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Die Kritiker: «Fred Vargas: Bei Einbruch der Nacht»

Story


Die handwerklich begabte Camille ist Komponistin und verbringt ihren Sommer gemeinsam mit dem kanadischen Grizzly-Forscher Lawrence im französischen Mercantour-Massiv. Sie sucht Inspiration für eine Seifenoper und repariert nebenbei die Toiletten des Dorfes, er beobachtet die Wölfe im Nationalpark. Im Laufe der Zeit werden beide in einen Strudel von Ereignissen verwickelt, denn die Zahl gerissener Schafe häuft sich. Riesige Bisswunden beschwören einen uralten Aberglauben der Dorfbewohner herauf: Handelt es sich womöglich gar nicht um ein Tier, sondern um einen Werwolf, einen Wolfsmenschen?

Eines Nachts erreicht der Schrecken mit dem Mord an Suzanne, Leiterin der Schäferei, eine neue Dimension. Ihr schwarzhäutiger Ziehsohn Soliman, ein wortkarger Schäfer und Camille machen sich in einem schrottreifen Viehtransporter auf, den Mörder durch die französischen Seealpen zu jagen. Doch wo sich auch ankommen, hat der Mörder sein blutiges Werk schon vollbracht. Camille entschließt sich schweren Herzens, mit Kommissar Adamsberg aus Paris einen Profi in ihre Ermittlungen einzuweihen – dass sie Adamsberg vor Jahren einmal geliebt hat, macht die Zusammenarbeit nicht einfacher.

Darsteller


Jean-Hugues Anglade («Léon – Der Profi») ist Kommissar Jean Baptiste Adamsberg
Jacques Spiesser («Mein bester Freund», «Liebe um jeden Preis») ist Adrien Danglard
Hélène Fillières («Seaside») ist Camille Forestier
Tobias Moretti («Speer & Er», «1½ Ritter») ist Lawrence
Christine Murillo («Ein perfekter Freund») ist Suzanne
Charles Henri Anagonou ist Soliman
Maurice Garrel («Kings and Queen», «La Discrète») ist der Schäfer

Kritik


Sie gilt als eine der meistgelesenen Krimiautorinnen der Welt, erhielt neben dem Deutschen Krimipreis und dem vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels verliehenen Corine-Preis auch zweimalig den renommierten Dagger Award und ist regelmäßig auf internationalen Bestsellerlisten vertreten – die französische Archäologin und Mittelalterexpertin Fred Vargas ist Krimifreunden in aller Welt ein Begriff. Das ZDF hat in Zusammenarbeit mit dem französischen Sender France 2 neben dem Krimi «Bei Einbruch der Nacht» auch «Es geht noch ein Zug von der Gare du Nord» und den als Zweiteiler konzipierten «Der vierzehnte Stein» verfilmt und auf den prominenten Krimisendeplatz am späten Sonntagabend gelegt.

Bei der Besetzung der ebenso liebenswerten wie verschrobenen Individuen des Vargas-Universums ging man keine Kompromisse ein. Mit Jean-Hugues Anglade als Jean Baptiste Adamsberg ermittelt eine ganz eigene Art von Kommissar, vielleicht etwas misanthropisch, zumindest kein Teamplayer, einer, der seine Fälle mit Intuition und Menschenkenntnis zu lösen vermag und nachts auch schon mal durch die Wälder streift, um der Lösung näher zu kommen. Freunde hat er keine, nah steht ihm nur sein weißweinabhängiger und verkopfter Inspektor Adrien Danglard (Jacques Spiesser), der alleinerziehender Vater von fünf Kindern ist, deren Herkunft ebenso belanglos wie rätselhaft ist – so ist das eben bei Vargas. Früher hatte Adamsberg eine Beziehung zur Komponistin Camille Forestier, die durch Hélène Fillières beim Keyboardspielen ebenso glaubhaft verkörpert wird wie beim Blättern in Sanitärkatalogen. Doch die ist schon mit dem kanadischen Grizzly-Forscher Lawrence liiert, der im Mercantour-Massiv Wölfe beobachtet. Um die geht es dann auch vorrangig, denn ein riesiger Wolf scheint Schafe zu reißen. Als mit Suzanne ein Dorfurgestein Opfer der vermeintlichen Wolfsattacke wird, geht die Bevölkerung schnell von einem Werwolf aus. Soliman, schwarzhäutiger Juendlicher, der einst in einem Weidenkorb gefunden und von Suzanne adoptiert wurde, ein wortkarger Schäfer und Camille machen sich in einem klapprigen Viehwagen auf – erstere, den Werwolf zu erlegen, Camille, um den Mörder zu stellen. Dass Soliman sich fast ausschließlich in Wörterbuchdefinitionen ausdrückt, der Schäfer seiner Herde per Handy Anweisungen erteilt und mit Lawrence und Adamsberg zwei Geliebte Camilles aufeinander treffen, macht die Suche nach dem Mörder zu einem turbulenten Abenteuer.

Für die Bearbeitung der Romanvorlage zeichnete der französische Schriftsteller und Drehbuchautor Emmanuel Carrère verantwortlich, der den Schreibstil Vargas’ ohne Kompromisse in den Film einfließen ließ. Atmosphärische Landschaften, Wolfsgeheul und nicht zuletzt die exzellente Schauspielarbeit der Protagonisten tragen den Zauber des Wortes in die Filmadaption und lassen Platz für subtile Mystik, ohne fantastisch zu werden. Die Umsetzung durch die renommierte französische Regisseurin Josée Dayan, in der Vergangenheit unter anderem verantwortlich für «Der Graf von Monte Christo» oder das starbesetzte «Les Misérables – Gefangene des Schicksals», ist dann auch durchweg überzeugend.

Denn die Verfolgung des Mörders durch die französischen Seealpen entpuppt sich als ein kleines Roadmovie, geschickt kombiniert mit einer Liebesgeschichte und trotz der ernsten Thematik heiteren Ansätzen. Dass bei den Kritikern umstrittene Werk ist in der Filmfassung sehenswert und macht Lust auf den Rest der Filmreihe, die – soviel sei verraten – die Messlatte noch höher legt.

Das ZDF zeigt «Fred Vargas – Bei Einbruch der Nacht» am 20. September 2009 um 22:00 Uhr. Die Reihe wird vorgeführt mit «Es geht noch ein Zug von der Gare du Nord» (27. September 2009) und dem Zweiteiler «Der vierzehnte Stein» (4. und 11. Oktober 2009).
19.09.2009 09:13 Uhr Kurz-URL: qmde.de/37353
Jakob Bokelmann

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Tags

Fred Vargas

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