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Popcorn und Rollenwechsel: Avatar und die Milliarde
Ob das Geschehen vor der Leinwand, auf der Leinwand oder hinter den Kulissen: Unser Filmkolumnist richtet sein waches Auge auf die Filmkultur und lässt uns wissen, was er von den Ereignissen rund ums Kino hält.
James Cameron, König und Prinz der Welt. Seit dieser Woche hält Regisseur James Cameron nicht nur Platz 1 der kommerziellen Filmbestenliste inne, sondern auch Platz 2. Mit über 1,16 Milliarden Dollar Einspiel ist «Avatar» nach «Titanic» der erfolgreichste Film aller Zeiten. Und je nachdem, wie sich «Avatar» verhalten wird, sobald in seinen stärksten Ferien die Winterferien enden, könnte er möglicherweise die auf einem Luxusdampfer spielende, tragische Liebesschnulze überholen.
Ganz davon abgesehen, dass James Cameron einen Pakt mit dem Teufel geschlossen haben muss, um gleich zwei Mal hintereinander die Milliardengrenze durchbrechen zu können, ist «Avatar» aus mehreren Gründen ein kleines Wunder. So schaffte er innerhalb von nur 3 Wochen das, wofür «Der Herr der Ringe - Die Rückkehr des Königs» Monate brauchte. Vor allem aber bewies er, dass man auch in der heutigen Zeit nicht Teil eines Franchise sein muss, um massenhaft Erfolg zu haben. Denn während «The Dark Knight», «Der Herr der Ringe - Die Rückkehr des Königs» und «Pirates of the Caribbean - Fluch der Karibik 2» von der Beliebtheit der vorhergegangenen Filme und der dadurch aufgebauten Heerschar an Fans profitierten, hat «Avatar» keinerlei so genanntes “Mental Real Estate”, auf dem es basiert. Keine Buchvorlage, kein Theaterstück, keine Comics, keinen ersten Teil. Und obendrein ist es ein Sci-Fi-Fantasy-Film, etwas, dem zahlreiche Kinoexperten sämtliche Frauenaffinität absprechen, welche wiederum jedoch (man siehe nur «Titanic») wichtig für ein hohes Einspielergebnis sein kann.
Wer weiß, möglicherweise sät das Einspielergebnis von «Avatar» in den Hollywood-Studios neues Vertrauen in kostenintensive Originalfilme ohne Vorlage. Wünschenswert wäre es definitiv, denn obwohl ich gegen Fortsetzungen, Comicverfilmungen und Buchumsetzungen an sich nichts habe, wären ein paar gänzlich unbekannte Charaktere und Geschichten auf der Leinwand sehr erfreulich.
Und mit großer Sicherheit werden spätestens nun auch die letzten zweifelnde Studiobosse für ihre aufwändigsten Produktionen das extra Geld für die dritte Dimension lockermachen - denn das meiste Geld scheffelte Camerons Ausflug nach Pandora in 3D-Sälen. Dass «Avatar» ohne 3D-Zuschläge noch nicht ganz so nah an die «Titanic» gelangt wäre, darf nämlich nicht vergessen werden. Die Bedeutung des 3D-Zuschlags sollte allerdings auch nicht überschätzt werden - diejenigen, die «Avatar» jeglichen Erfolg absprechen und sagen, der Film würde allein wegen des 3D-Effekts so viel einspielen, übertreiben in ihrer Schwarzmalerei.
Denn genauso wie schon «Titanic» schafft «Avatar» wieder sehr viel seines Geschäfts aus dem Bereich der Wiederholungstäter, also Leuten, die sich den Film mehrmals im Kino ansehen. Und das würde ja nicht geschehen, hätten sie keinen Gefallen am eigentlichen Film.
Wäre es allein von mir abhängig, wäre «Avatar» nicht ganz so erfolgreich gewesen. Da er nun aber drauf und dran ist der «Titanic» gefährlich zu werden, gönne ich ihm jeden einzelnen Dollar, den er noch einnehmen kann. Und sobald der filmische Luxusdampfer endlich untergeht, mache ich ein Fass auf.
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• Popcorn
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