Anne Will hat es geschafft: Die Premieren-Ausgabe ihrer neuen Talkshow hat sie hinter sich. Doch wie reagieren die Kritiker des Feuilletons auf den Start?Michael Hanfeld, "Frankfurter Allgemeine Zeitung":"Wir haben zu diesem Zeitpunkt beinahe vergessen, dass dies die erste Sendung von Anne Will ist, ja dass es überhaupt eine Moderatorin gibt. Sie habe die Debatte laufen lassen, wo man sie laufen lassen musste und nachgehakt, wo es nachzuhaken galt, sagt später der mächtige Programmdirektor des Ersten, Günther Struve. Uns ist das etwas anders vorgekommen: Anne Will hat nachgehakt, wo es schon keine Punkte mehr zu verteilen gab und laufen lassen hat sie die beiden Rumpelstilzchen zu ihre Linken und Rechten um einiges zu lange. Und noch ein Eindruck stellt sich ein: Wir sind plötzlich wieder mitten in dem Weltuntergangsszenario, das Sabine Christiansen gefühlte neunhundertneunundneunzig Mal beschworen hat. Es fehlt nur der obligatorisch ahnungslos-arrogante Unternehmensberater und der beseelt-wissend in sich hinein lächelnde Friseur (ein solcher wird glücklicherweise auch nicht im Abspann erwähnt) - und wir wären wieder da, wo wir nie wieder hinwollten."
Jochen Krauß, "Focus Online""Anne Will ist ein Lichtblick in der Vielzahl der politischen Talkshows, denn sie hält an ihrem Versprechen fest, die politisch Verantwortlichen mit den unmittelbaren Konsequenzen ihres Handelns zu konfrontieren. Es wird spannend sein zu sehen, ob und wie sie diese Maxime in den kommenden Sendungen beibehalten kann. Dass sich Anne Will einmal verhaspelte und den Bundestag mit dem Bundesrat verwechselte, sei ihr verziehen."
Joachim Huber, "Tagesspiegel""Je länger "Anne Will" (...) dauert, desto mehr verstärkt sich der Eindruck, dass die Moderatorin Einzelinterviews mit den einzelnen Gästen führt. Ein Gespräch, mehr noch: eine harte, punktgenaue wie weiterführende Diskussion will sich nur punktuell einstellen. Entschieden zu kuschelig, die Premiere. Will muss fordernder, herausfordernder werden. Aber das kann etwas werden. (...) Ein paar der 80 Millionen Deutschen werden die Premiere von «Anne Will» verpasst haben. Sie werden fragen, wie es denn so war. Hier die Antwort für den Smalltalk: "Nicht schlecht. Kann man wieder einschalten. Was gibt's heute in der Kantine?""
Reinhard Mohr, "Spiegel Online""Gewiss, Anne Will fragte nach, hakte ein, aber sie vermochte nicht, sich von dem gezeigten Fall zu lösen, Gegenbeispiele und Erfolgsgeschichten zu liefern, den Gesamtzusammenhang herzustellen, verschiedene Aspekte gegeneinander zu schneiden und Widersprüche unter den Diskutanten hervorzulocken. (...) So blieb eine diffuse Einigkeit im Elend, ein vorweg genommener Volkstrauertag. Laues Mitgefühl statt klarer Analyse. Wohlfeile Bekundungen statt politischem Meinungsstreit. (...) Daher unser bescheidener Appell an Schwester Anne: ein bisschen mehr Dampf, Tempo, Leidenschaft und Streit.