Unser Kolumnist über die neue ProSieben-Show «Unser Star für Oslo».
«Deutschland sucht den Superstar» machte in den vergangenen Wochen wieder negative Schlagzeilen. Erneut erntete das Castingformat harsche Kritik seitens der KJM (Kommission für Jugendmedienschutz) wegen des wiederholt herabwertenden Verhaltens der Jury, allen voran Dieter Bohlen, und des gezielten Lächerlichmachens der Kandidaten. Laut der KJM werden «beleidigende Äußerungen und antisoziales Verhalten als normale Umgangsformen präsentiert.» Dass es auch anders geht, beweist Stefan Raab in seiner neuen Show «Unser Star für Oslo».
In der Castingshow soll ein Gesangstalent gefunden werden, das Deutschland am 29. Mai 2010 im Finale des «Eurovision Song Contest» würdig vertritt. Vergangenen Dienstag lief die erste Vorausscheidung, die sich durch Professionalität und gehobenen Anspruch auszeichnete. Präsentiert wurden dem Publikum zehn Sänger und Sängerinnen, die es locker mit den Finalisten jeglicher «DSDS»-Staffel aufnehmen können. Erfreulicherweise hielt man sich nicht lange mit Vorgeplänkel auf und begann relativ zügig mit den Gesangsdarbietungen. Jeder Kandidat wurde kurz und knapp in einem Einspieler vorgestellt, der sich auf das Wesentliche konzentrierte und nicht dokusoap-artig irgendwelche belastenden familiären Situationen suggerierte. Darüberhinaus sind Raabs Kandidaten bei der Songauswahl frei und dürfen alles singen, was sie wollen. So sang beispielsweise Cyril den Klassiker «Hotel California» von den Eagles aus dem Jahr 1976 und spielte auch noch selbst Gitarre dazu. Bei Dieter Bohlen hätte Cyril nur zu hören bekommen: «Was ist das denn für ne alte Kacke? Geh erstmal in den Plattenladen und kauf dir ne CD aus dem aktuellen Jahrhundert! Unsere Zuschauer müssen die Songs kennen!»
Bei «Unser Star für Oslo» gibt es eine dreiköpfige Jury, die aus Stefan Raab und zwei wechselnden Mitgliedern aus der Musikbranche besteht. In der ersten Show waren Yvonne Catterfeld und Marius Müller-Westernhagen dabei, die einen überragend positiven und sympathischen Eindruck hinterließen. Die abgegebenen Kommentare und Kritiken der Jury waren stets sachlich und konstruktiv. Wer Pöbeleien sehen will, ist bei dieser Show falsch. Westernhagen meinte zum Ende der Show schließlich: «Ich hoffe, ich habe mit meinen Kommentaren niemanden von euch beleidigt. Das ist mir ganz wichtig.» - Ein deutlicher Seitenhieb auf die RTL-Konkurrenz.
Mit «Unser Star für Oslo» hat Deutschland endlich eine richtige Castingshow, bei der das eigentlich Entscheidende im Vordergrund steht: das Singen. Bleibt zu hoffen, dass die Quoten weiterhin so gut bleiben wie bei der Premiere, um zu zeigen, dass Deutschland reif für eine ernstgemeinte Castingshow ist, die nicht auf die Befriedigung niedrigster Instinkte ausgelegt ist.