Manuel Weis hat die neue Sat.1-Telenovela in Berlin besucht. Wie wird das neue Sat.1-Format hergestellt und was machen die Darsteller in Drehpausen?
Potsdam, ein spätsommerlicher Vormittag, geschätzt etwas mehr als 20 Grad. Wir fahren über Kopfsteinpflaster, von den Straßenrändern lachen Politiker – in Brandenburg wird in Kürze gewählt. Mitten in einer heimeligen Straße befinden sich die Parkstudios, in denen derzeit die Sat.1-Telenovela «Anna und die Liebe» produziert wird. Am Empfang vorbei geht es nach links und schon befindet man sich im Vorraum der Kantine. Am Set herrscht hektisches Treiben: Für den Vormittag sind zwei große Szenen geplant, in denen fast der komplette Hauptcast mitspielt.
Und so kommt es auch, dass kaum Zeit vorhanden ist, um Geburtstagskind Alexander Klaws ein Ständchen zu singen. „Vielleicht sollten wir in der Mittagspause über die Studiolautsprecher singen?“, überlegt Darsteller Lars Löllmann, der in der Serie den bösen Bruder Gerrit spielt. Schnell wird klar: Obwohl die Crew gerade erst etwa drei Monate zusammenarbeitet, sind sie zu einem richtigen Team geworden. Im großen Studio – das etwa 1.000 Quadratmeter misst – laufen derweil die Vorbereitungen für die Szene im Konferenzraum der Agentur Broda & Broda. Regisseur Laurenz Schlüter geht mit den Darstellern Text und Ablauf durch, gibt vor, wie Roy Peter Link den Raum betreten soll.
Das Set ist clever aufgebaut: Die gesamte linke Hälfte des Studios ist von den Agenturräumen belegt – so ist es möglich, dass die Kameras auch raumübergreifend filmen. „Das erzeugt mehr Tiefe“, berichtet Produktionsleiter Kilian Grauel. Rechts befinden sich hingegen die Räume der Wohnung Polauke. Das Highlight dieser Räume ist sicherlich das mit sehr viel Liebe eingerichtete Zimmer von Titelheldin Anna – samt Schneekugeln. Wie so oft im Fernsehen ist das Set allerdings wesentlich kleiner – Annas Zimmer hat die Größe einer größeren Abstellkammer, auch das Restaurant kommt auf dem Bildschirm um einiges geräumiger rüber.
Im großen Studio befindet sich zudem auch der Coffee-Shop, der durch eine bewegliche Wand von der Agentur Broda & Broda getrennt wird. Finden Aufnahmen „in der Agentur statt“, müsse man die Wand in Stellung bringen, da man sonst in den Kaffeeladen blicken könnte, erklärt Grauel – sind Szenen im Laden geplant, wird die Wand beiseite geschoben, um an dieser Stelle Kameras positionieren zu können.
Über einen kleinen Gang kommt man wieder zurück in die sogenannte Schleuse, den Verbindungsflur zum anderen, etwas kleineren Studio: Hier liegen die Sets rund um das Restaurant, das Loft der Familie Broda sowie die bislang noch nicht On Air in Erscheinung getretene WG. „Das ist zur Zeit unser Auffangbecken für alle Figuren, die gerade mal kein Zuhause haben“, lacht Produktionsleiter Kilian Grauel. Obwohl die WG erst acht Wochen nach Drehstart das erste Mal bespielt wurde, war dies die Kulisse, die als erste fertig gewesen sei, sagt er.
Pro Tag entstehen in den Studios rund 25 Minuten sendefähiges Material: Die Aufnahmen werden direkt vor Ort bearbeitet, sodass in der Postproduction diese Arbeit nicht mehr anfällt. Eines der Highlights des Studios ist sicherlich der meterlange Rücksteller, der die Berliner Skyline abbildet und hinter dem Loft der Familie Broda angebracht ist. Beleuchtet man ihn von hinten, so sieht man von vorne Berlin bei Nacht – beleuchtet man ihn normal von vorn, so ist die Tagesansicht der Hauptstadt zu sehen. Der moderne Druck macht’s möglich.
Täglich gegen zwölf Uhr mittags ist Drehpause in den Parkstudios und alle Darsteller eilen in die Kantine. Dass sie dabei hin und wieder vergessen, ihre Essenskostüme anzuziehen, soll an dieser Stelle nicht allzu laut gesagt werden. Die Hemden und Pullis dienen dazu, dass die Akteure ihre richtigen Kostüme nicht mit Soße, Cola oder ähnlichem bekleckern. So manchem Schauspieler fiel dies aber erst ein, als es schon fast zu spät war. Die Stimmung beim Mittagessen war locker – man unterhielt sich über «Das perfekte Promi Dinner», bei dem Matthieu Carrière mit gekocht hatte
Immer präsent und immer mit einem bezaubernden Lächeln im Gesicht war übrigens Hauptdarstellerin Jeanette Biedermann, von der am Set wirklich jedermann begeistert ist. „Sie ist ein absoluter Profi und wirklich nie schlecht drauf“, schallte es aus allen Mündern. Da steht sie ihrem Love-Interest Roy Peter Link in Nichts nach. Dieser entwickelt sich zum großen Star der Telenovela – Sat.1 kann sich zumindest vor Fanpost und Autogrammanfragen kaum mehr retten.
So schnell manche Darsteller aus dem Studio zur Essensausgabe gehetzt waren, so schnell waren sie dann auch wieder weg. Textlernen stand für Jeanette Biedermann an, einige andere qualmten noch kurz im Vorhof eine Zigarette, ehe Regisseur Laurenz Schlüter zur nächsten Einstellung bat. Das Leben als Schauspieler ist anstrengend – wer allerdings solche Bedingungen vorfindet wie die Darsteller von «Anna und die Liebe» dürfte dies gut aushalten.
10.09.2008 09:30 Uhr
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Manuel Weis