Sicher: Die Meldung vom Enke-Suizid war wichtig und aufwühlend – dennoch übertrieben es manche Medien. Ein Kommentar von Manuel Weis.
Nahezu jeder Bundesbürger dürfte geschockt gewesen sein, als er am Dienstagabend oder Mittwochmorgen vom Selbstmord des deutschen Nationaltorhüters Robert Enke erfahren hat. Enke war beliebt – auch weit über die Mauern von Hannover hinaus. Dass sich ein deutscher Profifußballer, noch dazu ein Nationalspieler, das Leben nimmt, ist sicherlich in dieser Form noch nicht dagewesen.
Das Informationsbedürfnis der Deutschen war am Mittwoch demnach bestimmt auch groß. Dennoch übertrieben es manche Sender gewaltig: Beispiel n-tv und N24. In deren Morgennachrichten gab es schlicht kaum andere Themen – etliche Male erzählten die Reporter vor dem Quartier der deutschen Nationalmannschaft und in Hannover dasselbe. Beispiel DSF: Der Sportsender begann das Format «Bundesliga Aktuell» eine halbe Stunde früher, sendete wegen einer Livesportübertragung am Abend aber nur bis 19.05 Uhr. Weil man die immergleichen Informationen aber in der Zeit noch nicht klein genug gekaut hatte, fuhr man um 21.00 Uhr mit einem weiteren Special fort.
Bis 23.00 Uhr wurde also noch einmal das eingeschätzt und erzählt, was vorher schon 15 Mal über den Äther ging. So ticken die Medien. Sie kämpfen auch bei solch traurigen Anlässen um Quote und Informationsimage – rechtfertigen sich dabei aber mit dem logisch klingenden Argument, dass dieses Thema die Zuschauer interessiere. Die Trauerfeier für Robert Enke, die um 18.00 Uhr in Hannover stattfand, wurde sogar vom Ersten übertragen, das in dieser Zeit auf seine Soaps «Verbotene Liebe» und «Marienhof» verzichtete.
Allerdings: Es gab sie dann doch noch, die guten und qualitativ hochwertigen Sendungen zum Freitod des Torhüters. Sie wurden allerdings nicht zu prominenter Sendezeit gezeigt. Ein «Sportschau Extra» ab 23.05 Uhr in der ARD zeichnete noch einmal den Weg des 32-Jährigen, der in seiner Sportlerlaufbahn viele Tiefschläge einstecken musste und daran möglicherweise genauso zerbrach wie am Tod seiner 2-jährigen Tochter Lara. Auch wenn die Quote letztlich überhaupt nicht stimmte, fand sich das Highlight der Berichterstattung am Abend in Sat.1 wieder.
Gefühlvoll und dem Anlass entsprechend diskutierte Johannes B. Kerner in alter ZDF-Manier in seinem Spezial seiner Sat.1-Sendung unter anderem mit Hannover 96-Präsident Martin Kind und dem Torwarttrainer Robert Enkes, Jörg Sievers. Wann immer es also zu einem Overkill der Medien kommt, wann immer sich viele Sender und Journalisten auf ein Thema stürzen, muss der Zuschauer eigentlich nur eines tun: Er muss sondieren: Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen.