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Die Kritiker: «Wenn Frauen morden»

Story
Anfang der 50er Jahre sorgte der Fall Ruth Blaue im ganzen Land für Aufsehen. Seinen Ursprung hat er im Jahr 1946, als die Infrastruktur im Nachkriegs-Deutschland kaum funktionsfähig war, Menschen zwischen den einzelnen Besatzungszonen hin- und herwechselten und Kriegsgefangene aus den Lagern heimkehrten. Damals waren die Bedingungen für die Aufklärung eines Kriminalfalls besonders ungünstig.

14. November 1946, Elmshorn bei Hamburg, ein verregneter Tag. Ein junger Mann und eine Frau schieben ein Fahrrad ans Ufer eines kleinen Teichs. Auf dem Sattel liegt ein schweres Paket. Der Mann, Horst Buchholz (22), schultert das Paket, steigt mit ihm ins Wasser. Ruth Blaue (32), die Frau, schaut ihm zu. Der Inhalt des Pakets: die Leiche des Ehemanns der Frau, John Blaue (32). Er ist mit fünf Axthieben getötet und dann in einen Teppich eingewickelt worden. Ein paar Tage später meldet Ruth Blaue ihren Mann als vermisst. Er wäre, so berichtet sie der Polizei, in den Osten gefahren, um dort einen Lkw für sein Fuhrgeschäft abzuholen.

Ein Jahr später finden badende Kinder die halbverweste Leiche mit dem gespaltenen Schädel - John Blaue. Es gelingt der Polizei nicht, den Toten zu identifizieren.
Acht Jahre später (1954) sieht der ehemalige Leiter der Mordkommission Itzehoe die Akte „Ungeklärte Fälle“ durch. Er stößt dabei auf die Vermisstenanzeige der Ruth Blaue und beginnt zu recherchieren. Dabei stößt er auf so viele Ungereimtheiten, dass er Blaue und Buchholz verhaften lässt. Im Verhör machen die beiden immer neue, sich widersprechende Aussagen. Schnell ist klar: Die beiden sind ein Liebespaar. War ihnen der Ehemann im Weg?

Es dauert nicht lange, bis sie die Tat zugeben. Doch wer wie und unter welchen Umständen am direkten Mord beteiligt war, das wird immer wieder anders behauptet. Am 14. November 1955 beginnt der Prozess vor dem Schwurgericht Itzehoe. Vier Tage vorher hat Buchholz sich in seiner Zelle umgebracht. Ruth Blaue ist geschockt. Von jetzt an bestreitet sie jede Beteiligung an dem Verbrechen. Aber sie hat bis zu diesem Zeitpunkt schon so oft ihre Version der Tat geändert, dass ihr das Gericht nicht mehr glaubt. Dazu trägt auch das psychologische Gutachten bei, das feststellt, dass „die Angeklagte eine ungewöhnliche, in vieler Hinsicht abartige Frau ist. Ihr Temperament wechselt von der steifen Pedanterie bis zur enthusiastischen Überstiegenheit. Charakterlich ist sie ehrgeizig, ungewöhnlich geltungsstark und egozentrisch, kann sich Dinge so lange einreden, bis sie sie selber glaubt“.

1969 wird Ruth Blaue nach 14 Jahren Haft freigelassen. Sie ist unheilbar an Krebs erkrankt und stirbt am 27. Dezember 1972.

Kritik
Der erste Teil der neuen Reihe «Wenn Frauen morden» von Ute Bönnen und Gerald Endres wird neben der vorliegenden Filmdokumentation gleichzeitig auch als Buch veröffentlicht. Und letztere Form der Umsetzung scheint zumindest nach Ansicht des Auftaktes auch die bessere Form der Veröffentlichung zu sein. Die TV-Dokumentation versucht zwar den Medienaufschrei der 1940er und 50er in die heutige Zeit zu vermitteln, verliert sich aber in viel zu vielen Details, welche in Buchform doch wesentlich besser und intensiver zu konsumieren sind.

So gerät der knapp 45-minütige Film zu einem faktischen Zeitzeugnis, bei dessen Spurensuche auch zahlreiche Zeitzeugen und Experten zu Wort kommen. Die Originalaufnahmen aus der Nachkriegs-Zeit um 1945 und den Folgejahren sowie die Interviews von ehemaligen Freunden, Nachbarn und anderen Weggefährten von Blaue und Buchholz werden in die Rekonstruktion aus Spielszenen eingebaut und lassen den eigentlichen Fortschritt hin zur letztendlichen Verurteilung/Urteilsverkündung der Verdächtigen sehr langwierig werden.

Der eigentliche und selbsternannte Zweck, die zehn Prozent aller Gewaltverbrechen, nämlich die mit weiblichen Urhebern, näher zu beleuchten, schlägt größtenteils fehl. Es gerät vielmehr zu einem Zeitzeugnis der jeweiligen Epoche und deren z.T. sehr schweren Schicksalen. Lediglich die Wortmeldungen der forensischen Expertin und weiterer Experten setzen zumindest einen kleinen Augenmerk auf mögliche Motive im Handeln von Ruth Blaue. Faktenwissen und abgesicherte Expertisen sehen aber anders aus.

So ist dann auch vom einst so großen medienwirksamen Aufschrei im Hier und Jetzt weit und breit nicht wirklich etwas zu spüren bzw. zu hören. Seine Zielgruppe wird die Reihe dennoch finden, wie groß sie denn auch sein mag. Ob der Sendeplatz sich zudem für das Erste rentieren wird bleibt ebenfalls abzuwarten.

Das Erste zeigt den ersten Teil der neuen Reihe «Wenn Frauen morden» am Montag, den 12. Januer 2009 um 21.00 Uhr.
10.01.2009 10:22 Uhr Kurz-URL: qmde.de/32466
Torben Gebhardt

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Wenn Frauen morden

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