Die größten TV-Ereignisse aller Zeiten: Die Mondlandung 1969
„That's one small step for man, one giant leap for mankind!“ Mit diesen Worten betrat Neil Armstrong zusammen mit Millionen Fernsehzuschauern den Mond.
Wettlauf zum Mond
In den 1960er Jahren, mitten in Zeiten des Kalten Kriegs zwischen dem Westen und der Sowjetunion, wird der Kampf um die Vormachtstellung auf der Erde ins All ausgedehnt. Welche Raumfahrtnation betritt als erste den Mond – das Objekt, das in jenen Jahren zu einem Symbol für Macht, Einfluss und Prestige mythisiert wird? "I believe that this nation should commit itself to achieving the goal, before this decade is out, of landing a man on the Moon and returning him safely to the Earth." Mit diesen Worten bekräftigte der damalige Präsident John F. Kennedy 1961 das Ziel, noch im selben Jahrzehnt eine bemannte Mondlandung durchzuführen. Die Geschichte beweist: Er sollte Recht behalten.
Am 16. Juli 1969 startete die Apollo 11-Mission mit Saturn-Rakete und seiner Mondfähre Eagle vom Cape Canaveral und erreichte drei Tage später planmäßig die Mondumlaufbahn. Vorausgegangen war diesem Ereignis eine Reihe von Demütigungen für die US-Amerikaner hinsichtlich des Wettlaufs ins All: Die Sowjetunion, Anfang der 60er wissenschaftlich und technisch überlegen, hatte Erfolg mit den ersten Sputnik-Flügen und Luna-Sonden und konnte im April 1961 mit Juri Gagarin den ersten Menschen im Weltraum präsentieren. Die USA standen unter Schock. Doch der neue und junge US-Präsident Kennedy entfachte eine Aufbruchsstimmung und veranlasste massive Forschung und hohe Etats. All dies führte erfolgreich dazu, dass am 20. Juni um 20:17 Uhr UTC die Eagle als erste bemannte Raumfähre mit den Astronauten Neil Armstrong und Edwin „Buzz“ Aldrin auf dem Mond aufsetzte. Armstrong vermeldete den berühmten Satz: „The Eagle has landed!“
Neal Armstrong betrat den Mond. Dokumentiert wurden die berühmten Bilder sowohl von einer Fernsehkamera aus der Mondfähre, gefilmt von Aldrin, als auch von einer Kamera am Fuß der einige Meter entfernt stehenden Landefähre. Neben Forschungsgeräten, die auf dem Mond aufgebaut wurden, sowie Bodenproben war das wichtigste politische Zeichen dieser Forschungsmission das Hissen der US-Flagge – die Demonstration der Macht und des gefühlten Siegs über die Sowjetunion. Die USA hatten den Wettlauf zum Mond gewonnen. Und die westliche Welt feierte sich selbst.
600 Millionen sahen zu
Fast so bedeutend und spektakulär wie die eigentliche, erfolgreich verlaufene Mondmission selbst ist die Tatsache, dass Millionen von Menschen auf der ganzen Welt das Ereignis live am TV-Bildschirm anschauen konnten. Walter Cronkite, damaliger News-Anchor der CBS News und Moderator der mehrstündigen Sendung zur Mondmission, ging für seine enthusiastische Berichterstattung in die Geschichte ein. Im Nachhinein kritisierte er sich dafür, zum Zeitpunkt der Mondlandung nicht die richtigen journalistischen Worte gefunden zu haben.
Auch wenn die Mondlandung einigermaßen planmäßig durchgeführt werden konnte, so fieberten mehrere hundert Millionen Menschen vor den Bildschirmen mit und erlebten ein Live-Event, wie es kein Drehbuch besser hätte schreiben können. Die verschwommenen, unwirklich erscheinenden Bilder aus dem All, die ständigen Pieptöne, die schwer verständlichen, rauschenden Durchsagen mit dem Mikrofon und die Computerprobleme bei der Landung – all dies trug zur angespannten, einmaligen Atmosphäre in diesen entscheidenden Minuten bei. Durch einen eingeblendeten Countdown steigerte CBS bewusst die Spannung.
In Deutschland übertrugen ARD und ZDF dieses Ereignis. Für die ARD berichtete Dr. Günter Siefahrt 28 Stunden lang aus dem sogenannten „Apollo-Studio“, das eigens für die Sendung hergerichtet wurde. Im ZDF moderierte Heinrich Schiemann. Im Gegensatz zu heute unterschieden sich die beiden Übertragungen durchaus: Bei der ARD wurden viele Zuschauerfragen live am Telefon beantwortet, beim ZDF hatte man den Vorteil durch den sehr erfahrenen Raumfahrtexperten Schiemann, der als Moderator gleichzeitig von seiner Arbeit bei der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt berichten konnte. Das ZDF strahlte außerdem einen investigativen Rückblick in Farbe über die Geschichte der Raumfahrt aus. Dennoch waren Teile der Berichterstattung zäh und manchmal wusste man nicht, wie das Programm gefüllt werden sollte – kein Wunder bei mehrtägiger Live-Sendung. Mit der heute teils unfreiwillig komischen Präsentation, beispielsweise durch Papp-Figuren als Veranschaulichungsmittel, wurde die Sendung allerdings auch zum Kult. Auf YouTube gibt es einen Großteil der Berichterstattung in mehreren Videos zu sehen – hier der erste Teil:
Für das Fernsehen hatte die Mondlandung allgemein große Bedeutung: Mit diesem Ereignis schaffte es endgültig den gesellschaftlichen Durchbruch und wurde zum Massenmedium. Geschätzte 600 Millionen Menschen verfolgten die ersten Schritte auf dem Mond. Wer noch keinen Fernseher zu Hause hatte, ging zu Bekannten, um die Landung live mitzuerleben. Musste sich die Gesellschaft vor dem großen Fernsehzeitalter noch mit nachträglicher Berichterstattung in Nachrichten oder Zeitungen zufrieden geben, so spielte das Medium mit der Mondlandung 1969 erstmals im großen Maße seinen eigentlichen Vorteil aus: Live und hautnah dabei zu sein, wenn Geschichte geschrieben wird. Dies erklärt auch die unglaublich umfassende Berichterstattung der Sender, die mehrere Tage andauerte. Aus heutiger Sicht ist klar: Der Siegeszug der westlichen Welt mit seinem Kapitel Mondlandung ist gleichzeitig der Siegeszug des westlichen Fernsehens mit seiner Meinungsfreiheit gewesen.
19.10.2009 09:42 Uhr
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Jan Schlüter