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Die Kritiker: «Polizeiruf 110: Die armen Kinder von Schwerin»

Story


In einer verlassenen Industriehalle wird Boris Schuldzecks erhängt aufgefunden. Was zuerst wie ein Suizid wirkt, entpuppt sich schnell als Mord – Schuldzecks hat sich mit der osteuropäischen Buntmetallmafia angelegt, die mit gestohlenen Metallen gute Geschäfte macht. Die Ermittlungsarbeit führt die Kommissare Jens Hinrichs und Markus Tellheim in einen sozialen Brennpunkt Schwerins, in dem jeder Dreck am Stecken zu haben scheint und sich mit mehr oder weniger legalen Methoden über Wasser zu halten versucht.

Schuldzecks Komplizen, Kurt Ratgaus und Harry Bolten, sind denn auch rasch gefunden, doch beiden ist der Mord nicht nachzuweisen. Allerdings scheint Ratgaus’ Sohn Mika Augenzeuge des Verbrechens geworden zu sein, denn der 11-Jährige wird von Buntmetallmafia entführt. Als Ratgaus sich bereiterklärt, mit Hinrichs und Tellheim zusammenzuarbeiten, ist es möglicherweise schon zu spät.

Darsteller


Uwe Steimle («Heimat 3») ist Jens Hinrichs
Felix Eitner («Kirschblüten – Hanami») ist Markus Tellheim
Joel Eisenblätter («Die Jahrhundertlawine») ist Mika Ratgaus
Paraschiva Dragus («Lasko - Der Fluch») ist Lilly Ratgaus
Lars Eidinger («Alle Anderen») ist Kurt Ratgaus
Tom Jahn («Free Rainer») ist Harry Bolten
Hubertus Hiess («In aller Freundschaft») ist Boris Schuldzeck
Fritzi Haberlandt («Liegen lernen») ist Rose Ratgaus

Kritik


Nach 15 Jahren im Dienst wird es Zeit, zu gehen. Das ungleiche Ermittlerduo aus Uwe Steimle als Jens Hinrichs und Felix Eitner als Markus Tellheim wird ab Herbst durch die neuen Kommissare Anneke Kim Sarnau und Charly Hübner aus Rostock abgelöst. Der Schweriner «Polizeiruf» ad acta gelegt. Im ihrem letzten Fall müssen sich die Kommissare in einer Milieustudie in einen Sumpf sozialer Isolation und Depression begeben, um den Mord am Buntmetallräuber Boris Schuldzecks aufzuklären. Neben Ablehnung empfängt die Ermittler vor allem Existenzangst und Gleichgültigkeit, die auch die beiden Verdächtigen Kurt Ratgaus und Harry Bolten zu schweigsamen Zeitgenossen macht. Erst als die Drahtzieher der Buntmetalldiebstähle, eine osteuropäische Mafiaorganisation, Ratgaus’ Sohn Mika entführt, sind die Männer zur Kooperation bereit.

Den Charakter der Milieustudie unterstreicht Fritzi Haberlandt, die als Ratgaus’ Ehefrau Rose höchst authentisch eine körperlich und seelisch am Ende ihrer Kräfte befindliche Frau verkörpert. Auch die Leistung von Joel Eisenblätter und Paraschiva Dragus als Geschwisterpaar Mika und Lilly gilt es hervorzuheben, zeigen sie doch schockierend und einfühlsam zugleich die wahren Opfer sozialer Benachteiligung – die Kinder, die klaglos alleine den Haushalt schmeißen, weil Mama sich für einen Hungerlohn abrackert und Papa bis zum Mittag seinen Rausch ausschläft, und denen Tag für Tag ein Stück Lebensfreude und Kindheit geraubt wird, die apathisch ihr Schicksal hinnehmen und sich darin zurechtfinden. Dabei verliert sich die Handlung nicht in Klischees, sondern zeigt die tägliche Mühe, das finanziell und gesellschaftlich schwierige Leben in geordnete Bahnen zu lenken.

Es ist ein eher ruhiger Abschied, der mehr durch schauspielerisches Talent und den Witz des sich mit verbalen Spitzen begegnenden Ermittlerduos denn mit permanenter Spannung glänzt. Es ist ein Abschied, der im Film gar nicht thematisiert wird – kein Ausscheiden aus dem Polizeidienst, keine Entlassung, kein plötzlicher Tod, stattdessen ein fast kitschig angedeutetes Happy End für die Ratgaus-Familie. Für Genreliebhaber empfehlenswert, für Freunde bleibhaltiger Action zu langatmig. Sicher kein Meisterwerk, aber ein würdiger Schlussstrich unter 15 Jahre «Polizeiruf 110» aus Schwerin.

Das Erste zeigt «Polizeiruf 110 – Die armen Kinder von Schwerin» am dem 28.Juni 2009 um 20:15 Uhr.
27.06.2009 09:32 Uhr Kurz-URL: qmde.de/35806
Jakob Bokelmann

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Tags

Polizeiruf 110

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