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«Schlüter sieht's»: Die US-Fernsehtrends

Die Upfronts sind gelaufen: Wohin steuert die TV-Branche in den USA und welche Trends werden gesetzt?

Vor zwei Jahren herrschte bei NBC Aufbruchsstimmung: Das Network konnte die damals begehrteste Person der Branche, Ben Silverman, für sich gewinnen und sich damit eine glänzende Zukunft ausmalen. Heute, zwei Jahre später, ist Ernüchterung eingekehrt. Co-Chairman Silverman war nicht der Messias, der NBC mit starken Serien zurück auf den Quotenthron geführt hat. Im Gegenteil produzierte er Flop für Flop, sodass die revolutionäre Ankündigung, die Late-Night-Schiene ab Herbst 2009 um eine Stunde vorzuziehen und Jay Leno damit schon um 22.00 Uhr beginnen zu lassen, eher aus der Not geboren war. Der Quotenerfolg dieses neuen Programmschemas wird davon abhängen, ob Silverman bleiben kann oder gefeuert wird.

Wenig überraschend stellte NBC also angesichts der weiterhin schlechten Quoten fast das gesamte Primetime-Herbstprogramm um. Doch da Jay Leno zukünftig fünf Sendeplätze von Montag bis Freitag füllen wird, die vorher für Serien bestimmt waren, fällt auch die Anzahl der neuen Programme relativ schmal aus. Unter den vier neuen Dramaserien sind zwei Krankenhaus-Programme – hier wird weniger auf Innovation denn auf Kontinuität gesetzt, weil ein Nachfolger für «Emergency Room» zu finden ist. Zwei neue Comedyserien gibt es zudem.

Und auf welche Genres setzen die anderen US-Networks? FOX hat eine bunte Mischung aus innovativen Stoffen wie einem Footballer-Drama («Brothers»), Crime-Serien mit Mysteryelementen («Past Life», «Human Target») oder klassischen Stoffen, die immer wieder für Erfolge gut sind, wie die Familiensitcom («Sons of Tucson»). Weiterhin hat man mit der «Cleveland-Show» ein Spin-Off zu «Family Guy» im Programm, das gute Quoten verspricht.

ABC sieht die Comedys zurück: Gleich vier neue, halbstündige Comedy-Serien lässt man für den Herbst produzieren – u.a. mit dem Highlight «Hank», in dem der Sitcom-erprobte Kelsey Grammer («Frasier») einen gescheiterten Wall-Street-Banker spielt. Bei den Dramas setzt ABC als einziges Network auf eine größere Prise Mystery: In «Flash Forward» bleibt die Welt um 2 Minuten und 17 Sekunden stehen – was ist in dieser Zeit passiert? Ein FBI-Agent, gespielt von Joseph Fiennes, muss dies herausfinden und die Welt retten. In «V» kommen Außerirdische auf die Erde und sind ihnen zunächst freundlich und hilfsbereit gesinnt. Aber was wollen die Aliens wirklich? Weiterhin hat ABC eine neue Anwaltsserie und zwei neue Cop-Dramas im Programm. Damit setzt das Network klare Akzente und hat von allen Upfront-Vorstellungen die innovativste Akzentuierung. Mit der unkonventionellen Ausrichtung birgt man aber auch die Gefahr, dass gleich mehrere Serien desselben Genres floppen.

CBS wagt sich nicht ins Mystery-Genre vor und setzt auf Bewährtes und Altbekanntes: Eine Anwalts-Serie, ein Polizei-Drama, zwei Krankenhaus-Dramas sowie ein Spin-Off von «NCIS» stehen auf dem Programm. Daneben wird eine vielversprechende Sitcom namens «Accidentialy on Purpose» produziert. Dass bei CBS die Überraschungen ausbleiben würden, war von vornherein klar: Denn weiterhin ist das Network das mit Abstand erfolgreichste. Dennoch hätte man sich gerade vom Marktführer mehr Innovationen und Impulse für den Serienmarkt erhoffen können.

Zu guter Letzt setzt das kleine Network The CW vollends auf Teenager-Serien – und das, obwohl die groß angekündigte Neuauflage von «90210» in diesem Jahr quotenmäßig zuletzt floppte. Dennoch geht man diesen Weg weiter und produziert eine weitere Neuauflage, diesmal von «Melrose Place». Weiterhin springt man auf den „Modern Vampire“-Hype auf und präsentiert eine Teenager-Vampirserie. Dass diese Ausrichtung CW allerdings aus dem Quotenkeller holen kann, ist nahezu ausgeschlossen.

Was lernen wir aus den diesjährigen Upfronts? Dass ABC mit seinem Zuschauerwachstum in diesem Jahr weiterhin angreift und mit klarer Akzentuierung noch erfolgreicher werden will. Spannende Stoffe, eine risikoreiche Ausrichtung auf viele Comedys und das einzige Network mit neuen Mystery-Serien machen ABC zwar zum Programm mit den meisten Ambitionen, doch natürlich hat man mit diesen vielen Neustarts auch viel Flop-Potenzial. Grundsätzlich ist ein leichter Trend zur Comedy zu erkennen, denn auch NBC und FOX starten zwei neue Programme dieses Genres. Am Spannendsten wird es aber ohnehin bei NBC: Sollte Jay Lenos neue Show um 22.00 Uhr hohe Quoten bringen, kann dies eine Revolution auf dem US-Fernsehmarkt auslösen. Denn dann würden sich auch die anderen Networks überlegen, fünf teure Serienprogrammplätze zu Gunsten einer Personality-Show fallen zu lassen.

Jan Schlüters Branchenkommentar beleuchtet das TV-Business von einer etwas anderen Seite und gibt ein paar neue Denkanstöße, um die Fernsehwelt ein wenig klarer zu sehen. Eine neue Ausgabe gibt es jeden Freitag nur auf Quotenmeter.de.

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22.05.2009 00:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/35049
Jan Schlüter

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Schlüter siehts

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