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Hingeschaut: «Dr. House» (Staffel 5)

Mit dem Ende der fünften Staffel musste Dr. Gregory House den Weg in eine psychiatrische Anstalt antreten. Das Staffelfinale greift wichtige Themen auf.

Das Staffelfinale bei «Dr. House» stand an. Mittlerweile ging auch die fünfte Staffel zu Ende. Vor allem die Fans der US-Serie wissen, dass ein Staffelfinale auch gleichbedeutend mit einer herausragenden Episode des beliebten Arzt-Dramas einher geht. Auch in der fünften Staffel ließ «Dr. House» die Erwartungen in nichts nachstehen. Schon in der vorherigen vierten Runde war ein fulminantes Finale mit gleich zwei großartigen Ausnahme-Episoden garantiert. Diesmal reichte eine einzige Folge von «Dr. House» um seinen Zuschauer Geschmack auf die weiteren brandneuen Folgen, die zu Beginn von Staffel 6 diesmal mit einer zweitteiligen Episode starten, zu machen. Ein Finale war es auch insofern, dass wie am Ende eines Theaters alle Beteiligten noch mal auf die Bühne durften. Denn die Dramaturgie war ähnlich: Es gab ein Wiedersehen mit allen wichtigen Charakteren der fünften Staffel – und das trotzdem, dass zwei der Figuren um den launischen Arzt bereits gestorben sind. Daher umso verblüffend, wie die Autoren und Produzenten der Serie dieses Meisterwerk vollbracht haben. Das Staffelfinale bei «Dr. House» war aber nicht nur ein Sinnbild der gesamten fünften Staffel in sich, sondern auch eine Symbiose aus Trauer und Schmerz auf der einen Seite sowie Freude und Glück auf der anderen Seite.

Die wichtigen Themen entlang der Haupthandlung in der fünften Staffel - sie wurden alle noch mal aufgegriffen. Von der Bewältigung der Trauer auf Seiten Houses besten Freund Wilson über den Verlust seiner Freundin Amber, die am Ende der vierten Staffel bei einem Busunglück stirbt, sowie auf Seiten von House und seinem Team selbst über den Selbstmord des Dr. Kutner während der zu Ende gegangenen Staffel bis hin zu einer im Raum stehenden möglichen Romanze zwischen dem von Hugh Laurie gespielten Gregory House und dessen Krankenhausleiterin Dr. Lisa Cuddy. Diese Themen ziehen sich wie ein roter Faden durch verschiedene Phasen der fünften Staffel und prägen diese, so dass es nur sinngemäß erscheint, dass sie im Staffelfinale wieder aufgegriffen werden. Auf jenes arbeitet die gerne auch als „Dramedy“ eingeordnete US-Serie bereits seit ein paar Episoden vorher schrittweise drauf hin. Dabei rückt der Fokus auf das Genre des Dramas, an deren Ende für die Hauptfigur Greg House mit der letzten Folge eine Tragödie steht: Der mürrische Doktor wird in einem psychiatrische Klinik als Patient eingewiesen, wohin er auf eigenen Wunsch von Freund Wilson gebracht wird. Denn die Halluzinationen, die er in Form der Erscheinung der verstorbenen Ex-Freundin von Wilson und seiner ehemaligen Team-Mitarbeiterin Amber schon einige Wochen erlebt, nehmen endgültig Ausmaße an, die Schein und Realität derart vermischen, dass House normale Abläufe völlig irrational aufnimmt sowie in Teilen das Gespür für die Realität vermissen lässt.

So glaubt House mit Cuddy geschlafen zu haben, dabei stellt sich am Ende heraus, dass dies wie auch andere Vorgänge, die unmittelbar mit seinem aktuellen Fall einem jungen Mann, dessen linke Hand offenbar ein unkontrollierbares Eigenleben führt, verbunden sind, bloß eine Einbildung sowie eine Folge seiner psychischen Probleme waren. Da auch seine Urteilfähigkeit als herausragender Diagnostiker der Klinik in Gefahr ist, begeben House und Wilson sich am Ende der Episode zur psychiatrischen Anstalt, hinter deren Tür der Zuschauer House in den letzten Sekunden verschwinden sieht, während in der Schnittfolge auch eine fröhliche Hochzeitsgesellschaft zu sehen ist. Denn nach langem Hin und Her geben die beiden Ärzte Chase und Cameron, die bis zum Ende der dritten Staffel dem Team von «Dr. House» angehörten, aber in der Serie immer wieder noch von Bedeutung sind, sich das Ja-Wort. Doch war deren Entschluss dazu ebenso mit einem ähnlichen Spießroutenlauf verbunden wie der lange Weg von House bis zur Selbsterkenntnis seines erbärmlichen seelischen Zustands.

