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«Abgehört»: 'Nervendes Geclaime bei BigFM gibt es nicht'
Seit Jahren weckt der Morgenhans vornehmlich jüngere Hörer beim Sender BigFM. Schlagzeilen machte die schillernde Radiofigur vor allem durch ein Interview mit Sabrina Setlur. Im Quotenmeter.de-Interview spricht Hans Blomberg Klartext.
Gleich vorneweg: Würden Sie mir eigentlich recht geben, wenn ich behaupte, dass Sie eine der schillerndsten Radiofiguren Deutschlands sind?
Das haben Sie gesagt, ist aber korrekt.
Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
An meinem hoffnungslos hochgekoksten Selbstbewusstsein und meinem neuen Pailletten–Glitzerjackett. Nein, im Ernst: Es liegt - glaube ich - an der Art, wie wir bei big FM Themen angehen. Wir überlegen immer: Welche Herangehensweise läge auf der Hand und machen dann etwas anderes. Ein paar zum Sommer passende Beispiele: Wir testen die Wasserqualität von Schwimmbädern, in dem ich jeweils ein Liter Beckenwasser saufe oder Liegewiesen, in dem ich das Gras trockne und rauche.
Ich muss immer dort sein, wo man's nicht vermutet und immer das machen, was keiner erwartet. Ich bin also eine Art Mischung aus Elton und Stefan Raab, tauche auch schon mal für meine Rubrik "Alle gegen Hans" in einem Klärbecken ab, verkünde, dass ich mein Kaninchen essen werde oder renne von außen Hochhäuser runter - und weil man so was dann inzwischen doch schon von mir erwartet, musste ich mir mal was anderes einfallen lassen und mache jetzt auf Gossenkultur und Erwachsener: Ich bin mit Drag Queen Olivia Jones mit einer Art Best of "Dr. Sommer Lesung" auf Bühnentournee und wähle auch mal nachdenklichere Themen aus: Den Unfalltod des besten Freundes eines Hörers oder das Älterwerden. Dinge, die halt auch mich inzwischen persönlich berühren. Denn so, wie ich mich weiterentwickele, entwickelt sich natürlich auch die Figur des "Morgenhans" weiter - was mich momentan langsam on Air weg vom Kaspar führt, hin zu "Hans Blomberg".
Sie sind für ganz besondere Aktionen bekannt – haben ja auch beim Bundesvision Song Contest vor drei Jahren für Stimmung gesorgt. Gab es für solche Dinge auch einmal wirklich negative Rückmeldungen?
Klar. Im genannten Fall: Als ich mein Ulmer Publikum während der ProSieben-Liveschalte "Arschlöcher" genannt habe, weil die keine Stimmung gemacht haben, hat mein artikuliertes Bauchgefühl zwar dann Stimmung gebracht, aber auch ein Gespräch mit meinem Programmdirektor. Auch mein Auftritt als schwuler Papst beim Stuttgarter Volksfest ist leider nicht folgenlos geblieben und hat mir eine Anzeige beschert. Dabei hatte diese Geschmacklosigkeit sogar ausnahmsweise mal einen ernsten Hintergrund: Ich wollte darauf aufmerksam machen, dass die katholische Kirche Homosexualität immer noch verteufelt, weshalb ich dann meinem schwulen Festzelt-Publikum einfach mal in kirchlicher Kutte den Segen gegeben habe.
2003 versprachen Sie vor einem Interview mit Sabrina Setlur keine Fragen zu ihrer gescheiterten Beziehung zu Boris Becker zu stellen. Anstatt dessen fragten Sie unsinniges Zeug in Zusammenhang mit dem Beruf Bäcker. Erzählen Sie doch einmal allen, die das nicht gehört haben, was dann passierte…
Ich habe Sabrina Setlur nicht versprochen, nicht über Boris Becker zu sprechen. Was ich verspreche, halte ich auch. Es gab allerdings kurz vor dem Interview eine schriftliche Ansage ihres Managers, dass Frau Setlur nicht über Ihre Beziehung zu Boris Becker reden möchte. Da habe ich mich gefragt:
Worüber denn dann? Etwa darüber, dass Frau Setlur beschissene Musik macht?
Ich bin als Moderator und Interviewer auch Mittler zwischen Stars und Hörern. Und wenn ich dann den Stars nicht die Fragen stelle, die meine Hörer hätten, dann habe ich meinen Job verfehlt. Ich habe also einfach aus Protest zwar nicht über die Beziehung zu Boris Becker gesprochen, aber in Anspielung darauf unverfängliche idiotische Fragen gestellt, wie "Was war früher Dein Traumberuf? Meiner war Bäcker!", "Ich schenke meinem Vater zu Weihnachten die Biografie von Boris Becker, was schenkst Du?", "Was ist Deine Lieblingszeitschrift? Meine ist die Bäckerblume". Sie fand mich dann schnell genauso blöd, wie ich sie und dann haben wir uns halt mitten im Interview getrennt bzw. sie ist wutschnaubend raus gerannt und hat damit eine weitere Chance verspielt, Humor zu zeigen. Aber wie heißt es so schön: Wer nicht über sich selber lacht, über den lachen halt andere.
Wie ging es nach der Sendung weiter bzw. können Sie sich Frau Setlur heute nähern, ohne dass sie schreiend wegläuft?
Die Ausstrahlung des Interviews hat auch in anderen Medien weite Kreise gezogen - die BILD hat berichtet, RTL in «Exklusiv», «Punkt 6», «Punkt 9» und «Punkt 12» usw. Trotzdem hat sich Monate später Sabrina Setlurs Agentur wieder bei big FM gemeldet, um ein Interview mit ihr, zu ihrer neuen CD anzubieten. Wir haben aber dankend verzichtet! Wenn ich von jemandem vorgeschrieben kriege, was ich zu fragen habe, dann kann ich auch gleich die Pressemitteilung vorlesen.
Sie haben ja bei Weitem auch einige Nicht-Fürsprecher, wenn ich das vorsichtig formulieren darf. Teilweise wird auch Ihr Privatleben in gewisser Weise gegen Sie verwendet. Stört Sie das oder bekommen Sie davon eher weniger mit?
Es stört mich nicht, wenn darüber berichtet wird, mit wem, oder was ich ins Bett gehe - Hauptsache alle drei sind danach zufrieden. (lacht) Öffentliche Kritik ist auch eine Art von Bestätigung, die ich für mich nutzen kann. Auch dann, wenn sie mit Fäusten artikuliert wird. Als ich 2006 nach einem Auftritt mit den Worten "Dir wollt ich schon immer mal in die Fresse hauen" zusammengeschlagen wurde, galt mein erster Anruf der Bild-Zeitung und nicht der Polizei. Das hat mir immerhin zu den Schlägen auch ne deftige Schlagzeile gebracht - dafür habe ich gerne ne dicke Lippe riskiert! Und auch als sich Fans der Gruppe "Höhner" angegriffen fühlten, weil ich den Song "Viva Colonia" in "Viva Polonium" umgetextet habe, hat mir das in Köln kostenlose PR beschert. Was will man also mehr? Das einzige, was mich vielleicht etwas stört, ist in solchen Fällen das ewige Gemecker von Branchen-Neidern "och nee, schon wieder der Blomberg mit so 'ner blöden Aktion..." Und ich denke mir dann jedes Mal: Wie blöd sind die eigentlich?!
Glauben die wirklich, dass ich so bin, wie ich mich darstelle oder müssten die's nicht besser wissen: dass Klappern nun mal zum Handwerk eines jungen Senders gehört und dahinter kein kranker Geist und viel Alkohol, sondern kreative Köpfe und oftmals harte Arbeit stecken?!
Bevor Sie zu big FM kamen hatten Sie eine eigene Show bei ffn in Hannover. Wieso haben Sie den Sender damals verlassen?
Durch harte Formatierung bestand meine «ffn - Hans Blomberg Show» im Jahr 2002 stündlich aus "sieben Superhits am Stück", einem 30 Sekunden Ramptalk und daraus, einen 90 Sekunden-Beitrag anzumoderieren. Dadurch hatte ich noch nicht mal den Freiraum, meine Mutter zu grüßen. Wenn ich Raucher gewesen wäre, hätte ich die Freizeit in meiner Sendung wenigstens nutzen können, aber im Großen und Ganzen war ich damals mit Anfang 20 durch das damalige ffn Format unterfordert. Da bot sich der Wechsel zum Ex-Hitradio-Antenne Niedersachsen- und nun big FM Chef Kristian Kropp geradezu an. Der damalige ffn-Programmdirektor Rainer M. Cabanis hatte vollstes Verständnis, hat mich beim Wechsel unterstützt und ist auch heute noch für mich ein Mentor. Wir treffen uns immer noch und er hat stets ein offenes Ohr für mich.
Nun sind big FM und ffn zwei grundsätzlich unterschiedliche Dinge. Fiel die Umstellung schwer?
Zu Beginn war es bei big FM ehrlich gestanden eigentlich zunächst mal erschreckend zu merken, aus welchem Paradies ich damals geflüchtet bin.
Budget, Technik, Redaktion und das Image von ffn waren um einiges größer bzw. besser, als Anfangs von big FM. Damals hatte big FM nicht mal 70.000 Hörer pro Durchschnittsstunde. Im Gegensatz zu ffn, wo der Erfolg schon da war, als ich zum Sender kam, musste ich bei big FM zusammen mit dem Team den Sender erst noch groß machen. Und mit aktuell 243.000 Hörern pro Durchschnittsstunde und täglich 1,60 Millionen Zuhörern ist uns das sicherlich inzwischen gelungen, aber sind wir noch lange nicht am Ende!
Seit fünf Jahren sind Sie nun bei big FM Morning-Show-Moderator. Was ist Ihr Rezept für gute Laune am Morgen?
Erstens: Spaß an meinem Beruf haben und zweitens: Für Geld wirklich alles tun. Bislang überwiegt Antwort 1, aber das Geld nehm' ich trotzdem!
Wie würden Sie big FM selbst bewerten, rein qualitätsmäßig?
Ich finde, big FM ist einer der mutigsten und innovativsten Radiosender in Deutschland. Kein Vergleich zu den ganzen Hitradios, bei denen man für 49 Cent pro Anruf das geheimnisvolle Geräusch erkennen muss, das der Morgenmoderator beim Furzen macht. Natürlich darf man uns qualitativ auch nicht mit NDR 2 oder SWR 3 vergleichen, die eine Unterhaltungs- und Nachrichtenredaktion haben, die zahlenmäßig so groß ist, wie unser weitester Hörerkreis. Unsere Hörer hören uns wegen der guten Musik und der überraschenden Aktionen. Außerdem haben wir in der Morningshow pro Stunde etwa 15 Hörer auf Sendung, nach jedem Song wird gebreakt, ohne das der Chef ein Zeitlimit setzt. Nachts haben wir sogar zwei Stunden reinen Livetalk mit Hörern. Die Einbindung der Community ist also sehr umfangreich, so dass die Qualität der Anrufer maßgeblich auch für die Qualität der Sendungen mitverantwortlich ist. Klar kommen dadurch auch mal ein paar Flachpfeifen auf die Antenne, bei denen ich auch denke: "wo kann man die Vorspulen". Aber alles in allem hat ja jeder Sender die Hörer, die er verdient und die sind bei uns zu 99 Prozent klasse!
