Die WM-Pause der Sat.1-Sendung «Kerner» endet am Donnerstag. Dann stehen sechs Wochen lang Sommerausgaben an. Wir blicken auf die Entwicklung der Show – inhaltlich und aus Sicht der Quoten.
Die Aufregung war groß als Anfang November die erste Quote der neuen
«Kerner»-Sendung bei Sat.1 eintrudelte. Gegen «Bauer sucht Frau» hatte der Hamburger am Montagabend um 21.15 Uhr keinerlei Chancen. 7,6 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe waren ein recht dürftiges Ergebnis. Eine Woche später holte man am Montagabend nur mehr 6,4 Prozent. Die dann gezeigten Sendungen (unter anderem ein 23.10 Uhr-Special zum Tod von Robert Enke) landeten gar nur bei viereinhalb Prozent. Sat.1 musste reagieren und gab der Sendung am Donnerstagabend um 22.15 Uhr ein neues Zuhause.
Somit nahm man in Kauf, dass die Sendungen regelmäßig wegen Fußballübertragungen nicht schon zur regulären Zeit, sondern teilweise erst um kurz vor Mitternacht starten können. Den Quoten half diese Verschiebung aber deutlich. Sechs der zehn letzten Ausgaben des Magazins landeten bei zehn Prozent Marktanteil oder mehr. Der aktuelle Rekord datiert immer noch auf Mitte Februar, als Kerners Show 13,4 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe machte – nicht zuletzt aber deshalb, weil der Film «Der goldene Kompass» im Vorprogramm auf sensationelle 24,8 Prozent kam.
Die steigenden Quoten der Sendung «Kerner» - sie sind nicht wegzudiskutieren. Sie sind eine Leistung der Redaktion zum einen, aber sicherlich auch Verdienst von Katja Hofem-Best zum anderen, die sich Anfang des Jahres dem Format angenommen hat. Ob sich seitdem die Qualität der Sendung verbessert hat, darüber darf gestritten werden. Gute Gäste zu bekommen, das ist angesichts der Talkshow-Fülle in Deutschland ohnehin nicht mehr einfach – und so sind die ganz großen Promis bei «Kerner» selten geworden.
Nur wenige Auftritte fallen davon ganz spontan ein: Til Schweiger war einmal da, Schiri Amerell sorgte mit seinem Auftritt in der Sat.1-Sendung für Aufsehen – das alles war aber im Frühjahr. In den zurückliegenden Wochen, vor der WM-Pause, füllte man die 90 Minuten Sendezeit eher mit Ratespielen, Auftritten von «Galileo»-Reporter Füllgrabe oder auch mit liebgewonnenen Stammgästen wie Plastinator Gunter von Hagens. Garniert werden diese Besuche von Geschichten unbekannter Leute, die sonst nur freigebliebene Flächen in der Bild füllen. Das können durchaus auch spannende Geschichten und Themen - keine Frage.
Politische Themen sind seit jeher in der Sat.1-Sendung tabu – anders als noch im ZDF begrüßte Kerner in seiner Show keinen einzigen Volksvertreter, und das, obwohl beispielsweise die intensiven Gespräche mit Frank-Walter Steinmeier viel Lob für den Moderator nach sich zogen. «Kerner» musste sich bei Sat.1 anpassen – ob es ihm gefällt oder nicht. Politik bringt nun mal keine Quote - und deshalb wäre viel, vielleicht auch zu viel Mut, nötig dieses Feld anzugehen. Lob finden sollte ein kürzlich gezeigter Bericht über Hedgefonds, den man in dieser Form wohl nur von einer öffentlich-rechtlichen Sendung erwarten konnte. Dieser Themenmix sollte beibehalten werden - Wirtschaft und Politik darf aber noch häufiger Teil der Sendung sein.
Insgesamt liegt Kerner mit seiner Sat.1-Show noch bei weniger als neun Prozent in der Zielgruppe, hier drückt der schwache Start die Statistik ordentlich nach unten. Betrachtet man nur die 2010er Ausgaben, so kommt das Magazin bereits auf 9,7 Prozent und nimmt man einen Mittelwert der letzten zehn Sendungen, dann nähert man sich mit 9,8 Prozent der Zweistelligkeit noch weiter an.
Wenn «Kerner» sich ab Donnerstag wieder im TV zurückmeldet, dann sind sechs Wochen lang keine aktuellen Folgen zu sehen. Sie werden in diesen Tagen vorproduziert und ermöglichen es dem Moderator demnächst noch einmal Urlaub einzulegen. Bei der Themenauswahl wurde natürlich weiterhin - und das geht manchmal bei länger im Voraus hergestellten Sendungen nicht sehr viel anders - allgemeine und boulevardeske Themen behandelt. In dieser Woche soll es unter anderem Tipps für eine Grill-Diät geben – zu Gast sein wird Detlef Pape, der ebenfalls ein Abo auf Auftritte bei «Kerner» zu haben scheint. Immerhin besinnt man sich in dieser Woche wieder etwas auf alte Tugenden: Weil Johann Lafer im Studio zu Besuch ist, wird Kerner vermutlich am Herd stehen – und der geneigte Zuschauer mag sagen: Endlich.