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Basar der Probe-Gräfinnen

Seit vier Wochen strahlt Sat.1 seine neue Sendung «Gräfin gesucht» am Sonntagvorabend aus. Alexander Görke sah zeitweise zu.

Anke, eine junge, blonde und attraktive Ärztin, lächelt in die Kamera: „Ich glaube der Moritz ist oft überrascht, dass ich nicht so doof bin.“ Da ist Moritz sicherlich nicht der Einzige. Stolz ist Anke zurecht, hat sie es doch geschafft einige Gewürze aus dem Garten des Herren Grafen korrekt zuzuordnen und nun die Chance, den „Märchenprinz“ an Land zu ziehen, dessen Qualitäten Sat.1 klar zu benennen weiß: Schloss, Personal, gutes Aussehen. Von letzterem ist auch der Graf selbst derartig überzeugt, dass der End-Dreißiger es mehrfach selbstbewusst in die allzeit präsente Kamera blafft und dabei überraschend ernst bleibt.

Sat.1 hat sich bei «Gräfin gesucht» vorgenommen, fleißig zu Verkuppeln was das Zeug hält. Da die Konkurrenz sich bereits den Landwirten verschrieben hat, versucht der Bällchensender, den armen, alleinstehenden Grafen der Republik zu dem Glück ihres Lebens zu verhelfen. Fünf Grafen laden dabei interessierte Frauen auf ihre stolzen Anwesen ein und lernen die „Probe-Gräfinnen“ in bester «Bauer sucht Frau»-Tradition kennen. Wie beim großen Vorbild wird bereits nach wenigen Minuten deutlich, warum die Herren der Schöpfung bisher partnerschaftlich in sehr trüben Gewässern fischen. Durch die mehr als einstündige Sendung leitet Marlene Lufen, bekannt aus dem sendereigenen Frühstücksfernsehen. Entsprechend ausgeprägt sind auch ihre Moderationsqualitäten.

Jeder Graf hat sich für seinen Besuch eine attraktive Dame ausgesucht, welche durch die Bank eine Dekade jünger ist als der feine Herr selbst. Allen Damen gemeinsam zu sein scheint der unbändige Wunsch, in höhere gesellschaftliche Schichten aufzusteigen und den erheirateten Wohlstand zu genießen, als hätte es die Emanzipation nie gegeben.




Zurück zu Anke. Für diese ist der Abreisetag gekommen, schließlich möchte der Schlossherr in den nächsten Tagen eine weitere junge Dame, Anna, bei sich begrüßen, welche sinnvollerweise das genaue Gegenteil von Anke verkörpern soll. Warum Moritz trotz seines tollen gesellschaftlichen Standes und seinem phantastischen Aussehen noch allein sei, will Marlene Lufen wissen, die Anke abholt. Er habe die erste Runde verpasst, als alle mit 30 heirateten, jetzt sei er wohl mit der 40er Runde an der Reihe.

Noch vertrauter als die beiden sind Michael und Helen, welche beim gemeinsamen Frühstück ein Bodypainting-Set hervorzaubert und begleitet von schnulziger Musik sich mit Michael gegenseitig Herzchen auf die Wangen pinselt. Als es ans Einpacken des Sets geht sind die Bemalungen seltsamerweise bereits wieder den Antlitzen der beiden entwichen.

Gutsherr Benedikt und seine Probe-Gräfin Gabriela plagen gänzlich andere Sorgen. Gabriela ist tief besorgt darüber, dass der Eingangsbereich des Gutes mit Pflastersteinen versehen ist und sie dementsprechend im Fall der Fälle nicht mit ihren höchsten Absätzen flanieren könnte. Damit das ganze anschaulich wird, holt sie diese aus ihrem Zimmer und präsentiert die enormen Absätze ihrem staunenden Gastgeber. Dieser erkennt sofort den Ernst der Lage und schleppt im Schweiße seines Angesichts einen zufällig noch vorhandenen, immensen grünen Teppich aus einem Nebengebäude heran. „Germany’s next Top-Gräfin“ (O-Ton Sat.1) stolziert zum Test auf Absatztauglichkeit sofort über den neuen Untergrund. Gabriela sagt, sie sei sehr stolz, dass sie ihm ihren Standpunkt erklären konnte und fühlt sich von ihm ins Herz geschlossen, weil er ihre Wünsche so ernst nehme. Da mag selbst der Hund des Grafen nicht länger zusehen und sucht das Weite.

25.08.2008 09:35 Uhr Kurz-URL: qmde.de/29327
Alexander Görke

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Gräfin gesucht

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