Rückblicks-Duell: Kerner war relevanter als Jauch (2)
Erstmals gingen RTL und ZDF mit ihren Rückblicken zeitgleich auf Sendung. Quotenmeter.de-Redakteur Alexander Krei zappte zwischen Jauch und Kerner und notierte fleißig mit. Seine Erkenntnisse...
Fehlen durfte zudem auch Paul Potts nicht, der – Telekom sei Dank – in diesem Jahr hierzulande seinen Durchbruch schaffte. Live gab er „Nessun Dorma“ zum Besten und rührte damit mit Sicherheit wieder zahlreiche Zuschauer-Herzen. Johannes B. Kerner versuchte es nun erneut mit einem ernsteren Thema, dem Holzklotz-Mörder, der vor einigen Monaten für Schlagzeilen sorgte. «XY»-Moderator Rudi Cerne schilderte die Ereignis im Studio, ehe schließlich das 72-jährige Opfer der Münchner U-Bahn-Schläger Platz nahm. Allmählich wurde es nun auch bei Jauch wieder brisanter: Die Feuer-Tragödie von Ludwigshafen stand auf dem Programm.
Ein Thema, das wirklich ganz Deutschland bewegte, kam bei Kerner gegen viertel nach zehn auf die Agenda: Der ärgerliche Bildausfall beim EM-Spiel zwischen Deutschland und der Türkei, der wegen Thorsten Schmidt nur halb so ärgerlich wurde. Der Grund: Der ZDF-Mitarbeiter zapfte das Schweizer Fernsehen an und die Fans verpassten dadurch weit weniger als Zuschauer in anderen europäischen Ländern. Und auch Kommentator Béla Réthy bekam Gelegenheit, von den spannungsreichen Minuten zu erzählen. Damit war Kerner nun also auch endlich im Fußball-Fieber: Bastian Schweinsteiger und Jens Lehmann plauderten auf Kerners Couch in der Folge über ihre Sommer-Erlebnisse. Interessant: Ex-Torhüter Oliver Kahn stieß auch noch dazu und traf damit auf den Mann, der ihn 2006 aus dem dem National-Tor verdrängte.
Ohnehin fielen die Jahresrückblicke in diesem Jahr ziemlich sportlich aus, wie nun wiederum bei RTL deutlich wurde. Sebastian Vettel, der in diesem Jahr seinen ersten Grand Prix-Sieg in der Formel 1 feierte, stellte sich auf gewohnt sympathische Weise Günther Jauchs Fragen. Standesgemäß durfte er das Studio allerdings zuvor im Red Bull-Boliden „betreten“. Etwas eng sei es bei der Einfahrt gewesen, sagte Vettel. „Die Leute haben wie beim Staubsaugen zu Hause die Füße hochgehoben“, scherzte er. Was für’s Auge bot danach Sängerin Leona Lewis, die mit Paul Potts übrigens der Sieg bei einer britischen Castingshow eint.
Nach wie vor um Fußball ging es bei Johannes B. Kerner, der Deutschlands schlechteste Fußball-Mannschaft begrüßte – wie übrigens einige Monate zuvor schon in seiner abendlichen Talkshow. Fachkundige Ratschläge von Kahn und Lehmann für den Torwart gab’s inklusive. Zurück bei Günther Jauch, saß nun Thomas Beatie mit Frau und Kind auf dem Sessel. Als „erster schwangerer Mann der Welt“ machte er zahlreiche Schlagzeilen und nun erzählte er über seine Zeit, in der er das Kind in sich trug – ein seltener Gast im deutschen Fernsehen, der nun schon wieder schwanger ist.
Danach dann wieder Olympia, diesmal kam jedoch nicht erneut Fabian Hambüchen zu Jauch sondern Gold-Schwimmerin Britta Steffen, die gegen Udo Lindenberg bei Kerner antreten musste. Der lieferte einen tollen Auftritt, denn er durfte nicht nur singen, sondern malte im Anschluss auch noch ein kurioses Bild aus diversen Spirituosen. Etwas unerwartet ging es dann weiter, denn auch «switch» blieb nicht außen vor – die ProSieben-Parodisten zeigten als Claus Kleber und Gundula Gause ihr Können. Geniale Abmoderation: „Und jetzt zurück zu Johannes B. Kerner – naja, immer noch besser als «Bauer sucht Frau» im Unterschichten-Fernsehen“.
Auf eine Oliver Kahn-Parodie verzichtete das «switch»-Team nicht, ebenso wie Oliver Pocher, der zum gleichen Zeitpunkt zu Günther Jauch kam und eigentlich recht wenig zu sagen hatte. Interessanter war es da schon bei Kerner, der kurz vor halb zwölf jenen Mann begrüßte, der erste Patient einer Armtransplantation ist. Und so zeichnete sich auch am Ende ein Bild, das eigentlich einen Großteil des Abends schon vorherrschte: «Menschen 2008» war einfach relevanter als Jauchs Emotionen, bei denen ein Auftritt des Mundharmonika spielenden «Supertalents» zum Schluss wohl nicht fehlen durfte.
Kerners Betthupferl war Charlotte Roche, die mit ihren „Feuchtgebieten“ in diesem Jahr die Bestseller-Listen eroberte. Dass Marcel Reich-Ranicki das Werk dann auch noch rezensierte und es als „ekelhaft und widerlich“ abstrafte, entbehrte nicht einer gewissen Komik. Und damit endete dann auch der ZDF-Rückblick, der trotz fehlender Werbepausen einige Minuten länger dauerte als Jauchs RTL-Show. Länger und in der Summe auch besser – und letztlich war es vielleicht dann doch nicht so schlecht, dass beide Sendungen zur gleichen Zeit ausgestrahlt wurden. Langweilige Strecken konnten so geschickt umgangen werden. Danke, liebe Fernsehmacher.
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07.12.2008 23:59 Uhr
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Alexander Krei