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«Kirschs Blüten»: Comedy in der Krise?

Die alteingesessenen Komiker haben sich ein wenig rar gemacht. Einige junge Talente mit Potenzial wachsen aber in Talentschmieden.

Aschermittwoch, vorbei die Zeit des Trubels, der Freude und der Heiterkeit. Es wurde geschunkelt, getanzt aber auch gelacht. Die Närrinnen und Narren haben ihr karnevalistisches Regiment inzwischen an die Politik abgegeben und auch vom Fernsehschirm sind sie verschwunden. Doch gibt es jetzt wieder weniger zu Lachen? In der Tat machte es in den letzten Wochen den Anschein als würden die Sender nicht mehr allzu sehr auf Comedy setzen. Nur noch bewährte Formate laufen. Nur selten wie bei «Stromberg» und «Pastewka» wird viel Wert auf Qualität statt Quote gelegt. Belohnt wurde man für den langen Atem schließlich doch noch. Beide qualitativ hochwertigen Serien konnten erst mit der vierten Staffel Einschaltquoten erzielen, die ihre Sender glücklich gemacht haben. Doch sind beide Beispiele auch zwei der wenigen Sendungen, die die Lachmuskeln ordentlich trainieren – zumindest was Comedy made in Germany angeht. Denn nur die US-Sitcoms auf kabel eins oder andere Comedy-Serien aus dem amerikanischen Raum punkten regelmäßig. Steckt die deutsche Comedy also in der Krise?

Sie hat sich zumindest rar gemacht, denn die Sketch-Comdeys laufen nur bedingt – schon gar nicht an einem Freitagabend -, gute Serien sind wie bereits beschrieben eher Mangelwaren, die deutsche Sitcom ist eher spärlich in den TV-Programmen zu finden und die Late-Night in Deutschland erblasste ohnehin seit einigen Jahren. Es waren nämlich jene glorreichen Zeiten eines Harald Schmidt, der mit Zynismus und den perfekten Pointen jede Woche aufs Neue zu begeistern wusste. Der Altmeister hat sich – wenn auch richtigerweise – auf eine Nische gestürzt und spult nur noch sein Repertoire ab, jede Woche. Genauso wie die damals noch freche und leicht anarchisch daher kommende Comedyshow «TV total», hat auch die «Harald Schmidt Show» - heute nur noch kurz «Harald Schmidt» - erheblich an Glanz verloren. Die Luft scheint ein wenig raus. Da auch die Sktech-Comedys am Freitagabend bei Sat.1 reihenweise flotten, erfanden sich die Komiker mit Impro-Comedy wie der «Schillerstraße» oder «Frei Schnauze XXL» quasi neu. Die Spontaneität des Witzes, die unvorhersehbaren Situationen und auch die schlagfertige Art der Protagonisten hatten Interesse geweckt. Mittlerweile ist auch die Begeisterung hier wieder verpufft. An die Zahlen von ihren Anfängen kommt die «Schillerstraße» beispielsweise nicht mehr heran. Obwohl man inhaltlich nur minimal einen Schritt rückwärts gemacht hat. Cordula Stratmann wurde durch Jürgen Vogel abgelöst. Dieser versucht es schon in der zweiten Staffel mit einer Riege aus frischen Comedy-Talenten. Das gefällt, denn so erhalten unbedarfte Künstler ihre Plattform, um sich zu profilieren.

Doch nicht nur hier dürfen sie auf die Bühne, auch bei «TV total» wird Newcomer die Möglichkeit des Auftritts geboten, beim «Quatsch Comedy Club» ist sowieso eine Talentschmiede zu finden und der neue «Fun Club» von RTL II mischt jetzt auch mit. Ingo Appelt sucht junge Comedy-Talente, die beim Münchner Sender eine große Chance erhalten. Und die Quote ist nicht mal schlecht. Man merkt: Interesse ist da. Potenzial auch. Und was machen die alten Hasen? Die sind eher in die Jahre gekommen. Atze Schröder und Helge Schneider wurden von Marcel Reich-Ranicki verwechselt, vermutlich weil beide etwas träge geworden sind, ohne jemandem zu Nahe treten zu wollen. Otto Waalkes macht noch immer sein Bühnenprogramm von vor zwanzig Jahren und auch Michael Mittermaier läuft in der Wiederholungsschleife. «Raab in Gefahr» gibt es nur noch mit Elton. Natürlich muss man dazu sagen, dass Otto zu neuen Kinohits beiträgt («7 Zwerge»), Mittermaier auch neue Live-Programme schreibt und Atze Schröder von Helge Schneider leicht zu unterscheiden ist, wenn man genau hinsieht. Auch Stefan Raab lässt sich heute mehr an seinen Event-Kreationen messen.

Doch was ich damit sagen will: Die deutsche Comedy ist noch zu retten. Aber nur dann, wenn die alten Hasen dem frischen Nachwuchs ein wenig Platz einräumen. Da sind auch die Sender gefragt: Habt den Mut, den ihr damals hatte, als die heutigen Comedy-Größen etabliert wurden und mit ihnen an neuen Konzepten gearbeitet wurde! Wer weiß, vielleicht sind sie die Stars von morgen. Daher ist zu einer Fortsetzung von «Elton vs. Simon» nur zu raten, des Weiteren sind auch weitere Formate wie «Granaten wie wir» mit dem besten Parodisten Max Giermann ausbaufähig. In den unterschiedlichen Talentschmieden ist genug Potenzial um mal eine gute Sketch-Comedy an den Start zu bringen. Mit dem «Lehrer» hatte RTL ja leider zu wenig Geduld. Oder vielleicht doch eine neuwertige Sitcom? Zur Not gerne auch ein Format wie «Stromberg», denn dem hat man schließlich auch mehr Zeit gegeben als beispielsweise «Der kleine Mann». Kurzum: Es müssen auch neue Wege eingeschlagen werden, um deutsche Comedy-Formate wieder Salonfähig zu machen. Natürlich gehört auch Mut zum Risiko dazu. Aber ohne dieses stünden Raab, Schmidt & Co. auch nicht dort, wo sie jetzt stehen.

«Kirschs Blüten» gehen auch nächste Woche wieder auf - Dienstags nur bei Quotenmeter.de!
23.02.2010 00:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/40357
Jürgen Kirsch

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Kirschs Blüten

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