N24 gehört künftig nicht mehr ProSiebenSat.1. Dieser Schritt ist Chance und großes Risiko zugleich.
Nach monatelangem Zerren um die Zukunft des Nachrichtensenders N24 ist in dieser Woche nun eine Entscheidung gefallen: Das Management kauft seinen Sender von der ProSiebenSat.1-Gruppe ab und betreibt ihn künftig unter der neuen Muttergesellschaft N24 Media GmbH weiter. Die Investorengruppe besteht hauptsächlich aus N24-Personal, darunter N24-Geschäftsführer Torsten Rossmann, aber auch aus zwei Externen: Neben Thorsten Pollfuß wird auch der frühere SPIEGEL-Chefredakteur Stefan Aust zur neuen Führungsriege von N24 gehören; er besitzt wie Rossmann künftig 26 Prozent der Anteile an der GmbH.
Die neue Eigenständigkeit des erfolgreichsten deutschen Nachrichtensenders sowohl beim Gesamtpublikum als auch in der jüngeren Zielgruppe (TV-Saison 2009/10) bietet Risiko und Chance zugleich. Denn endlich kann N24, das zuletzt bei ProSiebenSat.1 nur noch als lästiger und unrentabler Wurmfortsatz der sonst erfolgreichen Gruppe gesehen wurde, beweisen, welches Potenzial hier vorhanden ist. Nun zeigt sich also, ob N24 wirklich die niemals profitabel werdende Verlustmaschine ist, wie ProSiebenSat.1 Media AG es suggerierte – oder ob dieser Nachrichtensender fähig ist, den bisher vorhandenen Zuschauererfolg auch in bare Münze und zumindest konstante Quoten zu verwandeln. N24 steht also wortwörtlich am Scheideweg.
Das Risiko besteht darin, dass sich die neue Struktur und die geringeren Etats auf die inhaltliche Qualität auswirken können – dass also der ahnungslose Zuschauer vor dem Fernseher merkt, wie günstig nun produziert wird. Konkrete Einschnitte sind schon geplant: Rund ein Drittel der N24-Mitarbeiter muss das neue Unternehmen verlassen. Durch Budgetkürzungen im Produktionsbereich wird man bei einigen Themen auf Vor-Ort-Reportagen verzichten; die Beiträge sollen dann von externen Zulieferern, wie beispielsweise der dpa, eingekauft werden. Damit einher gehen dürfte auch ein kleineres Reporternetzwerk. Möglicherweise werden aufgezeichnete Nachrichtensendungen am Morgen und Mittag in Schleife ausgestrahlt. Doch es war eine Utopie zu glauben, dass N24 aus der unprofessionellen medialen Schlammschlacht, in der anfangs auch über eine komplette Einstellung des Senders nachgedacht wurde, ohne Verluste herauskommen würde. Natürlich ist es ein Dilemma, dass ein Drittel der Mitarbeiter gehen muss. Doch zwei Drittel dürfen bleiben und weiterhin Nachrichten produzieren - es hätte deutlich schlimmer kommen können, wenn man den Medienberichten der vergangenen Monate Glauben schenken möchte.
Und ProSiebenSat.1? Hat sich mit dem Verkauf von N24 nun endgültig der letzten verbliebenen Informationskompetenz beraubt und ist damit erneut um eine imagefördernde Komponente ärmer. So ist es nur konsequent, dass die Nachrichtenbeiträge in den nächsten sieben Jahren vom vormals internen, nun externen N24 eingekauft werden. Vielleicht steigt dadurch sogar die Qualität der ProSiebenSat.1-Nachrichten, wenn Aust und Co. das Ruder übernommen haben – so paradox es klingen mag.
Jan Schlüters Branchenkommentar beleuchtet das TV-Business von einer etwas anderen Seite und gibt neue Denkanstöße, um die Fernsehwelt ein wenig klarer zu sehen. Eine neue Ausgabe gibt es jeden Donnerstag nur auf Quotenmeter.de.