Letzterer hat wiederum seine Ursache im Selbstmord von Dr. Kutner, für den der sonst alles und jeden durchschauende Arzt Gregory House keine Zeichen erkannt hat. Der Tod seines Mitarbeiters gibt ihm Rätsel auf, die er – anders als sonst in seinem Fällen – nicht mehr lösen, mit der Verarbeitung dessen tut sich die Hauptfigur der Serie schwer und tagelanger Schlafentzug bringen erstmal Halluzinationen hervor, als er in seinem Dienstzimmer plötzlich meint die verstorbene Amber zu sehen. Die begleitet ihn – natürlich unsichtbar für alle anderen Beteiligten – in den weiteren Folgen, ehe House erkennt, dass sie nur in seinem Unterbewusstsein existiert und dazu sogar gefährlich für sein Umfeld ist. Neben ausgiebigem Tiefschlaf oder einem Insulin-Schock greift House also auf probate Mittel, um die Halluzination Amber loszuwerden. Zunächst mit Erfolg, doch der Schein trügt. Plötzlich sieht er sie wieder vor sich, verliert danach völlig den Verstand.

Daher findet die Hälfte der letzten Episode der fünften Staffel nur in der Wahrnehmung von House statt und die Handlung ist der Realität in der Serie sehr fern. Diese Erkenntnis wird in der sehr guten Schlusssequenz, die in Sachen Kameraschnitt und Dramaturgie Bestnoten erhalten muss, auch Protagonist House bewusst, dem Amber wieder etwas ins Ohr flüstert (hervorragende Kameraeinstellung) und er auch Dr. Kutner vor sich stehen sieht (eine dramaturgisch geniale Wendung). Auch die Erkenntnis, dass die vermeintliche Liaison mit Dr. Cuddy nur Imagination war, erschüttert Dr. House. Und hier schließt sich der Kreis. Denn begonnen hat die fünfte Staffel bekanntlich mit Wilsons Resignation nach dem Tod vom Amber, dessen Bruch mit House bis dieser seinen Freund später zurück gewinnen kann. Die unterschiedliche Verarbeitung von Ambers Tod durch House und Wilsons sowie des Teams sind ebenso von Bedeutung. Für House wird dieser Aspekt in seiner unterbewussten Wahrnehmung wie beschreiben abermals relevant. Ein weiterer wichtiger Knackpunkt innerhalb der fünften Staffel von «Dr. House» ist schließlich der Selbstmord von Dr. Kutner, der so unerwartet kommt und unerklärlich scheint. Er wird zum Auslöser der Halluzinationen und der Selbstzweifel an der eigenen Urteilsfähigkeit von House, was vor allem in den letzten Folgen zum Tragen kommt. Stein des Anstoßes ist schließlich das Verhältnis zu Cuddy, was in der fünften Staffel auch mehrfach angeschnitten wird, doch eine Entwicklung in eine bestimmte Richtung zeichnete sich nicht ab. Vielmehr spielten die Autoren mit kleineren Flirts und wagen Andeutungen mit diesem Detail. Letztlich offenbart sich eine gewünschte Beziehung zu Cuddy in den Halluzinationen von Dr. House.

In dem beachtenswerten Staffelfinale kommen all diese Faktoren zum Tragen und können als perfekte Reflexion auf die gesamte Staffel betrachtet werden. Denn sinnbildlich rekapituliert auch House diese während der Staffel wichtig gewordenen Themen in seinem Unterbewusstsein. Die Tragik mit der Dr. House die Erkenntnis der eigenen psychischen Probleme kommt und die Schnittfolge zu der Hochzeit von Chase und Cameron bilden ein Widerspiel, das man von einer Serie wie «Dr. House» gewohnt ist. Bestürzung auf der einen Seite, Glücksmomente auf der anderen Seite – unterschiedlicher kann eine Episode nicht zu Ende gehen. Fans der Serie können indes aufatmen: Die offen gebliebenen Fragen werden bald geklärt, denn mit der sechsten Staffel geht es bei RTL schon in der nächste Woche weiter. Dann wird House in der psychiatrischen Anstalt gezeigt und sein Hauptproblem thematisiert: Das Vicodin – denn auch von dem bildete sich House ein losgekommen zu sein, doch war der übermäßige Konsum dieses Schmerzmittel ein Grund für die Einbildungen, anschaulich symbolisiert durch die Verwechslung der Pillen-Dose mit einem Lippenstift von Cuddy. Offen bleibt übrigens auch die Frage, ob diese Story-Entwicklung von «Dr. House» in Verbindung mit den eher rückläufigen Einschaltquoten steht. Denn trotz guter Werte, an die 30-Prozent-Marke kam man nicht mehr heran. Womöglich mag es durchaus daran liegen, dass die gut recherchierten Fälle in den letzten Episoden aufgrund der Haupthandlung um Dr. House selbst ungewollt in den Hintergrund gerückt sind und dadurch die Zusammenhänge nicht mehr so leicht durchschaubar sind, hat man eine Folge verpasst. Doch das wird erstmal so bleiben. Doch «Dr. House» verliert dadurch nicht an Qualität. Tiefgreifende Episoden sind erstmal garantiert – auch wenn sie sich hauptsächlich nur um den mürrischen Doktor drehen werden.
31.03.2010 12:04 Uhr Kurz-URL: qmde.de/41082
Jürgen Kirsch

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Dr. House

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