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«Schlüter sieht's»: Sky fällt der Himmel auf den Kopf

Auch unter dem neuen Namen Sky funktioniert Premium-Pay-TV hierzulande nicht. Wo liegen die Fehler?

Am Freitag treffen sich Aktionäre und Vorstände der Sky Deutschland AG zur diesjährigen Hauptversammlung. Nach den erneut schwachen Quartalszahlen, welche die Pay-TV-Plattform im Februar vorlegte, werden langsam sowohl die Geduld der Aktionäre als auch die Geldreserven der AG knapp. Erstere haben das Wertpapier der Firma in den vergangenen Jahren als Geldverbrennungsfetzen kennen gelernt, denn nach der Ausgabe der Aktie im Jahr 2005 ging es stetig bergab – von über 20 Euro Ausgabekurs auf aktuell unter zwei Euro mit einem Wertverlust von über 90 Prozent. Kein Wunder, denn Sky – ehemals Premiere – schwimmt weiterhin in roten Zahlen, sodass wohl nur eine erneute Kapitalerhöhung den Konzern vorläufig retten kann. Dieser sollen die Aktionäre bei der kommenden Hauptversammlung zustimmen.

Erreicht werden soll die Kapitalerhöhung durch eine weitere Ausgabe von Aktien in den nächsten Jahren. Ob das Papier überhaupt attraktiv für Großaktionäre oder gar Kleinanleger ist, dürfte eine wichtige Frage sein. Beim Blick auf die Kursentwicklung und die Zukunftsaussichten dürfte es einem ergebnisorientierten Aktionär grausen. Die Sky Deutschland AG hat im letzten Geschäftsquartal 2009 einen Verlust vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen von 81,6 Millionen Euro gemacht, im gesamten Jahr 2009 waren es 676,5 Millionen Euro. Bei gleichzeitigem Umsatzrückgang erhöhten sich die negativen Zahlen gegenüber 2008 deutlich, denn dort standen noch 269,4 Millionen Euro Fehlbetrag zu Buche. Der riesige Verlustanstieg dürfte nur bedingt auf dem Relaunch von Premiere zu Sky zurückzuführen sein.

Auch beim Blick auf die Abonnentenzahlen hat sich der Sky-Relaunch nicht drastisch ausgezahlt: Netto kamen lediglich 39.000 im vierten Quartal dazu. Der Hoffnungsschimmer für Sky liegt auf der Kennzahl ARPU, die den durchschnittlichen Erlös pro Kunde angibt. Hier machte sich der Sky-Relaunch deutlich bezahlt, denn nach Werten von zuletzt 25,77 Euro stieg der ARPU auf 27,45 Euro. Zurückzuführen ist dieser Anstieg auf das teurere Sky-Programm, das im Gegensatz zu Premiere immer das 16,90 Euro teure Basisprogramm „Sky Welt“ voraussetzt, bevor beispielsweise die Fußball-Bundesliga oder das Film-Paket abonniert werden können.

Insofern ist es positiv bemerkenswert, dass Sky seine Abonnentenzahlen zumindest halten konnte, obwohl nach und nach die teils massiv vergünstigten Premiere-Abos auslaufen, wo beispielsweise in Aktionen die Fußball-Bundesliga und das andere Sportpaket mit internationalen Wettbewerben für 19,90 Euro ohne Zusatzkosten geordert werden konnten. Regelmäßige Rabatte wie das Studentenabo mit allen Paketen für 25 Euro oder das Journalistenabo wurden ausnahmslos gestrichen. Aktuell wird berichtet, dass alten Premiere-Kunden doch wieder vergünstigte Anschlussverträge angeboten werden, was zuvor nicht der Fall war. Hoffen wir, dass dies kein Indikator für eine schlechte Abonnentenentwicklung in jüngster Zeit ist.

