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«Schlüter sieht's»: Charlie und die Cops

Charlie Sheen lebt sein Leben ähnlich wie seine Sitcom-Figur. Ist dies für die Quoten ein Vorteil?

Charlie Harper ist in der Sitcom «Two and a Half Men» ein frauenverschleißender, alkoholabhängiger Macho und Chauvinist. Sein Darsteller, Charlie Sheen, ist in diesen Tagen nicht viel anders. Vor Weihnachten hat er seine Ehefrau laut Medienberichten mit einem Messer bedroht, wurde daraufhin in U-Haft gebracht und gegen Kaution wieder freigelassen. Sheen soll stark alkoholisiert gewesen sein und hat seiner Frau angeblich ein „Schweigegeld“ gezahlt, damit sie die Story nicht vor den Medien erzählt.

Sheen hat eine Drogenkarriere hinter sich und lebte in den 90ern frivol, als er u.a. eine Beziehung zu einer Pornodarstellerin hatte. In Interviews behauptete Sheen immer wieder, bisher über 5000 Frauen „beglückt“ zu haben. Auch Kontakte mit Callgirls wurden ihm nachgesagt. Wir reden hier von Charlie Sheen, dem realen Schauspieler, und nicht von Charlie Harper, der Serienfigur. Doch offensichtlich sind der reale Star und die fiktionale Figur relativ ähnlich. Und tatsächlich basiert Charlie Harper nicht nur ein wenig auf Charlie Sheen – die gleichen Vornamen sind nicht zufällig.

Sogar eine von Sheens Ex-Ehefrauen brachte es zu einer Gastrolle in «Two and a Half Men»: Denise Richards, mit der er von 2002 bis 2005 verheiratet war. Und auch sonst spielt Sheen seinen Charakter ziemlich authentisch. Das Publikum verzeiht ihm wie seiner Serienfigur das exzessive Leben: Die Sitcom ist seit Jahren die erfolgreichste im US-Fernsehen und mittlerweile auch in Deutschland ein Quotenhit. Doch ist sie so beliebt trotz all der Vorwürfe gegen Sheen und seinen Lebensstil? Oder nicht vielleicht gerade deswegen, weil er im wahren Leben das vorgelebt hat, was er nun in der Serie darstellt?

Möglicherweise ist es wirklich letzteres, was die Zuschauer an ihm mögen. Denn sie wissen, dass Sheen nicht irgendeine Rolle spielt, sondern jene, mit der er sich wirklich identifizieren kann – eine Rolle, die er im wahren Leben schon selbst gespielt hat. Sheen spielt den Harper so gut, dass man manchmal wirklich glauben könnte, dass die schauspielerischen Qualitäten auf den Analogien zur Wirklichkeit beruhen.

Ein weiteres Beispiel für die Verschmelzung von Rolle und Schauspieler: In der Teenie-Serie «Gossip Girl» gehen Serena van der Woodsen und Dan Humphrey in der ersten Staffel eine Beziehung ein. Im wahren Leben haben ihre Schauspieler Blake Lively und Penn Badgley privat ebenfalls zueinander gefunden, was großen Boulevard-Rummel folgen ließ. Ihre Beziehung in der Serie ist damit nicht mehr nur gespielter Natur – und damit authentischer denn je. In einem Interview sagte Lively sogar, dass sie glaubt, dass ihre Beziehung die Serie gerettet hat. Ohne den Medienrummel um das Paar hätten die anfangs schlechten Quoten nämlich vielleicht nicht mehr angezogen.

Sicher gibt es unzählige Beispiele, wo die Rolle keineswegs auf den Actor passt. Dies ist ja schließlich Job eines guten Schauspielers: jene Rolle zu spielen, die man selbst nicht verkörpert. Dennoch ist es sicherlich hilfreich auf dem Weg zum Quotenerfolg, wenn die Authentizität der Figur durch den realen Schauspieler untermauert wird. Der Zuschauer weiß dann schließlich, dass ihm hier wirklich nichts „vorgespielt“ wird.

Jan Schlüters Branchenkommentar beleuchtet das TV-Business von einer etwas anderen Seite und gibt neue Denkanstöße, um die Fernsehwelt ein wenig klarer zu sehen. Eine neue Ausgabe gibt es jeden Donnerstag nur auf Quotenmeter.de.
11.02.2010 00:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/40138
Jan Schlüter

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Schlüter sieht's

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