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Die Kritiker: «Hinter blinden Fenstern»

Story


Zunächst scheint es alltägliche Routine: Scheinbar gewöhnliche Menschen, die Tür an Tür in einer beschaulichen Wohnanlage am Stadtrand leben. Aber als dort innerhalb von 24 Stunden Dinah, eine junge Frau, ermordet und ein unbekannter Stadtstreicher tot im Müllhaus gefunden wird, beginnt Polonius Fischer in Wohnungen und Kellern zu ermitteln, deren Finsternis er nicht für möglich gehalten hätte.

Als er Dinahs schillernder Lebensgefährtin Clarissa Weberknecht die Todesnachricht überbringt, erinnert ihn seine Assistentin Liz daran, dass er vor einem Jahr schon einmal mit der Bordellbetreiberin zu tun hatte: Es ging um den gewaltsamen Tod eines Ladenbesitzers, der gefesselt und blutig an einem Kreuz hing. Das Kreuz stand im Hinterzimmer von Clarissas kleinem Club in der Vorstadt, der für einschlägige Praktiken wohlbekannt ist. Damals stand Polonius vor der Frage, ob es sich hier wirklich nur um einen tragischen Unfalltod des sadomasochistischen Freiers handelte, den die Domina unabsichtlich herbeigeführt hatte?

Wieder lotet der ungewöhnliche Kommissar die schmalen Grenzen aus, die den durchschnittlichen Alltag von einem ständig drohenden Schrecken trennen. Im Fall Dinah, deren Tod ihr sichtlich unter die Haut geht, hat Clarissa allerdings ein hieb- und stichfestes Alibi. Je intensiver Polonius in diesen beiden mysteriösen Mordfällen ermittelt, desto mehr muss er begreifen, dass sich an diesem Ort bereits seit langer Zeit ein Drama abspielt, das niemand bemerkt hat.

Darsteller


Hanns Zischler («Im Lauf der Zeit», «Berlin Chamissoplatz») ist Polonius Fischer
Lisa Maria Potthoff («Soloalbum», «Männer wie wir») ist Liz Sinkel
Sissy Höfferer («Um Himmels Willen», «Soko Köln») ist Ann-Kristin Seeliger

Kritik


«Stille Wasser sind tief», verlautbart ein altes Sprichwort, das sich ohne Probleme auch auf die Adaption des zweiten Polonius Fischer-Falls «Hinter blinden Fenstern» nach der Romanvorlage von Friedrich Ani beziehen lässt. Als Regisseur konnte erneut Matti Geschonneck gewonnen werden, für das Drehbuch zeichnete abermals Hannah Hollinger verantwortlich.

Und so erstaunt es nicht, dass auch der zweite Kriminalfall für den ehemaligen Mönch Polonius Fischer einen Krimifilm der etwas anderen Art darstellt. Wie in seinem ersten Fall, verlässt sich Fischer vornehmlich auf seine Menschenkenntnis und die Psychologie des Bösen. Laut wird er dabei selten, den Film durchzieht eine stete Ruhe, fast Nüchternheit. Dabei gäbe es gute Gründe, laut zu werden: Die Spuren zweier Morde und eines entführtes Mädchens führen in eine gelb verputzte Wohnhölle, in der sich der eine nicht um den anderen schert. Nicht gerade sozialer Brennpunkt, doch auch hier trifft die Anonymität des Bösen, der Gestrandeten und der unteren Mittelschicht in einem gewaltigen Schmelztiegel aus Hass, Ignoranz und bösen Gerüchten aufeinander.

Was sich im ersten Moment noch nach subtiler Milieustudie anhört, entpuppt sich im Laufe des Films leider als recht platt stereotypisiertes Korsett - die Buchvorlage liefert Charaktere und Tiefe, der Film kontert mit Typen und kalter Oberflächlichkeit, die pseudoatmosphärisch wirkt. Zudem werden Doppelmord und Kindesentführung in derart zahlreiche Nebenhandlungen verstrickt, dass der Zuschauer teils nicht folgen kann, teils nicht mehr folgen mag.

Dabei ist das Gesamtpaket eigentlich stimmig: Gelungene Rückblenden lassen die Dimensionen des Falls nach und nach erahnen, der Cast um Hanns Zischler als Polonius Fischer weiß schauspielerisch zu überzeugen, die Gegensätzlichkeit zwischen ehemaligem Mönch und Edelhure könnte größer nicht sein und für den ein oder anderen Mentalitätskonflikt sorgen. Wenn Rückblenden die zerfledderte Filmstruktur aber nicht mehr flicken können, Ermittler und Tatverdächtige mit Lebensweisheiten um sich werfen und der gesamte Film eher guten Willen denn gute Umsetzung beweist, dann reicht auch eine passende Ausgangssituation nicht, um einen stimmungsvollen Film zu produzieren. Stille Wasser mögen zwar tief sein, doch sieht man ihnen ihre Tiefe leider nicht immer an.

Das ZDF zeigt «Hinter blinden Fenster» am 01. Februar 2010 um 20:15 Uhr.
30.01.2010 13:50 Uhr Kurz-URL: qmde.de/39924
Jakob Bokelmann

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Tags

Hinter blinden Fenstern

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