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Wie echt ist «Bauer sucht Frau»?

Quotenmeter.de-Redakteur Christian Richter blickt auf die vergangene Staffel der erfolgreichen Show zurück und fragt sich, wie authentisch das Format wirklich ist.

Was ist der Erfolg von «Bauer sucht Frau»? Warum ist diese Reality-Show so viel erfolgreicher als anderen dieser Art? Moderatorin Inka Bause beantwortet diese Frage stets mit der Authentizität der Landwirte. Sie wären deshalb so charmant, weil sie eben so sind wie sie sind. Aber ist das wirklich so?

Kann es überhaupt eine echte Authentizität im Fernsehen geben? Sobald ein zwei- bis dreiköpfiges Kamerateam hinter einem Menschen hinterherläuft, wird sich dieser immer künstlich verhalten und sich verbiegen. Vielleicht etwas mehr, vielleicht etwas weniger. Die Beobachtung an sich verfälscht schon das Ergebnis.

Man muss die Show aber gar nicht so grundsätzlich in Frage stellen. Es reicht ein oberflächliches Anschauen der gezeigten Folgen. Wie schon bei den vergangenen Staffeln schmeckte bei vielen Szenen der Verdacht nach, dass die romantischen Kutschfahrten oder Anträge im Heu durch die Macher der Show inszeniert wurden. Wie sonst soll der romantische Schwarzwälder Frank innerhalb weniger Stunden an ein riesiges Banner mit seiner Liebesbotschaft herangekommen sein?

Und wieso wird jede Kandidatin von ihrem Bauern mit einem Traktor vom Bahnhof abgeholt? Wieso findet bei jedem Bauern rein zufällig während der Hofwoche ein Fest statt, auf der die Auserwählte präsentiert werden kann? Wieso schleppt jeder Bauer seine Angebetet im Laufe der Hofwoche zu einem gemeinsamen Picknick in die Natur? Und wieso haben fast alle den gleichen Sekt dabei? Diese Gemeinsamkeiten sind zu auffällig um nicht an eine Manipulation denken zu müssen.

Selbst wenn die Produzenten die Bauern zu diesen Aktionen nicht überreden, sondern lediglich einen Denkanstoß in diese Richtung geben, verfälschen sie damit trotzdem ihr natürliches Verhalten. Vielleicht hätte der eine oder andere seine Herzdame sonst gar nicht abgeholt oder sie sogar mit einer noch romantischeren Geste überrascht? Wenn die Macher der Show tatsächlich die Kandidaten derart lenken würden, wäre es letztendlich nicht nur ein Betrug am Zuschauer, sondern auch an den Kandidatinen, die die Bauern viel romantischer erleben würden, als sie es wirklich wären.




War es nicht genauso auffällig, dass der attraktive Schweinebauer Torsten stets von seiner Katharina schwärmte, bis ganz plötzlich die Situation kippte und weder sie noch er sich weiter ertragen zu schienen können. Es wäre nicht das erste Mal in der Geschichte von «Bauer sucht Frau», dass ein Paar absichtlich einen Streit provozierte um sich aus dem Fokus der Kamera befreien zu können.

Hätte Bauer Heinrich wirklich bei jeder Gelegenheit sein Schäferlied gesungen, auch wenn RTL nicht gleichzeitig die Telefonnummer mit dem Download des entsprechenden Klingeltons anbieten würde? Haben der gemütliche Georg und seine Carola wirklich immer nur gegessen? Wer weiß?
Aber allzu oft hatte man als Zuschauer das Gefühl, dass mit Absicht Klischees bedient, Handlungsbögen konstruiert und dramatische Momente erzeugt werden. Ein Paar muss sich auch mal streiten und ein fülliger Bauer isst nun einmal gern und viel.

Nun wird man sagen können, dass dies nur Zugeständnisse des Formates an den Unterhaltungswert sind und dass die Protagonisten trotzdem sie selbst bleiben würden. Schließlich gebe es kein Drehbuch. Nun, diese Aussage ist sicherlich richtig. Die Frage ist nur, wo eigene Authentizität beginnt und Inszenierung anfängt. Was ist gerade noch echt genug und was ist schon verstellt? Die Grenze legen zum einen natürlich die Bauern und ihre Frauen fest, denn sie müssen sich nicht zu jeder Aktion überreden lassen. Doch der größere Anteil bei der Definition dieser Grenze liegt bei den Machern der Show, die mit ihrer Medienerfahrung sicher sehr überzeugend auf die Kandidaten einwirken können.

Am Ende bestimmt vor allem die Nachbearbeitung die Wirkung der einzelnen Situation. Jedem Bauern wird von Anfang an eine Rolle zugesprochen, die er im Ensemble vertreten muss. Diese Rolle wird anschließend durch Schnitt und musikalische Untermalung zementiert – ohne eine Möglichkeit des Bauern diesem Klischee entkommen zu können. Nicht umsonst beschwerte sich während der dritten Staffel der Bauer Markus über die falsche Darstellung seiner Person.

Hier liegt die Vermutung nah, dass gnadenlos herausgeschnitten wird, was nicht zur Rolle passt oder wenig unterhaltsam ist. Diese Vermutung wird vor allem mit der Tatsache untermauert, dass beim Scheunenfest am Anfang der aktuellen Staffel Bauern stehen, die im weiteren Verlauf der acht Folgen noch nicht einmal erwähnt werden. War ihre Hofwoche am Ende so langweilig, dass sie komplett aus der Show geschmissen wurden?

Ein kluger Medienbeobachter sagte einmal, dass „Fernsehen für uns gemacht wird“ und meint damit, dass die Programme nur so inszeniert werden, dass sie dem Zuschauer gefallen – unabhängig von der Realität. Es zählt eben nicht die Wirklichkeit, sondern nur ob es den Zuschauer unterhält. Dieser Satz trifft auf «Bauer sucht Frau» wohl ebenfalls zu. Auch wenn die Show sicher viele authentische Züge hat, ist bestimmt nicht alles echt, was dort gezeigt wird. Am Ende scheint die Illusion der Echtheit das einzig sichere an einem solchen Programm zu sein. Das wäre eigentlich nicht weiter tragisch, wenn das Format offen dazu stehen würde und nicht selbst die totale Echtheit betonen würde.
09.12.2008 11:47 Uhr Kurz-URL: qmde.de/31470
Christian Richter

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Bauer sucht Frau

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