Am Samstag fand die zentrale Trauerfeier für die Opfer des Amoklaufs in Winnenden statt. Quotenmeter.de sprach mit N24-Chefredakteur Peter Limbourg über die Tat und den Ablauf in einer Nachrichtenredaktion an einem Tag wie dem 11. März 2009.
Um kurz nach 10 Uhr morgens erfuhr die Presse am Mittwoch vom Amoklauf in Winnenden – was passiert dann in den Sekunden nach dem Eintrudeln der Meldung bei Ihnen in der Redaktion?
Zunächst wird die Meldung nach den gängigen journalistischen Grundsätzen überprüft. Im Anschluss daran geschieht vieles parallel. Die Nachricht wird im Laufband und als Eilmeldung in den laufenden Nachrichten vermeldet. Gleichzeitig wird in weiteren Quellen recherchiert, Kamerateams und Übertragungswagen werden losgeschickt, zusätzliche Bildquellen geprüft, Experten für das Studiogespräche angefragt, Grafiker beauftragt und selbstverständlich die Redaktionsmannschaft so aufgeteilt, dass die unterschiedlichen Aspekte der Geschichte professionell aufgearbeitet werden können.
Wer entscheidet letztlich darüber, ob es eine Sondersendung gibt?
Da N24 als Nachrichtensender naturgemäß schon in der regulären Programmierung sehr lange Live-Nachrichten-Strecken sendet, sind wir nahezu ab der ersten Eilmeldung in einer Art Sonderprogrammierung. D.h. wir bilden für den Zuschauer sofort die Nachrichtenentwicklung in ihrer gesamten Dynamik ab. Je substantieller eine Geschichte ist, desto mehr Sendefläche nimmt eine Geschichte ein. Im konkreten Beispiel haben wir zirka 30 Minuten nach der ersten Meldung monothematisch über den Amoklauf und seine Auswirkungen berichtet.
Darüber hinaus informiert die Chefredaktion sehr zügig und dauerhaft die Geschäftsführung und gemeinsam wird über die Ausweitung der bestehenden Nachrichtenflächen entschieden.
Schauen Sie an solchen Tagen auch besonders darauf, wie die Konkurrenz aus RTL, n-tv und ARD reagiert?
Selbstverständlich beobachten wir auch die Arbeit der Kollegen. Wir nutzen die unterschiedlichen nationalen und internationalen TV-Sender, ebenso wie Hörfunk und Internet als aktuell berichtende Quellen, um unseren Informationsstand abzugleichen.
Ihre Reporter waren innerhalb kürzester Zeit in Baden-Württemberg. Wie ist es möglich, diese so schnell in den kleinen Ort zu bringen?
Jeden Tag berichten unsere Live-Reporter mit unseren Übertragungswagen von den unterschiedlichsten Orten in Deutschland. Unser Kollege Philipp Stelzner war an diesem Tag nicht weit entfernt von Winnenden für eine andere Geschichte im Einsatz und so war es möglich, dass er bereits knapp 90 Minuten nach der ersten Meldung unser Zuschauer mit Live-Berichten informieren konnte.
Wie sehen Sie die Rolle der Medien bei einem solchen Verbrechen? Sie transportieren die Tat und sorgen dafür, dass sie zum gefährlichen Gedankengut wird…
Glaubwürdigkeit ist für uns als Nachrichtensender das höchste Gut. Wir sehen unsere Aufgabe darin, die Zuschauer über die aktuelle Nachrichtenentwicklung zu informieren. Damit erzeugen wir notwendige Transparenz. Auch wenn wir über die Reden des Iranischen Präsidenten zu Israel berichten, sind wir gezwungen "gefährliches Gedankengut" zu transportieren. Damit muss man sich in einer Demokratie immer auseinandersetzen.
Welches Feedback bekommen Sie von den Reportern vor Ort. Ich könnte mir vorstellen, dass die Presse dort nicht unbedingt gern gesehen ist, denn sie stellt Fragen in Momenten, in denen viele Leute vielleicht gar nichts sagen möchten.
Unabhängig von der jeweiligen Geschichte erhalten unsere Kollegen eigentlich immer das gleiche Feedback. Die meisten Menschen halten unsere Berichterstattung für ausgewogen und für notwendig. Aber unbestritten ist, dass die Menschen in Winnenden durch den Amoklauf in eine Extremsituation geraten sind. Die gefühlte Sicherheit in ihrer gewohnten Lebenssituation ist auch für viele nicht direkt Betroffene verloren gegangen. In dieser Situation sind viele froh, sich an die öffenlichkeit zu wenden. Andere wollen nicht reden. Unsere N24 Kollegen respektieren das. Leider gibt es aber immer wieder, einige Journalisten, die die Grenzen des Anstandes überschreiten. Aber die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung erkennt unser Bemühen an, eine gute Berichterstattung zu gewährleisten.
Vielen Dank für das Interview.