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Die Kritiker: «Dutschke»

Inhalt


Das deutsche Dokumentationsdrama thematisiert das Leben und Wirken des bekanntesten Wortführer der westdeutschen Studentenbewegung in den 60er-Jahren, dem marxistisch geprägten Soziologen Alfred Willi Rudi Dutschke. Der Spielfilm beginnt mit einem Ausschnitt einer Nachrichtensendung, die über das Attentat an den Studentenführer im Jahre 1968 berichtet. Es folgen Kommentare von Journalisten und ehemaligen Weggefährten, die einerseits auf das Geschehene zurückblicken, andererseits jedoch auch kritisch Stellung dazu nehmen. Nachdem ein Journalist die Aufgabe, einen Film über den Studentenführer zu drehen, aufgrund der Frage, wer Protagonist und wer Antagonist sei, als äußerst schwierig bezeichnet, beginnt die chronologische Aufarbeitung des Schaffens, angefangen im Jahre 1964.

Der damals 24-jährige Rudi Dutschke protestiert dort mit einer Gruppe von Mitgliedern der "Subversiven Aktion" gegen den Staatsbesuch des kongolesischen Diktators Moise Tschombe. Es wird schnell klar, dass der charismatische junge Mann eine führende Rolle in der Organisation innehat, denn er prescht deutlich gegen den aufkommenden Widerstand vor. Wenig später wird er in den Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) aufgenommen, der fortan zahlreiche Demonstrationen organisiert. Den immer wieder eingefügten Kommentaren der Off-Sprecher kann man schon dort entnehmen, dass er schon damals ein äußerst redegewandter, aber auch ernster Mensch war.

Nach der Ermordung des Berliner Studenten Benno Ohnesorg im Juni 1967 eskaliert die Situation zunehmend, da die Springer-Presse die Tatsachen verdreht und die Studenten, insbesondere Dutschke, als Sündenbock ausgemacht hat. Die Propaganda greift und nachdem es bereits einige persönliche Anfeindungen von Passanten gab, schießt ihn 1968 lebensgefährlich nieder. Nach einigen persönlichen Empfindungen von Freunden und Ehefrau Gretchen Dutschke zeigt der Film, wie der leicht verstörte Mann aus Angst nach Italien auswanderte. Der ehemalige Studentenführer ist fortan ein anderer Mensch, der ängstlich und zurückgezogen lebt und erst fünf Jahre später zu einer enttäuschenden Rede in Bonn wieder aktiv mitmischt.

Die letzten Jahre seines Lebens, das ohne große politische Relevanz verläuft, verbringt der gebürtige Schönefelder damit, die Gründung der Grünen voranzutreiben, bevor er an Heiligabend 1979 an einem epileptischen Anfall in seiner Badewanne ertrinkt.

Darsteller


Matthias Koeberlin («Lutter») ist Bernd Rabehl
Pasquale Aleardi («Im Spessart sind die Geister los») ist Gaston Salvatore
Christoph Bach («Prager Botschaft») ist Rudi Dutschke
Annic-Barbara Fenske («Königskinder») ist Uschi Jautzke
Marc Zwinz («Erntedank») ist Günther Ehre
Emily Cox («Rammbock») ist Gretchen Dutschke
Cornelia Dörr («Der Elefant – Mord verjährt nie») ist Kollegin Schmierer

Kritik


Das Zweite Deutsche Fernsehen lässt mit «Dutschke» eine Art der Dokumentation auf den Zuschauer los, die mit Sicherheit nicht jedem gefallen wird. Die Mischung aus Spielfilmelementen, Zeitzeugenberichten, kritischen Meinungen und Archivaufnahmen damaliger Fernsehformate und Zeitungsartikel kombiniert jedoch alle relevanten Informationen zum Leben des Studentenführers und vergisst dabei auch nicht, den Zuschauer gut zu unterhalten. Zwar ist der Anspruch dieser Dokumentation an den Zuschauer durchaus nicht gerade niedrig, aber wenn man sich auf die Machart des Formats einlässt, gewöhnt man sich auch relativ schnell daran, dass der "Spielfilm" immer wieder durch ergänzende oder aufklärende Einschübe verschiedener Menschen unterbrochen wird.

Ganz besonders gut gelungen ist hierbei insbesondere die Tatsache, dass mit Gretchen Dutschke, Gaston Salvatore, Peter Schneider und etlichen weiteren auch viele Menschen zu Wort kommen, die der Hauptfigur des Films damals sehr nahe standen und ihre Sicht der Dinge erklären können. Hätte bei einem gewöhnlichen Spielfilm immer wieder die Gefahr bestanden, dass Dinge zu einseitig oder gar falsch dargestellt werden, besteht so die direkte Möglichkeit der auftretenden Akteure, Stellung zum Gezeigten zu beziehen. Besonders interessant ist dieses Stilmittel vor allem dann, wenn sich die Kommentierenden nicht einig sind, was hier auch durchaus vorkommt. Des Weiteren spart man sich aufgrund dieser Vermischung von künstlerischer Darstellung und klarer Fakten weitere Dokumentationen, die ansonsten erst nach Spielfilmende zu relativ später Stunde gezeigt worden wäre.

Etwas zu kurz kommt infolgedessen natürlich der Spielfilm an sich, der zwar einen gelungenen fiktionalen Einblick in die Geschehnisse der damaligen Zeit gibt, jedoch so etwas wie Spannung nur selten erzeugen kann. Die Schauspieler sehen den realen Vorbildern erfreulich ähnlich, so richtig begeistern kann jedoch niemand. Vor allem Hauptdarsteller Christoph Bach wirkt als Rudi Dutschke relativ farblos, die Darstellung seiner Figur als sanfter Widerstandskämpfer ist etwas stereotyp. Generell ist jedoch auch dieser Teil gelungen und kommt ohne Effekthascherei aus, was allerdings aufgrund der engen Zusammenarbeit mit den Zeitzeugen ohnehin nicht möglich gewesen wäre.

Insgesamt erwartet den Zuschauer also eine sehr gelungene und glaubwürdige Biografie des deutschen Widerstandskämpfers Rudi Dutschke, bei der er einiges über die Geschehnisse der damaligen Zeit, aber auch Persönlicheres zu Dutschke und seinem Umfeld erfährt.

Das ZDF sendet «Dutschke» am Dienstag, den 27. April 2010, um 20:15 Uhr.
26.04.2010 10:12 Uhr Kurz-URL: qmde.de/41578
Manuel Nunez Sanchez

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Dutschke

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