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Pro & Contra: Bolten verlässt Sat.1 - zu Recht?

Vergangene Woche wurde bekannt, dass Guido Bolten den Chefposten bei Sat.1 räumen muss oder will. Sein Weggang - die korrekte Entscheidung für den Privatsender? Manuel Weis und Jan Schlüter diskutieren.

Pro von Manuel Weis:
Seit über einer Woche ist nun bekannt, dass Guido Bolten nicht länger die Zügel des Senders Sat.1 in der Hand haben wird. Über Guido Bolten kann man sicherlich eine interessante und ausführliche Diskussion führen, denn die Ideen, die er hatte waren sicherlich nicht schlecht. Sie kollidierten einzig mit verschiedenen Faktoren: Beispielsweise dem furchtbaren Informationsimage des Kanals, das nun dem Magazin von Johannes B. Kerner im Weg steht. Auch die Tatsache, dass Sat.1 grundsätzlich ein Relevanzproblem hat, ist nicht auf Boltens Karte zu schreiben.

Bolten ist sozusagen also ein Opfer seiner Vorgänger – er hat es letztlich einfach nicht geschafft, die Karre aus dem Dreck zu ziehen. Das muss er sich ankreiden. Hinzu kommen aber auch noch einige andere sehr fragwürdige Entscheidungen. So hat er sich sein Führungsteam aus Leuten zusammengebaut, die mit den Aufgaben schlichtweg überfordert waren. Vielen fehlte einfach die nötige Erfahrung – Zeit, diese zu sammeln gibt es beim Privatsender Sat.1 aber schlicht nicht. Das Programm betreffend hat Bolten dann Fehler gemacht, die schließlich dazu führten, dass die Geduld seiner Vorgesetzten aufgebraucht war.

Damit sind aber wohl nicht nur die Fehlstarts von «Eine wie keine», «Kerner» und «Oliver Pocher Show» gemeint, sondern auch Entscheidungen, die den Nachmittag betreffen. Dass man die Anzahl an neuen Folgen der Nachmittags-Richtershows deutlich gekürzt hat, wirkt schon schon jetzt äußerst deutlich auf die Einschaltquoten aus.

Das war eine Entscheidung der German Free TV Group – mögen Manche jetzt sagen. Stimmt – Bolten hätte sich dennoch strikter wehren müssen, trägt er doch als Chef des Unternehmens immer die Verantwortung. Nun ist Andreas Bartl an der Reihe und nicht wenige äußern Zweifel, dass es ihm gelingt, Sat.1 wieder auf die richtige Spur zu bringen. Bartl scheiterte bislang bei keinem Sender, half sowohl kabel eins als auch ProSieben auf die Beine. Sat.1 wird nun seine mit Abstand schwierigste Aufgabe.

Contra von Jan Schlüter:


Wirtschaftlich ist nachzuvollziehen, warum Guido Bolten nach so kurzer Zeit schon bei Sat.1 den Hut nehmen musste. Doch langfristig könnte sich die Entscheidung gegen ihn noch rächen. Bolten war ein mutiger Fernsehmacher; wahrscheinlich sogar der mutigste, den die aktuelle TV-Welt hatte. Er schaffte es, mit Oliver Pocher und Johannes B. Kerner zwei der prominentesten Showgesichter Deutschlands zu Sat.1 zu holen. Niemand hätte noch vor zwei Jahren an solch einen Coup geglaubt, der nur Bolten zu verdanken ist, weil er bei Kerner und Pocher das Vertrauen und die Motivation geweckt hat, bei Sat.1 etwas erreichen zu wollen.

Dass die Quoten ihrer Shows bisher nur sehr schlecht sind, liegt logischerweise nicht an ihnen per se, sondern an den desaströsen Formaten, die sie aktuell moderieren. Pocher und Kerner waren und sind heute noch sehr beliebte TV-Moderatoren – wenn die Zuschauer also nicht einschalten, dann liegt dies einerseits am jeweiligen Showkonzept und andererseits daran, dass die Entwicklung hin zur Marke Sat.1 ihre Zeit braucht. Dass Pocher beliebt ist, hat in Sat.1 auch schon seine Show «Sportfreunde Pocher» gezeigt, die im Sommer 2009 mit zufriedenstellenden Quoten lief und im Charity-Endspiel sogar bis zu 30 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe erreichte.

Kerner und Pocher werden aktuell auf ihre schlecht laufenden Shows reduziert, doch sie sind im Gegenteil ein Zugewinn für Sat.1 im Allgemeinen. Sie werden weitere, andere Shows moderieren (Kerner ist beispielsweise für den Fußball im Einsatz), sodass sie Sat.1 ein neues Gesicht geben und dem Sender bald auch gute Quoten bescheren werden – wenn sie ihre Formate ändern und ihre Stärken ausspielen können.

Zwar hat Guido Bolten viele Flops zu verantworten, aber er hat sich getraut, diverse Shows und Serien im deutschen Fernsehen auszuprobieren, die letztlich oft auch daran gescheitert sind, weil sie zur falschen Sendezeit liefen. Es wurde beispielsweise immer noch nicht eingesehen, dass am Freitag mit Shows keine Quote geholt werden kann, wenn RTL im Gegenprogramm auf Jauch und Geissen setzt. Sat.1 konnte hier nur verlieren, egal was gesendet wurde.

Letztlich muss Guido Bolten also besonders dafür gedankt werden, dass er den Mut hatte, ohne Rücksicht auf den allgegenwärtigen Sparzwang deutscher Fernsehsender viele interessante Formate und Shows auszuprobieren und mit Pocher, Kerner oder Christiansen dem Sender Sat.1 zumindest ein neues Gesicht und mehr Image gegeben hat. Er hat es geschafft, dass der Umzug des Senders von Berlin nach München reibungslos von Statten gegangen ist und dass die Zuschauer Sat.1 zumindest wieder als relevante Fernsehmarke erkennen. Und wenn also auch die Marktanteile unter seiner Ägide nicht signifikant gestiegen sind, so hinterlässt Guido Bolten Sat.1 in einem deutlich besseren und für die Zukunft gut gerüsteten Zustand als vor seinem Amtsantritt.
22.01.2010 10:05 Uhr Kurz-URL: qmde.de/39742
Manuel Weis & Jan Schlüter

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Bolten

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