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Die Adventsüberraschung: Eine Kurzgeschichte

Zum zweiten Advent hat Quotenmeter.de eine weitere Überraschung parat. Diesmal ist es eine fiktionale Kurzgeschichte.

Für die Quote
„42 Grad im Schatten. Lustig, dass ich diese Phrase wirklich mal am eigenen Leib erleben darf. Oder muss…“. John Enelo musste wachsam sein. Obwohl ihm der Schweiß mittlerweile in Strömen über die Stirn lief und er alle paar Sekunden dazu ansetzen musste, ihn abzuwischen, war er in Alarmbereitschaft. Das letzte Spiel hatte begonnen. Das finale Duell um den Titel als „größter Held der Welt“. Dies war es, wofür er bei diesem Wettbewerb in der Wüste angetreten war; dies war es, wovon er als Kind jahrelang geträumt hatte. Und jetzt war er seinem Ziel so nahe.

„Hey John, pass auf, wo du hinschaust. Ich bin überall und nirgends“, schrie ihm Aaron ins Ohr. Aaron war sein Feind – der letzte Gegner, den er ausschalten musste. Die Grausamkeit dieses Spiels bestand darin, dass die beiden Kontrahenten jederzeit über ein Headset miteinander kommunizieren konnten oder mussten. Zwischen all diesen Ruinen war Aaron versteckt und wartete darauf, gegen John zu gewinnen. Doch sollte sein Leben in dieser Wüste nun wirklich enden? „Aaron, du weißt genau, dass du keine Chance gegen mich hast. Ich habe das besser Gespür, die bessere Ausrüstung und du bist nachtblind.“ Der letzte Punkt verschaffte John nicht wirklich einen Vorteil, da diese Wüstenlandschaft, in der sich die beiden Gegner seit Beginn des Spiels befanden, mit Scheinwerfern beleuchtet wurde, um den Milliarden Zuschauern vor den Bildschirmen ein perfektes Bild zu liefern. John wusste, dass er der Liebling der Massen war. Alle wollten ihn heute Nacht siegen sehen. Jeder hatte auf ihn Wetten abgeschlossen. Er durfte seine Fans einfach nicht enttäuschen, obwohl er noch nie einen seiner Fans in echt gesehen hatte.




Damals, vor dreißig Jahren, hatte der Kommandant zu John immer gesagt: „Sei dein eigener Fan!“ Doch er konnte es nie sein, war nie von sich überzeugt, nie bereit, seine Stärken als Soldat zu akzeptieren. Dieses letzte Spiel würde ihm nun zeigen, ob er das Zeug dazu hat, sich selbst zu gefallen. Sieg oder Niederlage, Selbstgewinn oder Selbstverlust – alles stand wortwörtlich auf dem Spiel. Er schlich zur nächsten Mauerecke. Die Nachtsichtgeräte störten ihn bei der Erkundung des Gebietes. Obwohl er auch ohne sie hätte sehen können, musste er sie tragen – das würde die Spannung für die Fernsehzuschauer steigern, hatte der Spielleiter mal gesagt. Aaron schien sich schnell zu bewegen, denn John hörte sein Keuchen ziemlich deutlich. Oder war er etwa direkt in seiner Nähe?

Zwei Tage und Nächte waren vergangen. John war es ganz gut ergangen, er hatte einige vom Spielleiter präparierte Nahrungsrationen und sogar eine echte Oase gefunden. Doch Aaron war ihm nie zu Gesicht bekommen. Er fragte sich langsam, wie weit dieses Wüstenareal sein musste. Immer wieder fielen ihm beim Gehen kurz die Augen zu, doch er musste wach bleiben. Würde er einschlafen, war das Spiel so gut wie sicher verloren. Auch Aaron erging es nicht anders – die gegenseitigen Anfeindungen über das Headset hatten mittlerweile ironischen Charakter, weil sie wach hielten. Eine Art stillschweigende Verbündung im Kampf. Aber John wusste, dass er nicht mehr allzu lange so weitermachen konnte. Das Spiel näherte sich dem Ende und der Spielleiter verkündete über das Headset die aktuellen Einschaltquoten und nannte die Zuschauerzahlen, um die beiden Protagonisten dieses perfiden Spieles weiter dazu anzuspornen, ihr bestes zu geben.

Es wurde Nacht und die Flutlichter schalteten sich automatisch wieder ein. John hatte mittlerweile zwei Kämpfe auszutragen – jenen gegen Aaron, und den gegen seine Müdigkeit. Aaron drehte langsam durch und redete nur noch wirres, zusammenhangsloses Zeug. Aber auch das mochte vielleicht nur eine Taktik sein. Bevor John nun kurz davor war, sich einen weiteren Energydrink zu gönnen, den er noch kurz vor Anbruch der Dunkelheit in einer Kiste gefunden hatte, entdeckte er das grüne Licht, das darauf hindeutete, dass er Aaron gefunden hatte. Sein Gegner hatte sich letztendlich selbst verraten, als er immer wieder von der dritten Wüstenruine sprach – wahrscheinlich im Zustand kurz vor dem Delirium. John hatte sich am frühen Nachmittag dorthin auf den Weg gemacht – zumindest glaubt er, den Weg dorthin zu kennen, aber scheinbar hatte es sich ausgezahlt. „Ich sehe dich“, schrie Aaron plötzlich. Auch er hatte ihn nun entdeckt. Sie standen einige hundert Meter auseinander. Johns Herz pochte wild; er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. „Jetzt muss ich nur noch das machen, was ich seit Kindertagen gelernt habe. Waffe zücken, zielen, schießen. Waffe zücken, zielen, schießen. Waffe zücken, zielen, schießen…“, dachte John, und tat kurz darauf, was ihm sein Bewusstsein gerade instinktiv befohlen hatte. Auch Aaron fuchtelte mit seiner Waffe herum und zielte schon auf John. Doch der rote Punkt, der die Trefferzone markierte, war zum Glück noch nicht auf seinen Körper gerichtet. John wusste, dass Aaron nicht mehr gut zielen konnte. Nun richtete John seine Waffe auf Aaron und schoss. Mit dem Mann, den er gerade umgebracht hatte, trank er noch vor einigen Tagen an der Bar Bier und sinnierte über dieses Spiel. Nun war es vorbei und der Spielleiter gratulierte zum Sieg.

John schaltet den Fernseher aus. Die letzte Folge ist gelaufen, die Einschaltquote liegt bei 92 Prozent. Vor Johns Haus warten Fans. Er legt sich schlafen.
07.12.2008 15:25 Uhr Kurz-URL: qmde.de/31426
Jan Schlüter

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Advent

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