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Die Kritiker: «Schuldig»

Story
Das Leben von Eva Senn, erfolgreiche Wissenschaftsjournalistin und preisgekrönte Sachbuchautorin, gerät binnen kurzer Zeit völlig aus den Fugen: Erst wird sie nach 30 Jahren Ehe von ihrem Mann Kurt verlassen, dann verliert sie ihren Führerschein wegen Alkohols am Steuer und fährt kurz darauf die Studentin Lea an. Dabei wollte sie nur den schlecht geparkten Wagen ihrer Freundin Marie zurücksetzen, um dem Linienbus Platz zu machen. Der Unfall hat dramatische Folgen. Die junge Frau ist querschnittsgelähmt - und Eva trägt daran die Schuld. Für Eva Senn ist der Weg zurück in ein normales Leben nahezu unmöglich. Schuldgefühle und Hilflosigkeit werden zu ständigen Begleitern. Doch damit nicht genug: Die Menschen in der Nachbarschaft tuscheln über sie, und zu Hause erhält Eva von einem mysteriösen Anrufer Morddrohungen. Zu allem Überfluss offenbart ihr der Chefredakteur Rudolf, dass ihre Artikel zurzeit nicht gefragt sind. Eva fühlt sich verfolgt, unter Druck gesetzt und missverstanden. Sie merkt, dass sie in einen Strudel der Destruktion gerät und beginnt, sich von der Umwelt abzuschotten. Selbst ihre beste Freundin, die fröhliche und chaotische Marie, dringt nicht mehr zu Eva durch. Die Freundschaft wird auf eine harte Probe gestellt.

Dann lernt Eva den Anwalt Peer Gutenberg kennen, der vor zwei Jahren seine Frau verloren hat. Er steht Eva nicht nur juristisch zur Seite, sondern versucht sie aufzuheitern und rät ihr dringend, sich wegen der anonymen Anrufe an die Polizei zu wenden. Doch Gutenberg bleibt dabei stets ein wenig undurchsichtig und scheint mehr zu wissen, als er preisgibt. Spielt er ein doppeltes Spiel?

Die Schuldgefühle lasten weiterhin schwer auf Eva. Vergeblich versucht sie immer wieder, Kontakt zu Lea aufzunehmen. Das Mädchen scheint schwer depressiv zu sein und nimmt starke Medikamente. Dann ist Lea plötzlich aus ihrer WG verschwunden und keiner weiß, wohin. Verzweifelt wendet sich Eva an die Polizei, doch Kommissar Hellmann weigert sich, eine Fahndung auszuschreiben, nur weil ein Mädchen seine Wohnung verlassen hat. Panisch macht sich Eva selbst auf die Suche nach der jungen Frau, denn sie ist offenbar die Antwort auf viele Fragen…

Darsteller
Thekla Carola Wied («Auf eigene Gefahr», « 1:0 für das Glück») ist Professor Eva Senn
Carin C. Tietze («Der Winzerkönig», «Der Bulle von Tölz») ist Marie
Jürgen Tarrach («Ein Mann, ein Fjord!», «Der Vorleser») ist Peer Gutenberg
Effi Rabsilber («Zwei Engel für Amor», «Vampirwind») ist Lea Freudner
Jens Schäfer («Der Tote Taucher im Wald», «Nick Knatterton») ist Kommissar Hellmann
Michael Hanemann («Alles was recht ist», «Mord mit Aussicht») ist Dr. Kurt Senn
Thomas Thieme («Krupp», «Der Baader Meinhof Komplex») ist Chefredakteur Rudolf

Kritik
Mit dem Filmdrama «Schuldig» wird dem Zuschauer eine schwer verdauliche Mischung aus Schuld, Sühne und Rache vorgesetzt. Nach einem bisher sehr guten Leben, muss die mustergültige Eva Senn – sie bringt als Erfolgsfrau die Berufe Journalistin, Starautorin und Professorin unter einen Hut – mit ansehen, wie ihr Leben nach und nach zerstört wird. Zuerst verlässt sie ihr Ehemann ohne große Vorankündigung oder Vorahnung, dann verliert sie aufgrund einer durchzechten Nacht zu allem Überfluss auch noch ihren Führerschein. Als wären diese Tatsachen nicht schon genug, verursacht Eva auch noch einen Verkehrunfall, bei dem eine junge Frau schwer verletzt wird und letztlich querschnittsgelähmt im Rollstuhl landet. In einem mustergültigen Demontageprozess in aller Öffentlichkeit wird dann das einst so positive Leben der Eva Senn vollends auf den Kopf gestellt.

Neu ist die Thematik beileibe nicht, doch während andere Filme bei den oben beschriebenen Alkoholexzessen und dem Verdrängen von Schuldgefühlen aufhören, geht der hier vorliegende Film weiter. Er zeigt auch die Gefühlswelt der vermeintlichen Schuldigen auf – in diesem Fall die Welt der Eva Senn – und zeichnet einen ihr gegenüber bestehenden beängstigenden Kosmos aus Hass, Vorurteil und Rachegelüsten auf. Thekla Carola Wied spielt die Rolle der ambitionierten aber dennoch sehr moralischen Eva Senn sehr überzeugend und engagiert. Sie entflieht damit kurz vor ihrem 65. Geburtstag am 05. Februar dem auf sie so maßgeschneiderten Image der mustergültigen Mutter, einem Rollenbild, das sie in den 1980ern mit «Ich heirate eine Familie» so groß und bekannt gemacht hat. Dabei hatte Wied zu Beginn ihrer schauspielerischen Karriere gerade in jenem ernsteren und anspruchsvolleren Fach ihre Sporen verdient, in das sie jetzt so glanzvoll zurückzukehren weiß.

Zu verdanken hat sie es vor allem dem Drehbuchautoren und Regisseur Nils Willbrandt, der sich in der jüngeren Vergangenheit auch für einzelne Folgen bei «SOKO Wismar» und bei ARD-«Tatort» auszeichnen konnte. Das gekonnte und melodramatische Drehbuch erhält zudem einen weiteren verstärkenden Charakter durch die kühle Bildsprache des durch den Grimme-Preis für «Unter dem Eis» ausgezeichneten Kameramanns Jens Harant. Aber auch die weiteren Hauptfiguren wie Carin C. Tietze als Marie, Jürgen Tarrach als Peer Gutenberg oder Effi Rabsilber als vermeintliches Opfer Lea Freudner machen ihre Sache so gut, das das Gesamtpaket einfach stimmig funktioniert.

Ein Film, der nachdenklich stimmt und sich mit dem heutigen Wertesystem über Moral, Schuld und Sühne doch recht kritisch auseinandersetzt.

Das Erste zeigt «Schuldig» am Mittwoch, den 04. Februar 2009, um 20.15 Uhr.
03.02.2009 11:30 Uhr Kurz-URL: qmde.de/32926
Torben Gebhardt

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Schuldig

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