Das Remake eines 70er-Jahre-Schockers bietet spannende Horrorkost, die das Genrerad jedoch nicht neu erfinden kann.
Remakes haben bereits eine sehr lange Tradition in Hollywood, die in Einzelfällen sogar bis fast an den Anfang der Filmgeschichte zurückreicht. Mit der stetig zunehmenden Ideenlosigkeit in der Traumfabrik stieg die Zahl der Neuverfilmungen bereits bekannter Stoffe in den letzten Jahren jedoch drastisch an, sodass sie heutzutage einen Großteil der amerikanischen Filmproduktion ausmachen. Die Beweggründe sind dabei inzwischen fast immer kommerzieller Natur, verspricht die aufwandminimierende Wiederverwertung bereits zuvor erfolgreich aufbereiteter Inhalte doch hohen Profit. Der Rückgriff auf Horrorfilme erfreut sich hierbei besonders großer Beliebtheit, da diese abseits dessen meist auch noch vergleichsweise billig produziert werden. Nachdem erst in der letzten Woche die Modernisierung des Wes-Craven-Klassikers «A Nightmare on Elm Street» in unseren Kinos angelaufen ist, findet mit dem routiniert inszenierten und über weite Strecken sehr packenden Schocker «The Crazies» schon das nächste Horrorremake seinen Weg in die deutschen Lichtspielhäuser.
Im Mittelpunkt der Handlung steht eine Kleinstadt im amerikanischen Iowa, deren Einwohner nach einer unbeabsichtigten Verseuchung des Trinkwassers wahnsinnig und gewalttätig werden und infolge dessen ihren Mitmenschen nach dem Leben trachten. Eine Gruppe nicht infizierter Überlebender um den Sheriff David Dutton (Timothy Olyphant) will sich den Weg aus der Gefahrenzone bahnen, sieht sich jedoch neben der Bedrohung durch die verrückt gewordenen Stadtbewohner schon bald auch mit der skrupellosen und brutalen Vorgehensweise des US-Militärs konfrontiert, das die Epidemie um jeden Preis stoppen will.
Neben der Vielzahl an Neuverfilmungen bekannter amerikanischer Horrorfilme (z. B. «Texas Chainsaw Massacre», «Freitag der 13.») oder populärer asiatischer Genreklassiker (z. B. «Ring», «The Grudge»), erfahren mitunter auch wenig berühmte Machwerke eine Modernisierung. Zu diesen gehört zweifellos auch «The Crazies», ein Frühwerk des Zombiefilmveterans George A. Romero («Dawn of the Dead», «Survival of the Dead»), das zu seiner Zeit (vor allem auch in Deutschland) kaum Beachtung fand. Romero, der mit seinem inzwischen sechsteiligen Zombiezyklus entscheidend zum heutigen Bild der mordlüsternen Untoten beigetragen hatte, zog die Qualität seines Horrorthrillers ob einer allzu vordergründigen Politbotschaft damals selbst in Zweifel. Dennoch übernahm er beim Remake nun die Rolle des ausführenden Produzenten. Auch wenn dieses vor allem hinsichtlich seiner Erzählstruktur einige Unterschiede zum Original aufweist, bleibt «The Crazies» im Kern durch und durch klassischer Survival-Horror.
So haben die Drehbuchautoren Scott Kosar und Ray Wright für die Entwicklung der Geschichte auf viele bekannte Versatzstücke und typische Storyelemente des Genres zurückgegriffen, ohne dies jedoch irgendwie verleugnen zu wollen. Ganz bewusst und unaufdringlich präsentieren sie dem Zuschauer ein streckenweise recht vertrautes Handlungs- und Figurenkonstrukt, bereiten dieses jedoch an zahlreichen Stellen sehr ansprechend auf. Einige der Passagen, die in ähnlicher Weise bereits anderweitig zu sehen waren, werden dabei häufig nur angerissen, nie zu lange ausgewalzt und am Ende meist doch anders aufgelöst als man es hätte erwarten können. Obwohl einige Plotentwicklungen trotz allem recht vorhersehbar sind, hält der Film daher gekonnt die Balance zwischen Traditionsbewusstsein und erfrischenden Ideen. Nachdem beispielsweise der Protagonist als klassisch gezeichneter Sympathieträger scheinbar der einzige ist, der die drohende Gefahr schon früh erkennt und sich mit seinen Bedenken erfolglos an den ignoranten Bürgermeister wendet, folgt wider Erwarten kein in die Länge gezogener Versuch des Sheriffs weitere Stadtbewohner von seiner Meinung zu überzeugen oder eventuelle Gegenmaßnahmen einzuleiten. Stattdessen findet das Grauen in seiner ganzen Tragweite schon unmittelbar darauf Einzug in die Kleinstadt, ohne dass überhaupt Zeit gewesen wäre, dem bevorstehenden Chaos etwas entgegen zu setzen. Und der Bürgermeister tritt gar nicht erst ein weiteres Mal auf.
