor allem was die Figurenzeichnung angeht) wird der Liebesfilm an vielen Stellen von unnötigen Längen geplagt.
Im Sinne des Unterhaltungswerts ist somit doch «Shang-High Noon» vorzuziehen. Das etwas andere Buddy-Movie bezieht einen Großteil seines Reizes aus der Verbindung von Western- und Martial-Arts-Elementen, die ihre äußerst passenden menschlichen Pendants in Kampfsportikone Jackie Chan und dem Texaner Owen Wilson finden. Vor allem Chan kann durch die von ihm erneut komplett selbst choreografierten und absolvierten Kampfszenen mal wieder für Staunen und Lacher sorgen. Das gelungene und mit zahlreichen Verweisen gespickte Spiel mit den Konventionen der zu Grunde liegenden Genres (vor allem mit denen des Westerns) rundet das positive Bild schließlich ab, sodass einem kurzweiligen Komödienspaß am Sonntagabend eigentlich nichts mehr im Weg steht.
Der Sieg geht an «Shang-High Noon» um 20.15 Uhr auf ProSieben.