Zwischen «Deutschland sucht den Superstar» und «Unser Star für Oslo» gibt es auch gewisse Parallelen, stellt Jürgen Kirsch fest.
Genau 15 Kandidaten sind es, die am vergangenen Samstag bei «Deutschland sucht den Superstar» angetreten sind, fünf davon wurden von den Zuschauern raus gewählt. Moment. Diesen Modus, dass sich gleich fünf Kandidaten wieder verabschieden, kennen wir doch! Richtig, bei «Unser Star für Oslo» - kurz «USFO» - schieden in den bisher ausgestrahlten zwei Live-Shows auch jeweils immer fünf Kandidaten direkt aus dem Wettbewerb aus. In beiden Castingshows sind also jetzt nur noch zehn Kandidaten übrig und es geht jeweils in die entscheidende Phase. Doch zwischen «DSDS» und «USFO» gibt es noch weitaus mehr Parallelen als man denkt. Zwei Kandidaten stachen in beiden Shows nämlich jeweils hervor. In der ersten Sendung «Unser Star für Oslo» war es die junge Lena Meyer-Landrut, die mit dem eher unbekannten Song „My Same“ auftrumpfe. Leon Taylor überzeugte in der zweiten Ausgabe des ProSieben-Formats mit dem deutschen Titel „Der Weg“ von Herbert Grönemeyer. Zwei Gesangstalente mit aussichtsreichen Chancen auf das Ticket zum Eurovision Songcontest in Norwegen. Dem stehen die «DSDS»-Kandidaten Menowin Fröhlich und Mehrzad Marashi aber in nichts nach. Sie sangen am vergangenen Samstag bei der ersten Live-Show der siebten Staffel so gut, dass sie auch bei Stefan Raabs Suche nach dem Kandidat für die europäische Musikbühne nicht chancenlos wären.
Das gehobene Musik-Niveau attestierte ihnen auch die «DSDS»-Jury. Womöglich würden sie auch der „Kritik auf hohem Niveau“ der Juroren um Stefan Raab standhalten. Die feinen Unterschiede zwischen beiden Castingshows werden aber – wenn man von der Qualität der sonstigen Kandidaten einmal absieht – spätestens dann deutlich, wenn man genauer hinschaut. Während die eine Sendung ein klares Ziel hat (nämlich einen guten Platz beim europäischen Contest), eigentlich keine Castingshow sein will (Raab bemüht sich um die Durchsetzung der Bezeichnung „Talentwettbewerb") und die Messlatte der musikalischen Darbietungen sehr hoch legt, ist die andere auf Unterhaltung getrimmt, hat klare Richtlinien wie auch Vorgaben und sucht am Ende nur des Entertainment wegen einen weiteren „Superstar“. So hätten Menowin Fröhlich und Mehrzad Marashi - frisch aus dem Knast auf die Bühne - bei «Unser Star für Oslo» Rappen dürfen, was und wie sie wollen. Das können sie wirklich gut. In der RTL-Castingshow waren sie auf eine von der Redaktion zusammengestellte Titelauswahl beschränkt. Vermutlich wurde ihnen auch noch die Garderobe zurecht gelegt und vielleicht sogar zu der einen oder anderen Geste auf der Bühne geraten. Ihre eigene musikalische Kreativität wie auch der Freiraum bei der Performance wären ihnen bei «Unser Star für Oslo» eingeräumt worden - das betonen die Macher immer wieder. Letztlich zählt aber das, was zu Hören und zu Sehen ist. Und das war wettbewerbsfähig. Man muss wohl nicht erwähnen, dass die «USFO»-Kandidaten Leon & Lena auch vor Dieter Bohlen und seinen Jurymitgliedern nicht blass ausgesehen hätten.
Aber wo kommen diese guten Sängerinnen und Sänger eigentlich her, die Stefan Raab uns jeden Dienstag vorsetzt? Und warum stellen sie mit ihrer hohen musikalischen Qualität die bisherigen «DSDS»-Sieger ins Abseits? Wer genauer hinschaut erkennt, einige Zusammenhänge, die hier und da verschwiegen werden oder plump nicht erwähnt werden. In Zeiten von Fernsehen im Internetzeitalter ist das nicht schwer. Bei «Unser Star für Oslo» wird ein wenig „getrickst“ – wenn man das überhaupt so nennen möchte. Denn natürlich ist Stefan Raab ein alter Hase auf seinem Gebiet und kennt sich im Show- und Musikgeschäft bestens aus, hat zudem seine guten Kontakte. So ist es kein Skandal, dass Leon Taylor der Sohn von Ken Taylor ist, welcher zugleich als Bassist der Band von Juror Peter Maffay angehört. Der Nachwuchs-Sänger hat sogar eine eigene Künstler-Webseite. Die Kandidatinnen Sharyhan Osman und Jennifer Braun haben bereits eine Vergangenheit mit «DSDS», sind dort aber ausgeschieden. Bei «Unser Star für Oslo» kamen sie letzte Woche weiter.
Somit ist man wieder bei der Thematik der Parallelen und Unterschiede zwischen «Deutschland sucht den Superstar» und «Unser Star für Oslo» angelangt. Beide Formate tun sich im Prinzip nichts. Die unterschiedliche Aufmachung, Ausrichtung und Dramaturgie bei der Vorstellung der Kandidaten sind die größten Gegensätze. Während bei «DSDS» zum Beispiel gerne mal auch auf die mangelnden Englischkenntnisse seiner Kandidaten eingegangen wird, zeigt man bei «USFO» nur die musikalischen Schwerpunkte, verschweigt dabei einige Details, was aber nicht mit unter den Teppich kehren gleichzusetzen ist. RTL setzt den Schwerpunkt auch auf die Unterhaltung, sorgt für hausgemachte Skandale, die die Quote beflügeln, und lädt zum Belustigen ein, indem verrückte Kandidaten zurecht vorgeführt werden. Letzteren Teil hat Raab geschickt in sein Comedy-Format «TV total» verfrachtet. Gut so, denn die Musik-Qualität rückt so in den Fokus - man hat ja auch ein ernstgemeintes, ambitioniertes Vorhaben. Trotz der marginalen Unterschiede in Sachen musikalische Qualität bei bestimmten Kandidaten und einiger nun aufgedeckten Gemeinsamkeiten bleiben beide Castingshows doch überwiegend verschieden. Und mal ehrlich, wer möchte schon zwei komplett gleiche Show-Formate? Der Zuschauer freut sich über musikalische Vielfalt.
«Kirschs Blüten» gehen auch nächste Woche wieder auf - Dienstags nur bei Quotenmeter.de!