Ohnehin gibt der Film insgesamt ein sehr hohes Tempo vor. Mit Verzicht auf eine allzu ausführliche Hinleitung zum Geschehen treten die Vorboten des Schreckens, der bald folgen soll, schon nach wenigen Minuten explizit in Erscheinung. Dennoch weiß der Einstieg von «The Crazies» trotz oder gerade wegen seiner Kürze sehr zu gefallen. Mit einigen markanten Bildern, die passend vom Johnny-Cash-Song «We'll Meet Again» untermalt werden, wird innerhalb weniger Momente ein stimmungsvoller Eindruck des amerikanischen Kleinstadtlebens vermittelt. Darüber hinaus wird dem Zuschauer lediglich durch einzelne, bedacht gewählte Einstellungen die Hauptfigur des Films direkt zu Beginn auf subtile Art und Weise als rechtschaffener, verheirateter Sheriff des Ortes vorgestellt. Und all das, bevor überhaupt ein einziges Wort gesprochen ist. So muss filmisches Erzählen aussehen. Auch wenn sich das im Laufe des Films zunehmend verliert, beweist Regisseur Breck Eisner somit, dass er alles andere als unbegabt ist, wenn ihm ein ordentliches Drehbuch vorgesetzt wird. Eine Tatsache, die nach seinem Flop «Sahara» (2005) für viele noch als überaus fragwürdig galt.
Seine straffe und einfallsreiche Inszenierung trägt zu großen Teilen dazu bei, dass «The Crazies» sein hohes Spannungsniveau über weite Strecken aufrechterhalten kann. An kaum einem Schauplatz wird lange verweilt, ständig werden neue Richtungen eingeschlagen. Das Gehetztsein der Protagonisten überträgt sich somit fast nahtlos auf den Zuschauer, sodass dieser nicht zuletzt aufgrund sehenswerter Schauspielleistungen ohne große Probleme mit ihnen mitfiebern kann. Nirgendwo scheinen die Hauptfiguren sicher zu sein, geht die lebensbedrohliche Gefahr doch nicht nur von den aggressiven Infizierten, sondern gleichermaßen auch vom kompromisslosen US-Militär sowie später sogar vom Misstrauen innerhalb der Gruppe der Überlebenden aus. Eine solche stets allgegenwärtige Bedrohung liefert eine der wesentlichen Voraussetzungen für das Gelingen eines Horrorfilms. Um diese Bedrohung spürbar zu machen, verzichtet der Film die meiste Zeit leider auf subtilen Grusel und setzt stattdessen unter Rückgriff auf plötzlichen lauten Musikeinsatz auf unzählige recht plump erzeugte, aber durchaus wirkungsvolle Schockmomente. Hinsichtlich des Einsatzes von Gewalt ragt «The Crazies» jedoch aus der Masse moderner Horrorschocker ein wenig heraus. So findet sie genretypisch zwar häufig Verwendung, wird aber nicht zum bloßen Selbstzweck übermäßig zelebriert, wie es in heutigen „Torture-Porn“-Reißern wie «Hostel» oder den «Saw»-Fortsetzungen gang und gäbe ist.
Was unterm Strich bleibt, ist also ein solider Horrorstreifen, der trotz der Verwendung bekannter Genremuster in seiner Vielfältigkeit hin und wieder zu überraschen weiß und die Kinozuschauer mit häufig eingestreuten Schockeffekten weit mehr als einmal in ihren Sesseln zusammenzucken lässt. Eine gute Darstellerriege und die packende Inszenierung sorgen dabei obendrein für die glaubwürdige Vermittlung einer für einen Horrorfilm essentiellen bedrohlichen Grundstimmung. «The Crazies» ist somit im Großen und Ganzen zwar sicherlich keine Ausgeburt an Innovation, hochspannend und unterhaltsam jedoch allemal und somit als Remake durchaus daseinsberechtigt.
«The Crazies» ist seit 27. Mai in vielen deutschen Kinos zu sehen.