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«1 Stunde Wahnsinn»: Ohne Niveau oder mit On-Going-Story

Manuel Weis hat am Dienstagvormittag genau eine Stunde ferngesehen. Von 10.00 Uhr bis 11.00 Uhr - und dabei eine Menge erlebt.



Über drei Monate ist es her, dass die erste Ausgabe von “1 Stunde Wahnsinn” erschien. Nun - am Faschingsdienstag - ist es wieder an der Zeit, sich das einmal genauer anzuschauen, was unser täglich Brot ist: Das Fernsehprogramm. Während einige Kollegen noch die Kamelle aus den Ohren kratzen, setze ich mich also vor den Fernsehapparat. Die Jogging-Hose habe ich leider im Schrank zu Hause vergessen, für das ultimative 10.00 Uhr-Fernseh-Gefühl wäre sie aber durchaus angebracht.



Weil heute irgendwie ein “Super Tuesday” ist - inzwischen scheint draußen auch leicht die Sonne und Arbeit gibt es auch nicht ganz so viel - entscheide ich mich zunächst für N24, wo über eben diesen Tag in den USA berichtet wird. Wussten Sie, dass Präsidentschaftsbewerber McCain früher gefoltert wurde? Dass er ein Befürworter des Irak-Kriegs ist und mehr für den Umweltschutz tun möchte? Bei N24 hätten Sie es erfahren. Bei Thomas Kluge im Studio befindet sich nach der Maz Melinda Crane, die vom Moderator aber als Frau McCain angesprochen wird. Weder ähnelt sie aber dem Politiker, noch einer Tüte Pommes.







Ich schalte weiter und komme in den Genuß der Wiederholung des Zweitligaspiels Jena gegen Aachen. Weil es in Deutschland ohnehin kaum gute Fußballkommentatoren gibt - und vor allem nur einen im Free-TV - spiele ich mit dem Gedanken, erneut auf die Fernbedienung zu drücken. Aber Stopp. Ein Werbeblock mitten im Spiel? Einfach dazwischen geschoben? Soweit sind wir mittlerweile schon. Es ist 10.15 Uhr und das Programm auf den anderen Sendern wird nicht besser. Bei kabel eins sind Clips zu sehen, ich bleibe aber nicht wegen der mäßig witzigen Bilder hängen, sondern weil die Hintergrundmusik ganz passabel ist.



Pünktlich zur Moderation wandert mein Finger wieder auf die Fernbedienung - der WDR zeigt Karneval - schnell weiter. Ich lande bei RTL II - der Münchener Sender zeigt eine Wiederholung des «Frauentauschs»: An sich ein nettes Format - leider schalte aber zur falschen Zeit ein. Der 19-jährige Tauschsohn hat eine Party organisiert - und was für eine. Rund 40 Leute strömen grölend ins Haus - allesamt mit massig Sixpacks (nicht am Bauch, sondern in der Hand) bewaffnet. Als Tauschmutter hätte ich hier spätestens die Segel gestrichen. Nicht so die RTL II-Tauschmama. Sie macht sich erst einmal daran für die komplette Meute ein paar Schnittchen zu bereiten.



Da das Gebrülle der Partyschwachmaten kein Ende nehmen will, muss ich kurzen Prozess mit dem «Frauentausch» machen - und werde enttäuscht. Dieselbe Spezies finde ich bei «Vera» in Sat.1 vor. “Verdammt noch mal - So kommen wir nie auf einen Nenner” heißt die heutige Ausgabe. Und das stimmt: Sat.1, so kommen wir beide wirklich auf keinen Nenner.



Zapp. ProSieben - endlich einmal etwas normales, keine schreienden Leute. Es läuft «O.C., California» - verdammt, auch das ist nichts für mich. Im Herbst habe ich zwar einmal bei ORF 1 mit der ersten Staffel angefangen, aber irgendwann auch wieder aufgehört. Summer trifft am Strand einen TV-Star und ist ganz aus dem Häuschen - kann ja einmal passieren, wenn man auf berühmte Leute trifft. Es ist gleich 10.40 Uhr - 2/3 der Stunde Wahnsinn sind vorüber. Die Serie von Josh Schwartz hat mich ebenso wenig glücklich gemacht wie «Wege zum Glück», das mir nun entgegenflimmert.



Aber ich halte durch und begutachte, wie sich Luisa durch weitere Schwierigkeiten in ihrem Leben kämpft. Etwa zehn Minuten später ziehe ich ein ernüchterndes Fazit: Entweder ist das Programm der 10.00 Uhr-Stunde laut und niveaulos oder ich komme nicht mit, weil ich die Story nicht kenne. Und da soll sich noch einer verwundert zeigen, dass so mancher Hartz IV-Empfänger sämtliche Hoffnungen aufgegeben hat.
05.02.2008 15:45 Uhr Kurz-URL: qmde.de/25163
Manuel Weis

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1 Stunde Wahnsinn

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