Es gibt aber durchaus Kritiker, die ständiges Geclaime und den recht niedrigen Info-Anteil anprangern…
Nervendes Geclaime bei big FM gibt es nicht. Seit 2003 verzichten wir in der Livemoderation sogar auf den Claim und müssen nur noch den Sendernamen nennen. Gelegentlich gibt es wechselnde Formulierungen, auf die der Moderator zurückgreifen kann, um die Musik besser zu verkaufen. Aber bei big FM einen niedrigen Informationsanteil anzuprangern ist genau so, als wenn man dem Deutschlandradio vorwirft, sie hätten zu wenig Crazyphones oder der Musiksender MTV zeige zu wenig Tiersendungen. bigFM ist und bleibt ein Unterhaltungsradio mit ungewöhnlich hohem Wortanteil und den beiden Schwerpunkten Musik und Community. Kein anderer Sender lässt durch Mails, Foren, SMS, Telefon oder Umfragen so viele Hörer zu Wort kommen, wie big FM.
Allerdings arbeiten wir auch an unserem Newsbereich und werden ihn bald qualitativ noch besser und interaktiver gestalten.
Betrachtet man die Musik bei big FM, dann fällt auf, dass ein großer Anteil momentan aus dem Bereich Hip/Hop und RNB kommt. Rock hingegen findet man selten. Wollen das Ihre Hörer derzeit nicht im Programm haben?
Musik ist ehrlich gesagt nicht meine Baustelle. Ich selber wünsche mir schon mehr billige 90er-Euro-Dance-Musik im Programm oder sogar mal Schlager. Aber das Ziel von big FM ist es ja nicht, mich glücklich zu machen, sondern möglichst viele Menschen zu erreichen. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass unser Musikchef Patrick Morgan da seit Jahren einen guten Job macht. Ich würde es sicherlich anders machen... aber ob big FM dann noch jemand einschalten würde?!
Im Herbst vergangenen Jahres fiel Ihr Sender aber durchaus unangenehm auf. Ihre Co-Moderatorin, Carmen Burger, hat den Sender verlassen. Sie haben dann in den folgenden Tagen etwas unfein nach getreten. Warum?
Ich weiß nicht, welchen Sender Sie damals gehört haben. Aber bestimmt nicht big FM. Wir haben sogar öffentlich um Carmen getrauert und die Aktion "Carmen soll bleiben!" gestartet. Leider hat sich Carmen nicht mehr gemeldet. Aber so ist das im Showbusiness. Alles ist vergänglich. Schön ist, dass wir mit Jule und Kemal an meiner Seite in der aktuellen MA deutlich gewachsen sind. 10 Prozent mehr Hörer sprechen für sich.
Haben Sie sich mit Frau Burger, die inzwischen sehr erfolgreich bei Antenne Bayern moderiert, einmal ausgesprochen?
Carmen hat mir ausrichten lassen, dass sie keinen Kontakt wünscht. Meine Handynummer hat sie. Ihre hat sie leider gewechselt.
Sie schreiben gerade ein Buch. Worum geht es dort?
Das Buch ist zum großen Teil fertig. Darin geht es um das Phänomen der Internetkontaktbörsen an einem besonders krassen Beispiel. Ich habe hunderte User interviewt und durch einen Selbsttest herausgefunden, in welcher Stadt es am leichtesten ist, spontanen Sex zu bekommen, in welcher Region Deutschlands man am freundlichsten als Neuzugang empfangen wird und welches die größten Unterschiede zwischen Online-Profilen und der Realität sind. Ein Schwerpunkt liegt auf "Gayromeo", dem sprichwörtlich "schwulen Einwohnermeldeamt Deutschlands", wo ich interessante Zirkel wie die "Achselhaare-Liebhaber", die "Bitte nicht vorm Date duschen" und viele weitere kuriose Fetischründchen beleuchte. Es kann aber noch etwas dauern, bis es endgültig fertig ist, denn ich arbeite parallel auch noch an einem eigenen Stand Up-Programm.
Vielen Dank für das Gespräch!
Danke für die Fragen.
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• Hans Blomberg
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