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Sonntagsfragen an Dr. Torsten Rossmann

Neuer Vorabend: Neues Magazin, neue Nachrichten. Sat.1-Geschäftsführer Dr. Torsten Rossmann sprach im Quotenmeter.de-Interview über die neuen Info-Sendungen des Senders. Welche Chancen sieht er im Nachrichten-Duell mit den «Tagesthemen» und wie steht er zu Kurznachrichten am Tag? Zudem schließt er künftig eine einheitliche Sendezeit der «Sat.1 Nachrichten» nicht aus.

Herr Rossmann, Sie haben als Mitarbeiter in der PR-Abteilung begonnen. Hätten Sie damals gedacht, dass Sie rund ein Jahrzehnt später einer der wichtigsten Manager dieses Fernsehkonzerns sind?
(lacht) Darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht. Ich habe damals als Konzernsprecher von ProSieben gearbeitet. Georg Kofler hat mich geholt, um den Börsengang vorzubereiten, später sind wir mit Sat.1 fusioniert. Das waren alles spannende Aufträge. Ich hatte immer das Privileg, an wichtigen Entscheidungen dieses Konzerns mittelbar oder unmittelbar beteiligt zu sein.

Kommen wir zu den neuen «Sat.1 Nachrichten»: Was antworten Sie denn dem, der sagt: “Schau an, der Rossmann tritt nun gegen die «Tagesschau» an, der muss verrückt sein”.
(lacht) Wir treten nicht primär gegen die «Tagesschau» an. Unsere Aufgabe ist es den Vorabend zu optimieren. Momentan springen wir dort zwischen Crime-Doku, Nachrichten, Magazin und Crime-Doku hin und her. Das hat zur Folge, dass wir in den ersten Sekunden der Nachrichten sehr deutlich an Marktanteil verlieren. Zudem haben wir in der Zeitschiene von 18.00 Uhr bis 20.15 Uhr eine negative Marktanteilsentwicklung. Im Jahr 2008 kommen wir in diesem Slot bislang auf durchschnittlich 9,4 Prozent. Das ist zu wenig.

Deswegen soll jetzt ein Block aus den Crime-Dokus helfen…
Richtig. Dadurch wird der Audience Flow verbessert. Dass wir, wenn wir die Nachrichten auf 20.00 Uhr legen, auch ein Statement für die Nachrichten abgeben, ist ganz klar. Und natürlich sind wir auch eine Alternative zur «Tagesschau».

Welches Publikum wollen Sie denn holen? Die Jungen gucken die Nachrichten bei RTL II, die “Anständigen” die «Tagesschau».
Bei RTL II informieren sich vor allem die ganz jungen Menschen. Die «Tagesschau» ist stark beim Publikum über 50 Jahre - sie hat aber bei den 14- bis 49-Jährigen werktags bislang im Jahr 2008 nur 9,8 Prozent Marktanteil.

Das hört man in Hamburg nicht gern…
Genau in dieser Zielgruppe wollen wir punkten. 9,8 Prozent bei einer Institution wie der «Tagesschau», das ist kein Wert, den man nicht mittelfristig toppen kann. Wir haben im Konzern lange Jahre Erfahrungen mit Nachrichten um 20.00 Uhr gesammelt - nämlich bei ProSieben. Da kamen wir durchaus manchmal auf ähnliche Werte. Ich sage aber nicht, dass wir diese Werte in Sat.1 gleich von Anfang an erwarten können.

Ist das Ihr Ziel? Das Niveau der damaligen «Newstime» zu erreichen?
(schmunzelt) Nein, eigentlich interessiert mich das nicht. Das Hauptziel ist, dass wir die Quoten des Vorabends verbessern.

Sie haben aber immer gesagt, dass die «Sat.1 News» auf dem aktuellen Sendeplatz zu wenig Relevanz haben - mehr Relevanz bekommen Sie durch mehr Zuschauer… Würden Sie mit mir wetten, dass Sie in der ersten Woche mal über die Zehn-Prozent-Hürde springen?
Ich wette grundsätzlich nicht.

Sie haben sich bei den «Sat.1 Nachrichten» wieder für ein virtuelles Set entschieden: Gelb, blau und braun beherrschen dort das Bild - was haben Sie sich bei der Gestaltung des neuen Studios genau gedacht?
Wir wollen die Nachrichten in einem Studio präsentieren, das zwei Eigenschaften hat: Es muss seriös sein, aber auch eine gewisse Wärme ausstrahlen. Dieses Studio ist das Ergebnis dieser Überlegung. Außerdem soll vermittelt werden, dass es sich in der Tat um Nachrichten aus Deutschland und der Welt handelt. Zudem scheuen wir in der Art wie wir die Nachrichten präsentieren auch keinen Wettbewerb mit «heute», «RTL Aktuell» oder der «Tagesschau».

Roger Schawinski wollte die Sat.1-Nachrichten immer als DIE Nachrichtensendung aus der Hauptstadt verstanden wissen. Das spielt bei Ihnen nur gar keine Rolle mehr…
Wir sind der Überzeugung, dass das für den Zuschauer völlig unerheblich ist. Nachrichten müssen glaubhaft sein, kompetent vermittelt werden, sie müssen verlässlich sein und verständlich.

