Unser Kolumnist macht sich Gedanken über den Late Night-Talker des Ersten Deutschen Fernsehens.
Seit sechs Monaten ist Harald Schmidt nun mit seiner gleichnamigen Sendung wieder im Ersten zu sehen. Nach der zweijährigen Zwangsehe mit Oliver Pocher waren Hoffnung und Erwartungen groß, dass Dirty Harry wieder zurück zu alter Stärke findet. Mit einem Team von jungen Talenten wollte Harald ein neues Konzept für seine Show aufbauen. Ging die Strategie auf?
Gleich zu Beginn im Stand-Up-Teil der Show merkt man, dass sich Schmidt von der Pocher-Phase bewusst verabschiedet hat, denn die Themen kreisen nicht mehr um Podolski, Barth und Becker. Fortan gibt der Late-Night-Host wieder seine gewohnt bissigen Kommentare zu gesellschaftspolitischen Streitthemen ab, wie etwa zur aktuell in die Kritik geratenen katholischen Kirche. Er nimmt dabei kein Blatt vor den Mund und es ist ihm anzumerken, dass er mit viel Spaß bei der Sache ist. Das ist der Schmidt, den wir kennen und lieben.
Kommen wir zum nächsten Punkt der Show: Nach Pochers Abgang sitzt Harald wieder allein am Schreibtisch. Es gibt keinen Andrack und keine Madame Nathalie mehr. Selbst Helmut Zerlett wird kaum noch in die Show miteinbezogen. Stattdessen überbrückt Harald die Zeit bis zu seinem Gast der Woche mit zahlreichen TV-Ausschnitten und Einspielern von seinem Team rund um Katrin Bauerfeind, Jan Böhmermann & Co. Leider sind diese zumeist langatmig und nur mäßig amüsant. Die kleinen Filmchen wirken wie Erzeugnisse von Praktikanten, die noch in der Lernphase sind. Darüberhinaus handelt es sich dabei oft um oberflächlichen Holzhammer-Humor, die im Kontrast zu Schmidts feinen, subtilen Spitzen stehen und somit nicht so recht in die Sendung passen. Auch die Schnipsel aus dem TV sind überwiegend überflüssig und nervig. Ein gähnender Politiker oder ein plötzlich klingelndes Handy im Bundestag war zu «Wochenshow»-Zeiten noch witzig, aber heutzutage wirkt das altbacken und liegt unter dem Niveau einer Harald Schmidt Show. Die Sendung wirkt durchgeplant bis ins letzte Detail und man vermisst kläglich einen Sidekick, mit dem Harald einen improvisierten Smalltalk über Gott und die Welt führen kann. Offenbar traut man keinem aus Schmidts neuem Team diese anspruchsvolle Aufgabe zu, und der Kontakt zu Manuel Andrack ist allem Anschein nach nicht mehr der beste.
Zum Schluss der Show begrüßt Harald wie gewohnt einen Talkgast. Überraschenderweise und im Gegensatz zu früheren Sat.1-Shows ist dies oft der unterhaltsamste Teil der Sendung. Aufgrund der Tatsache, dass die Show nur noch einmal pro Woche läuft, kann sich Harald seine Gäste selbst aussuchen und lädt sich demnach nur noch gute Freunde oder Leute ein, die er wertschätzt. Überwiegend handelt es sich dabei um Menschen aus Kultur, Politik und Theater. Im Gespräch mit ihnen wird das straffe Konzept der Sendung gelockert und Schmidt kann durch spontane Gags und Seitenhiebe brillieren.
Die 'neue' «Harald Schmidt»-Show im Ersten enthält Stärken und Schwächen. Der Stand-Up und der Gästetalk sind meistens sehenswert, aber am Mittelteil der Sendung muss unbedingt noch gefeilt werden. Schmidt hat mehr drauf und sollte nicht zu einem bloßen Ansager verschiedener Einspielfilmchen verkommen. Etwas mehr Abwechslung und ein flexibleres Showkonzept, das Freiräume für Improvisation lässt, täten der Sendung gut. Man könnte hin und wieder Studioaktionen mit dem gesamten Team starten, oder auch das Publikum in die Show miteinbeziehen, wie man es in der Vergangenheit oftmals erfolgreich gemacht hat. Und vielleicht überlegt es sich Harald doch noch einmal und lässt das Telefon bei einem gewissen Wanderpapst anklingeln...