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«Schlüter sieht's»: Reset bei «Popstars»

Die ProSieben-Castingshow wird verändert in die neue Staffel gehen. Gibt’s dann auch den Quoten-Aufschwung?

In der vergangenen Woche wurde an dieser Stelle noch über das spezifische ProSieben-Problem seiner aktuellen Castingshows und insbesondere «Popstars» geschrieben. Die Einschaltquoten der vergangenen beiden Staffeln waren zwar noch überdurchschnittlich, blieben aber deutlich hinter den zuvor gewohnten Werten zurück, als oft mehr als 20 Prozent der werberelevanten Zuschauer eingeschaltet haben. Dass die kommende neunte Runde eine Trendwende bringen muss, ist ein Fakt. Denn sonst bekommt «Popstars» das gefürchtete und gefährliche Relevanzproblem, das die Castingshow komplett im Mittelmaß versenken lassen könnte. Denn eine solche Sendung muss zumindest den Eindruck von Relevanz und Popularität vermitteln – «DSDS» hat dieses Vorhaben perfektioniert, wie die massive Boulevard-Berichterstattung und die inszenierte Studioatmosphäre zeigen. Wenn der Zuschauer merkt, dass eine Castingshow überhaupt keine Bedeutung mehr im Markt hat, dann wird er sie auch nicht mehr einschalten.

ProSieben hat die Zeichen der Zeit erkannt und setzt neben «Popstars»-Ikone Detlef D! Soost zwei prominente und anerkannte Musikexperten in die Jury: Zum einen Thomas Stein, den früheren BMG-Manager und ehemaligen «DSDS»-Juror, welcher in den vergangenen Jahren regelmäßig auch noch in der «Ultimativen Chartshow» bei RTL auftrat. Zum anderen Marta Jandová, die Sängerin der erfolgreichen Rock-Band „Die Happy“. Sie ist außerdem ein Gesicht des jungen Senders ZDFneo, wo sie die Show «neoMusic» moderiert. Selten hat es eine bessere Besetzung in einer Castingshow-Jury gegeben. Denn neben dem bekannten Drill-Instructor und Motivator D! steht Stein für Musikkompetenz in Person, der das Business wie seine Westentasche in- und auswendig kennt. Und Jandová kann als kernige, selbstbewusste und profilvolle Profi-Sängerin den Part der Mentorin für die Kandidatinnen übernehmen. Vergessen sind also die Zeiten, in denen Sido, Loona oder Alex Christensen die «Popstars»-Jury darstellten. Diese neue Jury bildet den Grundstein für eine potenzielle Highlight-Staffel mit Top-Quoten.

Mittlerweile sind auch weitere Details des veränderten «Popstars»-Konzepts geworden, das mit der frisch besetzten Jury einhergeht. Künftig sollen die neuen Musik-Sternchen von etablierten Künstlern aus dem Business wöchentlich besucht und gecoacht werden. Schon immer waren Promi-Auftritte ein Bestandteil des Formats, doch nun wird es durch seine Regelmäßigkeit essentiell. Damit einher geht eine größere Unabhängigkeit von der Jury und ein größerer Gestaltungsfreiraum für die Macher. Denn Auftritte von großen Stars können massiv in Vorab-Trailern beworben werden und die Quote steigern. Mehr Abwechslung für den Zuschauer ist durch diesen Aspekt ebenfalls garantiert. Weiterhin gibt es zum Abschluss der Staffel im Dezember vier Live-Shows, an deren Ende die Gewinnerband steht. Im Vorjahr waren es zwei, davor meist nur eine Live-Sendung. ProSieben investiert also massiv in «Popstars», denn Live-Shows sind deutlich teurer als die vorherigen, vergleichsweise günstigen Dokusoap-Folgen. Damit einher geht eine Verschiebung des Grundkonzepts hin zu mehr Show im wörtlichen Sinne. Die Sendung passt sich damit auch ein wenig dem RTL-Hit «DSDS» an, der mehr als die Hälfte jeder Staffel mit Live-Shows bestreitet. ProSieben möchte anscheinend austesten, ob dieses Konzept auch auf «Popstars» angewandt werden kann – hat man damit Erfolg, könnte eine weitere Ausweitung der Live-Shows in kommenden Staffeln folgen.

Nicht nur aus Sicht der Quoten, sondern auch aus Sicht des anschließenden Erfolges der gecasteten Bands waren jene Staffeln die erfolgreichsten, die nur mit weiblichen Kandidatinnen stattfanden. Insofern ist es wenig verwunderlich, wenn der Neuanfang des Formats auch unter dem Motto „Girls forever“ steht. Und tatsächlich hatte jede Staffel, die eine reine Girlband gesucht hat, eine höhere inhaltliche Qualität als die sonstigen. ProSieben will «Popstars» wie einst wieder zu einer erfolgreichen Premium-Marke im Castingshow-Geschäft aufbauen – aktuell steht diese nämlich eher für mäßige Quoten, geringe Relevanz und Misserfolg ihres Produkts, also ihrer Bands. Die Anzeichen stehen gut, dass mit der neunten Staffel die Trendwende eingeläutet und das Format in seinen dann dritten Quoten-Frühling geschickt wird. Schlecht wäre das keineswegs: Irgendwer muss dem System Bohlen ja Paroli bieten.

Jan Schlüters Branchenkommentar beleuchtet das TV-Business von einer etwas anderen Seite und gibt neue Denkanstöße, um die Fernsehwelt ein wenig klarer zu sehen. Eine neue Ausgabe gibt es jeden Donnerstag nur auf Quotenmeter.de.
01.07.2010 00:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/42947
Jan Schlüter

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