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Die Kritiker: «Scheidung für Fortgeschrittene»

Inhalt:


Gedankliche Silberhochzeit, manifestierter Eheschmerz: Seit 25 Jahren sind Iris und Jörg Wiedemann nun verheiratet. Ein prachtvolles Haus und zwei Kinder bilden ihren ganzen Stolz, da sich die Liebe selbst verflüchtigt hat. Jörg hat bereits seit längerer Zeit eine Affäre mit seiner Kollegin Andy, der er verspricht, seine Frau schnellstmöglich zu verlassen. Als der untreue Gatte an Iris' Geburtstag vorgibt eine Geschäftsreise antreten zu müssen, um ein Wirklichkeit mit Andy einige Tage Urlaub zu verbringen, entschließt sich die Frau des Hauses zu handeln. Obwohl es ihrem Glaube nach wohl gegen die Wünsche und Überzeugungen ihrer Kinder und Eltern spricht, reicht sie die Scheidungspapiere ein.

Der Richter, der den Nachlass Jörgs' kürzlich verstorbener Tante verwaltet, erzählt ihr daraufhin von einer immensen Summe, die dem Paar zuteil wird, insofern es denn zusammen bleibt. Der Partner, der die Trennung in Auftrag gibt, verliert den Anspruch automatisch. Indem sie die Papiere zurückholt, vollführt eine Iris eine mutige Rolle rückwärts. Im Folgenden gedenkt sie Jörg zur Flucht zu zwingen und greift dafür auf schmutzige Tricks zurück. Doch dass eben dieser zurückschlägt, hat sie nicht erwartet.

Darsteller:


Mariele Millowitsch («girl friends») ist Iris Wiedemann
Walter Sittler («Nikola») ist Jörg Wiedemann
Sonsee Neu («Pastewka») ist Andy
Sascha Laura Soydan («Lutter») ist Sena
Tilo Prückner («Adelheid und ihre Mörder») ist Heinz
Ingrid Stein («SK Kölsch») ist Rose
Clara Gerst («Heimat») ist Jasmin Wiedemann

Kritik:


Dem Ehemann mit offenkundiger Affäre folgt die neue Lebenseinstellung der betrogenen Frau. Der neuen Lebenseinstellung folgt ein Ultimatum, das als Triebfeder der Geschichte dient. Dem Ultimatum folgt die einseitige Kampfhandlung seitens der betrogenen Ehefrau. Der Kampfhandlung folgt die Erkentnis des untreuen Mannes. Der Erkenntnis folgt der gepaarte Registerkrieg. Dem Registerkieg folgt das Happy End. Wer bisher nicht geringstenfalls einmal in den Genuss dieses altbekannten Schemas gekommen ist, darf sich glücklich schätzen. Von Anfang an nicht sonderlich interessant, hat es nach der mehrfachen Wiederholung bereits jegliches Motiv verloren und kann in dem ohnehin begrenzten Rahmen mit keinerlei innovativen Ideen aufwarten. «Scheidung für Fortgeschrittene» unterliegt zwar keiner negativen Entwicklung in dieser Hinsicht, hat überdies aber nichts zu bieten, was eine Empfehlung rechtfertigen könnte. In diesem Sinne kann der Film ohne schlechtes Gewissen verpasst werden.

Die achtbaren Seiten genießen den Vortritt: In erster Linie überzeugen die Darsteller, was es umso dramatischer macht, dass ihre Zeit mit der erwartungsgemäß schwachen Story verschwendet wird. Mariele Millowitsch und Walter Sittler kennen sich schließlich nicht erst seit gestern. 1995 feierte «girl friends – Freunschaft mit Herz» im ZDF Premiere, ein Jahr später folgte RTLs «Nikola». Beide Serien waren äußerst erfolgreich und endeten 2005, wobei das Ehepaar Schäfer erstgenannte Produktion bereits mit Episode 67 verließ. Es überrascht also nicht, dass die Ehe zwischen Iris und Jörg Wiedemann durchaus glaubhaft ist, das auseinander und erneute zueinander finden im Gegensatz zu etwaigen anderen Filmen mit derselben Prämisse, einsichtig angenommen werden kann. Neben den tadellosen Leistungen von Sascha Laura Soydan (In den Credits als Sascha Ö. Soydan geführt) als Iris' beste Freundin, Clara Geist und Merlin Rose in den Rollen des mehr oder minder verständnisvollen Nachwuchses, sticht vor allem Sonsee Neu heraus. Eine willkommene Abwechslung, wenn sich Neu nicht über Bastian Pastewkas Fernsehgewohnheiten ärgern muss, sondern in differenziertem Gewand erscheint. Als Jörgs Affäre Andy hat sie hinreichend Screentime, um den Zuschauer auf ihre Seite zu ziehen. Ferner ist auch der Soundtrack hervorragend zusammengestellt. Mit Songs der hierzulande weitesgehend unbekannten Künstler 'Johnossi' oder Matt Costa wurden einige Szenen tatsächlich in weiterem Maße bereichert.

Verfasst wurde «Scheidung für Fortgeschrittene» von Regine Bielefeldt, die sich in der Vergangenheit unter anderem für die Drehbücher zu «Delphinsommer» und dem Episodenfilm «be.angeled» verantwortlich zeichnete. Im Prinzip kann ihr lediglich der Vorwurf gemacht werden, sich diesem unergiebigen Storygerüst gewidmet zu haben. Es ist offensichtlich, dass man sich alle Mühe gab, doch Konzepte wie das geteilte Haus oder das Manipulieren des Farblesers eines Farbenblinden zünden schlicht und einfach nicht. Regie führte Josh Broeckner («Die Braut von der Tankstelle», «Ein Millionär zum Frühstück»), der ebenso wie Kamermann Clemesn Messow («Das Papst-Attentat»; «Gangs») routiniert gute Arbeit lieferte. An der Iszenierung selbst lässt sich kaum etwas aussetzen, es handelt sich eben ruhige Abfolgen für einen potentiell amüsanten, ruhigen Montagabend.

Das 'für Fortgeschrittene' im Titel bleibt genau das: Teil eines Titels; nicht mehr und nicht weniger. Insofern man eine Story wie diese nicht in «Mr. & Mr. Smith»-Manier aufziehen möchte, bleiben nur die Ausweichmöglichkeiten der makaberen und familienfreundlichen Version. «Scheidung für Fortgeschrittene» ist selbstverständlich letztere, hat auch an sich keinerlei Defizite aufzuweißen, verleitet aber auch nicht zum Einschalten. Außer man hat mit Millowitsch und Sittler noch nicht gänzlich abgeschlossen und möchte sie ein weiteres Mal auseinander driften sowie zusammenkommen sehen.

Das ZDF zeigt «Scheidung für Fortgeschrittene» am Montag, den 6. April 2010, um 20:15 Uhr.
04.04.2010 13:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/41138
Marco Croner

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Scheidung für Fortgeschrittene

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