Aber klar ist auch: Ohne Vergünstigungen und Aktionen wird es Sky in Deutschland schwer haben, eine große Anzahl potentieller Interessenten zum Abo zu bewegen. Das Pay-TV-Programm ist zu einer Premium- und Luxus-Marke geworden, das sich – im Gegensatz zu Premiere – nicht mehr alle leisten können. Gerade die deutlich verteuerte Fußball-Bundesliga, die nur zusammen mit Sky Welt abonnierbar ist und im Paket schließlich 32,90 Euro kostet, wird immer unattraktiver. Im Gegenzug werden die hiesigen Stadien immer voller, aufgrund teils günstiger Kartenpreise und dem besten Service aller Fußball-Ligen Europas. Eine Dauerkarte für 200 Euro beim Heimatverein kostet die Hälfte des Sky-Abos, das zur Bundesliga berechtigt.

Probleme machen auch zunehmend die illegalen Internet-Streams, bei denen die Fußball-Fans völlig kostenlos sogar auch deutsche Sky-Übertragungen problemlos empfangen können – da wird auch eine deutlich schlechtere Bildqualität als auf dem Fernseher in Kauf genommen. Geschätzt wird, dass an jedem Wochenende mehrere zehntausend User sich so kostenlosen Zugang zur Live-Bundesliga verschaffen. Sicherlich: Fußball ist hierzulande trotz des massiven Preisanstiegs mit Sky noch deutlich günstiger als in anderen westeuropäischen Ländern. Aber der neue Sky-Chef Brian Sullivan hat recht damit, dass Sky beispielsweise in Großbritannien viel weniger Free-TV-Konkurrenz hatte und deswegen so erfolgreich wurde. In Deutschland gab es schon in den 90ern 30 frei empfangbare Sender. Das also vergleichsweise günstige Fußball-Abo hat ohnehin keine Relevanz für die deutsche Kundschaft: Hier sieht der Kunde lediglich, dass Sky deutlich mehr verlangt als Premiere.

Immer attraktiver wird außerdem das anfangs müde belächelte Internet-Fernsehen der Telekom namens T-Home Entertain. Hier kann die Live-Bundesliga („Liga total“) ebenfalls für 15 Euro monatlich gebucht werden, zu einem obligatorischen Entertain-Anschluss, den es ab 45 Euro gibt. 60 Euro zahlt der Bundesliga-interessierte Kunde insgesamt für das Fernsehprogramm inklusive einer Telefon- und Internet-Flatrate und zahlreichen weiteren Services wie einem Serienarchiv. Ein für viele gutes Angebot, das eine immer größere Konkurrenz für Sky werden wird.

Negativ wirken sich für Sky auch die zunehmenden Lizenzkosten für die Bundesliga-Übertragungen aus, die jährlich steigen. Aktuell zahlt man noch 225 Millionen Euro, in der Saison 2012/2013 werden es 50 Millionen mehr sein. Zu schaffen machen auch die zahlreichen Abo-Pakete der Kabelnetzbetreiber, die meist deutlich günstiger sind und das gleiche oder mehr Programm bieten als Sky Welt. Noch ist die Premium-Marke Sky in Deutschland trotz der schlechtesten Finanzzahlen nicht verloren. Mit den neuen Spots und Werbefigur Moritz Bleibtreu, die das „beste Fersehen“ abseits des frei empfangbaren Verblödungs-TV garantieren, ist man auf einem richtigen Weg. Große Rabattaktionen, die noch über die aktuellen hinausgehen, sind von essentieller Notwendigkeit, um viele neue Kunden zu gewinnen und nicht nur ein paar tausend pro Quartal. Eines ist jedoch klar: Sky muss schnellstens rentabel werden, viel Zeit bleibt Sullivan & Co. nicht mehr. Erstmals schwarze Zahlen sind weiterhin für das nächste Jahr vorgesehen. Entweder hat es Sky bis dahin geschafft – oder das Premium-Pay-TV wird dann endgültig gescheitert sein.

Jan Schlüters Branchenkommentar beleuchtet das TV-Business von einer etwas anderen Seite und gibt neue Denkanstöße, um die Fernsehwelt ein wenig klarer zu sehen. Eine neue Ausgabe gibt es jeden Donnerstag nur auf Quotenmeter.de.
22.04.2010 00:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/41490
Jan Schlüter

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