Endzeit-Action: Denzel Washington und Gary Oldman kämpfen nach dem Untergang der Zivilisation um das letzte verbliebene Exemplar eines besonderen Buches.
Dreißig Jahre nach „dem Blitz“: Die Menschheit ist dezimiert, die Erde eine wüste Einöde. Zivilisiertes Verhalten gehört der Vergangenheit an, stattdessen stehen Überfälle, Mord und Vergewaltigung an der Tagesordnung, manche Menschen schrecken selbst vor Kannibalismus nicht mehr zurück. Der Einzelgänger Eli (Denzel Washington) kämpft sich wortkarg und mit allerlei Geschick quer durch die Vereinigten Staaten von Amerika, um das letzte verbliebene Exemplar eines ganz besonderen Buches in den Westen zu bringen. Dies sei seine Bestimmung, von der er sich von nichts und niemandem abbringen lassen will. Weder von den bereits genannten Fallstricken einer postapokalyptischen Welt, noch vom Kleinstadtdespoten Carnegie (Gary Oldman), der in den Besitz des Buchs gelangen möchte, um seine Macht ausweiten zu können. Jedoch ist Carnegie um einiges hartnäckiger, als die ganzen Wüstenbanden, mit denen es der nahezu unbesiegbare Eli zuvor zu tun hatte, und so entbrennt ein gnadenloser Kampf um Elis ominöses Buch.
Die Brüder Albert und Allen Hughes, deren letzter Film «From Hell» bereits neun Jahre her ist, sind eigentlich perfekt für ein gelungenes Revival des Endzeitthrillers geeignet, schließlich bewiesen sie 1995 mit dem Gewaltdrama «Dead Presidents», wie kompromisslos sie vorgehen können. In «The Book of Eli» lassen die Hughes-Brüder diese härtere Gangart allerdings ebenso vermissen, wie ihr instinktives Handgeschick für die Vereinigung von Handlung und Form. An Stelle dessen tritt ein vollkommen uninspirierter und überzogener Einsatz von inkonsistenten Farbfiltern (erst sieht man die Wüste in graublau, wenige Sekunden später ist alles graubraun, obwohl die Hughes-Brüder weiterhin die selbe Szene zeigen), was in Kombination mit einigen der schlechtesten Greenscreen-Effekten der letzten Jahre besonders lächerlich wirkt. Die so umgesetzte Weltuntergangskulisse ist geradezu altbacken.
Selbstverständlich sind die Möglichkeiten der visuellen Umsetzung genrebedingt etwas eng gesteckt, allerdings hätte man den Hughes-Brüdern mehr zugetraut, als das mit stechenden Kameraaufnahmen eingefangene, altbackene und trockene Wüstenszenario. Die Wüstenbilder wurden nicht einmal originell eingefangen, was nach der einfallsreichen Visualisierung des viktorianischen Londons in «From Hell» zu den Mindesterwartungen an «The Book of Eli» gehörte. Dies wäre zu verschmerzen, hielte das Drehbuch von Gary Whitta nicht eine abstruse Mischung aus meilenweit vorhersagbaren (welches Buch könnte Eli wohl durch die USA schleppen?) und himmelschreiender Plottwists parat.
Was den Film über (das kaum vorhandene) Wasser hält, ist der allseits bekannte Charme von Denzel Washington. Der für «Training Day» und «Glory» mit dem Academy Award prämierte Schauspieler verschafft seiner flachen Rolle zumindest einige tiefer gehende Ansätze und kann so das Interesse am weiteren Handlungsverlauf aufrecht erhalten. Ohne Washington in der Hauptrolle, wäre dem Zuschauer das Schicksal des predigenden Kämpferasses auf Mission schnell völlig egal. Sogar Gary Oldman («The Dark Knight», «Léon – Der Profi») kann nur wenig zur Handlungsdynamik beisteuern, schließlich beschränkt sich seine Rolle auf psychopatische Blicke und aggressives Schreien. Mila Kunis («Die wilden Siebziger», «Nie wieder Sex mit der Ex») bringt dem Film in ihrer Rolle als Elis ungewünschte Weggefährtin auch nur unwesentlich mehr als ein bisschen unschuldige Naivität und große, Elis Kampfkünste und philosophische Zitate bestaunende Augen.
Vergleichsweise gut gelungen ist der Mittelteil, der mit Denzel Washington als Fremden in der Stadt wie ein Endzeit-Western anmutet. Hier wechseln sich die gut inszenierten, kurz gehaltenen Scharmützel mit spannenden Dialogen ab, und die zum Ende hin immer moralinsaureren und religiös-übereifrigen Töne des Films sind zu diesem Zeitpunkt noch nicht mehr als mythische Untertöne. Spätestens im dritten Akt dürften sich diese jedoch so weit aufgespielt haben, dass dahingehend empfindlichere Zuschauer scharenweise aus dem Kino getrieben werden. Viel verpassen diese Kinobesucher nicht. Nach der letzten Kampfsequenz plätschert der Film minutenlang vor sich hin und seine Geschichte wird mühevoll zu Ende erzählt. Es wirkt wie ein endloses Postskriptum aus der Feder eines verworrenen Briefschreibers, der längst seinen ursprünglichen Betreff vergaß und alles niederschreibt, was ihm gerade durch den Kopf schießt, bis ihm irgendwann das Papier ausgeht.
Fazit: Zieht man die stark inszenierten Kampfsequenzen und Hauptdarsteller Denzel Washington ab, hinterlässt «The Book of Eli» aufgewärmte Impressionen der postapokalyptischen Menschheit, eine bigotte und unzufrieden stellende Geschichte sowie enttäuschte Anhänger der Gebrüder Hughes. Denn nach neun Jahren Abstinenz haben deren Verehrer mehr als dieses laue Lüftchen mit Holzhammermetaphorik verdient.
«The Book of Eli» ist seit dem 18. Februar in vielen deutschen Kinos zu sehen