Die Sendezeit beträgt weiterhin 15 Minuten, beziehungsweise mit anschließender Werbung und Wetter eher 13 Minuten. RTL sendet seine Nachrichten 20 Minuten lang. Böse gefragt: Liefert RTL demnach mehr Infos?
(lacht) Wieso ist das eine Frage des “mehr”? Das ist eigentlich eine Frage der Länge und der Anzahl der Beiträge. Ich denke, dass wir in 13 Minuten - auf diese Zeit werden wir kommen - das Relevante vom Unwichtigen trennen können und so das Informationsbedürfnis der Zuschauer bedienen werden. Das könnte man auch in 20 oder 30 Minuten tun. Aber ich verweise hier gerne auf die Kollegen der «Tagesschau», die seit Jahren mit diesem Zeitrahmen auskommen.

Sie senden aber zu unterschiedlichen Sendezeiten - werktags um 20.00, am Wochenende weiter um 18.30 Uhr. Tut das wirklich gut? Das gibt es momentan bei keinem großen Sender.
Ich muss Ihnen zustimmen, eine einheitliche Anfangszeit wäre von Vorteil. Das haben wir im ersten Schritt noch nicht umgesetzt. Aber ein Argument spricht dafür, dass man 18.30 Uhr am Wochenende weiterführen könnte: Unter der Woche hat sich das Fernsehverhalten geändert, längere Arbeitszeiten und Ladenöffnungszeiten haben dazu geführt, dass die Menschen später nach Hause kommen und somit auch später fernsehen als früher. Das kommt uns um 20.00 Uhr entgegen. Am Wochenende ist das nicht der Fall. Deswegen beginnt der TV-Konsum dort viel früher, vor allem sonntags. Das Wochenende lässt man häufig sehr intensiv vor dem Fernseher ausklingen.

Also ist eine einheitliche Zeit nicht ausgeschlossen.
Da ist das letzte Wort nicht gesprochen. Wir werden die Entwicklung abwarten.

Gehen wir kurz ins Detail: Unter Thomas Kausch gab es fast schon spektakuläre Kamerafahrten in der Nachrichten, aktuell verzichten Sie fast gänzlich darauf. Und in Zukunft?
Ich hoffe nicht, dass das damals das wichtigste Merkmal war. In Zukunft setzen wir vor allem auf unsere Reporter, die immer vor Ort sind und natürlich auf unseren Anchor Peter Limbourg.

Unter Roger Schawinski wollte Sat.1 den Zuschauern das Gefühl geben: Wenn etwas auf der Welt passiert, dann erfahrt Ihr es in Sat.1 sofort. Ich weiß nicht, ob man das der Zuschauer auch heute noch dieses Gefühl haben kann. Kurznachrichten gibt es keine mehr - Informationen zwischen 10.00 Uhr und 20.00 Uhr sind künftig in Sat.1 nicht zu finden.
Die Kurznachrichten hat Roger Schawinski selbst abgeschafft. Es ist auch weiterhin so, dass Sat.1 informieren wird, wenn etwas Wichtiges auf der Welt geschieht. Da muss man - wie auch damals Roger Schawinski - abwägen, was wirklich wichtig ist für unsere Zuschauer. Das müssen dann Nachrichtenereignisse sein, die eine Unterbrechung des Programms rechtfertigen.

Kurznachrichten sind weiterhin nicht geplant?
Die bringen nur etwas, wenn irgendwo etwas sehr wichtiges passiert. Und dann wird es sie auch in Zukunft geben. Jederzeit.

Kommen wir zum Magazin: Das Magazin in Sat.1 wurde ja erst im Herbst einem Relaunch unterzogen. Jetzt folgt ein neuer Relaunch: Ist es zu böse, wenn ich sage, dass das auch ein Eingeständnis eigener Fehlplanungen ist?
Das Magazin hat sich auf dem Quotenniveau von «blitz» gehalten, obwohl andere Formate im Vorabend seitdem schwächer laufen. Das ist eine bemerkenswerte Leistung…

…aber das ist doch das Mindeste, oder?
Was meiner Meinung nach nicht funktioniert hat, war das Studio: Es war zu kalt und passte überhaupt nicht in die Markenwelt von Sat.1. Deswegen haben wir die Anmutung der Sendung überarbeitet. Wichtig ist mir - und das sage ich auch als Marketing-Verantwortlicher des Senders - dass wir über das Studio auch die Wertigkeit unseres Programms unterstreichen. Das neue Magazin-Studio wird wärmer sein, es hat mehr Tiefe - davon profitiert auch die hervorragende Moderatorin Mareile Höppner.

Welche Farben sollen eine große Rolle spielen?
Warme Farben. Gelb, beige und braun beispielsweise.

Ich frage mich nur gerade: Das damalige Studio wurde ja auch nicht vom Pförtner entwickelt - wie kann es denn sein, dass es dann so ein Fehlschuss wurde?
Schauen Sie, ich bin Ende 2003 zu N24 gekommen. Meine erste Entscheidung war, ein Studio-Design, das gerade erst zwei Monate on air war, zu überarbeiten. Es ist klar, dass jeder Verantwortliche seine eigenen Vorstellungen mitbringt.

Ändert sich thematisch etwas?
Wir werden Änderungen vornehmen. Es wird künftig ein Thema des Tages aus dem Bereich des Boulevards geben, es gibt vermehrt Reportagen. Wir werden wieder einen Promi-Block einführen, der die neuesten VIP-Geschichten behandelt.

Und am kommenden Sonntag spricht Dr. Torsten Rossmann mit Quotenmeter.de über den Show-Freitag und den Umzug des Nachrichtensenders N24 in ein neues Gebäude in Berlin.
16.03.2008 10:16 Uhr Kurz-URL: qmde.de/26050
Manuel Weis

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Torsten Rossmann

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