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Die Kritiker: «Hung»

Inhalt:


Ray Drecker war ein Star. Früher. Eine hinreißende und über alle Maßen verliebte Frau an seiner Seite, die Basketball-Profikarriere im Blick, die Zukunft in seiner Hand. Doch die Dinge haben sich drastisch geändert. Rays Ehe mit Jessica ist gescheitert und der Traum, den Sport zu seinem Beruf zu machen, mündete in einer gefährdeten Anstellung als Basketball- und Geschichtslehrer an der Highschool seiner Kinder. Diese machen ihm ebenfalls Sorgen, halten sie sich doch nicht an aufgestellte Regeln oder besuchen ominöse Gothik-Festivals. Als zu guter Letzt ein Brand sein Elternhaus zerstört und sich Jessica, die den recht wohlhabenden Hautarzt Ronnie geheiratet hat, gegen finanzielle Unterstützung wehrt, sieht Ray nur eine Lösung: Prostitution.

Auf die Idee bringt ihn ein Workshop, dessen Leiter dazu animiert, aus dem eigenen Talent Kapital zu schlagen. Immerhin besitze jeder Mensch eine gewisse Gabe. Im Falle von Ray handelt es sich hierbei um sein bestes Stück, das den gewöhnlichen Durchschnitt in den Schatten stellt. Seine ehemalige Flamme Tanya avanciert zu seiner Zuhälterin. Eigentlich hatte sie vor, Gebäck mit laminierten Gedichten im Inneren zu verkaufen, aber Ray in der Rolle einer männlichen Prostituierten, oder wie sie es nennt, 'Happiness Consultant', scheint die Tür zu schnellerem Reichtum zu öffnen.

Darsteller:


Thomas Jane («Der Nebel») ist Ray Drecker
Jane Adams («Happiness») ist Tanya Skagle
Anne Hache («Men in Trees») ist Jessica Haxon
Charlie Saxton («In meinem Himmel») ist Damon Drecker
Sianoa Smit-McPhee («Nachbarn») ist Darby Drecker
Eddie Jemison («Ocean's Eleven») ist Ronnie Haxon
Rebecca Creskoff («The Practice») ist Lenore

Kritik:


«Hung», das auf Grund positiver Resonanz seitens Kritikern und für Home Box Office inzwischen nicht mehr selbstverständlicher Publikumssbeteiligung bereits um eine zweite Staffel verlängert wurde, hat allerhand mit den großen Erfolgsproduktionen des amerikanischen Bezahlsenders gemein. Die Parallelen nehmen ihren Anfang mit den fantastischen Opening Credits, die in Network-Augen nur noch kostbare Zeit rauben. Das Lied “I'll be your Man” des Duos 'The Black Keys' untermalt den Weg der Hauptfigur Ray, die sich nach und nach entkleidet, um schließlich unbeschwert in einen See einzutauchen. Während «Lost» oder «Desperate Housewifes» inzwischen langfristig angelegte Charakterkonstellationen innerhalb von 40 Minuten über den Haufen werfen, kann sich «Hung», wie auch «Six Feet Under» und «The Sopranos», genügend Zeit nehmen, den roten Faden realistisch auszubauen.

Das Problem: Wie auch bei den anderen genannten HBO-Serien benötigt die Entwicklung ihre Zeit, auch die Geschichten des neuen Asphalt Cowboys wirken zunächst sonderbar nichtssagend. Zutiefst unterhaltsam, aber antriebslos. Glücklicherweise steigert sich «Hung» bereits in den ersten drei Episoden deutlich und erinnert man sich an die populären Vorbilder, steigert das die Vorfreude nur umso mehr - immerhin sah man in den ersten Folgen «Six Feet Under» auch noch Werbespots für Särge. Gelungen ist überdies die deutsche Synchronisation. Thomas-Nero Wolff, der unter anderem den Leinwandgrößen Hugh Jackman und Jason Statham seine Stimme leiht, synchronisierte Thomas Jane, der in «Hung» die Hauptrolle inne hat, bereits in der Vergangenheit, beispielsweise für «Der Punisher» und «Der Nebel». Wolff wird Jane, der stets wirkt, als wäre er erst vor wenigen Minuten entdeckt worden und jedes Fünkchen Talent und Enthusiasmus in seine Projekte steckt, vollkommen gerecht.

Auch Vera Teltz, die den deutschen Serienanhängern als Teresa Lisbon (Robin Runney) aus «The Mentalist» bekannt sein dürfte, erledigt einen grandiosen Job als Tanya. Die Chemie zwischen den Protagonisten, die «Hung» so sehenswert macht, hat man als deutscher Zuschauer also zum großen Teil den Personen hinter den Mikrophonen zu verdanken. Neben Wolff und Teltz gehören auch Ulrike Stürzbecher (Jennifer Aniston, Kate Winslet) und Claudie Urbschat (Angelina Jolie, Maria Bello) zur Besetzung. Verantwortlich für die Regie ist Clemens Frohmann, der sich der Herausforderung mit "großer Freude" gestellt hat. "Die Arbeit war für uns ein großer Spaß und ich denke, das spürt der Zuschauer in jedem Moment", so Frohmann, der sichtlich Gefallen an den "aberwitzigen Situationen" der Serie findet, die auch ohne äußerliche Action auskommen.

Während die Darsteller Thomas Jane und Jane Adams in ihren detailreichen Figurenmustern aufgehen, blieb für Anne Heche nur die typische und altbekannte Nebenrolle, die bei einer Werbung, die von kranken und misshandelten Hunden handelt, zu weinen beginnt und kurzerhand einen der Vierbeiner adoptiert, nicht zuletzt, um die Liebe ihrer Kinder zu gewinnen – was alles in allem etwaige Erinnerungen an Janice Soprano wachruft. Heches Spiel überzeugt dennoch, wie auch das des restlichen Casts. Rays Kinder wurden mit Charlie Saxton und Siaona Smit-McPhee vorsätzlich abseits den Fernseh-Idealen besetzt, was den einen freuen, den anderen stören mag. In der Pilotepisode spielte noch Kristin Bauer, die nun als Pam in «True Blood» zu sehen ist, als Jessica. Wie so oft der Fall, fand nach dem Sichten der Episode eine Umbesetzung statt, den Zuschlag erhielt Heche. Ein bisschen überspitzte Vampir-Action, die sich HBOs neuester Hit auf die Fahnen geschrieben hat, hätte «Hung» im Piloten womöglich gar nicht geschadet. Die Regie von Alexander Payne («Election», «About Schmidt») ist alles andere als mangelhaft und primär der Schnitt ist ausgezeichnet, was man vor allem in der bildhaften Sequenz des Hausbrandes bemerkt, aber der Folge fehlt ein Höhepunkt. Dennoch: Der solide Grundbaustein ist gelegt.

Bereits mit Episode zwei, 'Happiness oder: Ich nenne dich Dick', nimmt «Hung» an Fahrt auf. Der erste richtige Auftrag für Ray wird von Thomas Jane grandios gemeistert. Ohne das Thema ins Lächerliche oder Pornographische zu ziehen, lässt der Schauspieler den Zuschauer mitfühlen und lachen. Von derartigen mehr oder minder romantischen Jobs darf man sich künftig mehr erhoffen. Ohnehin funktioniert die Serie nur auf der Plattform HBO. Nicht nur, da Fluchen und anschaulicher Geschlechtsverkehr erlaubt ist. Ein Network wie NBC oder ABC könnte nie ein Format gänzlich um das Thema Sex aufbauen, von Prostitution ganz zu schweigen. An Serien wie «Lipstick Jungle», die «Sex and the City» oder «Secret Diary of a Call Girl» gegenüber stehen, sieht man das deutlich. Wenn das Creator-Ehepaar Dmitry Lipkin (Serienschöpfer von «The Riches») und Colette Burson, das die Drehbücher der ersten fünf Episoden verfasste, es für eine solche Prämisse, wie «Hung» sie hat, auch etwas zu ruhig angehen lassen, kann an dieser Stelle nur eine klare Empfehlung für die Serie ausgesprochen werden. Bleibt nur zu hoffen, dass sich für Comedy Central der zu wünschende Erfolg einstellt. Das Potential hat «Hung» mit Sicherheit.

Comedy Central zeigt «Hung» ab Donnerstag, den 6. Mai, immer donnerstags um 23:05 Uhr.
05.05.2010 10:25 Uhr Kurz-URL: qmde.de/41757
Marco Croner

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Tags

Hung Comedy Central Thomas Jane Jane Adams

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